Was in Ländern wie Japan und Südkorea bereits gängige Praxis ist, könnte nun auch in Europa bald Fuß fassen: das Anrecht von Frauen auf einen sogenannten Menstruationsurlaub. In Spanien liegt derzeit ein Gesetzesentwurf vor, der Frauen, die unter starken Regelschmerzen leiden, das Recht einräumen soll, bis zu drei Tage pro Monat von der Arbeit fernzubleiben. Dieser Vorstoß blieb nicht unumstritten unter Politikerinnen und Politikern, obwohl die Zahlen der Spanischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe deutlich zeigen, dass rund ein Drittel der Frauen während der Menstruation unter starken Schmerzen leidet – darunter Unterleibskrämpfe und Kopfschmerzen. Das Parlament entscheidet in den kommenden Tagen über den Ausgang der Abstimmung. Spanien könnte eine Vorreiterrolle einnehmen.
Menstruationsfrei wäre in Deutschland möglich
Doch wie wahrscheinlich ist es, dass Deutschland im Falle eines Falles nachziehen würde? Die Arbeitsrechtlerin Gizem Erdogan von der Kanzlei Bird & Bird hat die Rechtslage für t3n eingeschätzt und kommt zu dem Ergebnis, dass „ein solches Gesetz in Deutschland durchaus möglich und rechtlich nicht ausgeschlossen wäre.“ Für den Menstruationsurlaub spräche, dass dadurch grundsätzlich etwaige Nachteile, insbesondere der körperlichen Beeinträchtigungen aufgrund biologischer Unterschiede, zwischen Männern und Frauen ausgeglichen werden könnten. Zwar würden immer wieder auch kritische Argumente in Bezug auf die Diskriminierung des männlichen Geschlechts angebracht, allerdings hält sie diese juristisch betrachtet für nicht zulässig und begründet das anhand vergleichbarer Situationen.
„Männer könnten sich zwar diskriminiert fühlen, indem Frauen die Möglichkeit von zusätzlichen bezahlten Fehltagen eingeräumt wird“, so Gizem Erdogan . „Im Ergebnis wird eine Diskriminierung von Männern wohl jedoch schon allein daran scheitern, dass es bereits an einer Vergleichbarkeit fehlt. Ähnlich wie beim Mutterschutz im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft können sich Männer aufgrund biologischer Unterschiede nicht auf entsprechende Nachteilsausgleiche berufen, da solche Nachteile eben nicht bestehen.“ Zudem werden Frauen auch nicht etwa per se bevorzugt – sondern nur diejenigen, die tatsächlich an Menstruationsbeschwerden leiden. Studien zufolge, seien 30 bis 50 Prozent im gebärfähigen Alter betroffen. Bei einer von zehn Frauen seien die Beschwerden so stark, dass sie ihren Alltag nicht mehr bewältigen können.
Gegen so ein Gesetz spräche im Prinzip lediglich der Status quo, erklärt die Juristin mit Blick auf Krankheitsmeldungen. Das deutsche Arbeitsrecht schütze Arbeitnehmerinnen bereits und sichere ihnen auch entsprechende finanzielle Ansprüche im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber beziehungsweise der jeweiligen Krankenversicherung zu, erklärt Gizem Erdogan. „Im Krankheitsfall, wie bei erheblichen menstruationsbedingten Beschwerden, steht den Arbeitnehmerinnen bereits ab dem ersten Fehltag ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber zu.“ In diesem Zusammenhang würde sich grob betrachtet also nicht allzu viel verändern, was auch in Deutschland ein etwaiges Abstimmungsverhalten im Parlament gegen das Recht auf den Menstruationsurlaub nachhaltig beeinflussen könnte.
Menstruationsbeschwerden: Warum nicht einfach krank melden?
Dass eine Krankmeldung bei genauerer Betrachtung jedoch nicht mit einem Urlaubsanspruch gleichzusetzen ist, stellt Gizem Erdogan klar: „Besonders für Arbeitnehmerinnen, die regelmäßig an erheblichen Menstruationsbeschwerden leiden, könnte aufgrund häufiger Krankmeldungen nach aktueller Rechtslage eine krankheitsbedingte Kündigung drohen.“ Laut Rechtsprechung stellen Fehlzeiten aufgrund häufiger Kurzerkrankungen tatsächlich einen Kündigungsgrund dar. Das gilt in der Regel bei Fehltagen von mehr als sechs Wochen pro Jahr über einen Zeitraum von drei Jahren verteilt. Daher könne ein entsprechendes Gesetz, das den Menstruationsurlaub von etwaigen zu berücksichtigenden krankheitsbedingten Fehlzeiten ausnimmt, einen großen Vorteil für Betroffene darstellen, so die Expertin im t3n-Gespräch.
Kulturelle Ansichten können zu Problemen führen
Juristisch betrachtet wäre ein Menstruationsurlaub möglich und würde für Frauen rein rechtlich auch deutliche Vorteile mit sich bringen. Allerdings gibt die Juristin auch zu verstehen, dass kulturell geprägte Reaktionen aus der Arbeitswelt zu Problemen in der praktischen Umsetzung führen können. „Die Einführung eines Menstruationsurlaubs könnte je nach Ausgestaltung eine Benachteiligung von weiblichen Bewerberinnen bereits bei der Einstellung zur Folge haben“, erklärt Gizem Erdogan und argumentiert unter anderem auch entlang der größeren Einschränkungen bei Kündigungen. „Zwar würde dies wiederum eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstellen. Dennoch könnte dies wohl nicht in allen Fällen immer nachgewiesen werden“, erklärt die Juristin von Bird & Bird gegenüber t3n. Es bräuchte klare Beweise.
Außerdem verweist sie darauf, dass Menstruationsschmerzen für viele Frauen eine zutiefst intime Angelegenheit sind. Im Falle einer Krankheit sei die Arbeitnehmerin grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Arbeitgebenden die Ursache ihrer Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen. Ein Menstruationsurlaub hingegen stellt einen Paradigmenwechsel dar. Arbeitnehmerinnen müssten dem Arbeitgebenden, beispielsweise dem männlichen Vorgesetzten, die menstruationsbedingten Beschwerden offenlegen, um Ansprüche geltend zu machen. „Daher bleibt zweifelhaft, ob und inwieweit Frauen einen Menstruationsurlaub überhaupt wahrnehmen“, so Gizem Erdogan. Was rechtlich geht, ist also das eine. Was die Gesellschaft daraus macht, das andere. Immerhin: Allein schon der Diskurs schafft Bewusstsein!
Calvin Klein macht Werbung mit einem schwangeren Mann! Somit sollte auch Männer dieses Recht eingeräumt werden. Wen interessieren heute noch biologische Unterschiede.
Aus dem Beitrag:
Im Ergebnis wird eine Diskriminierung von Männern wohl jedoch schon allein daran scheitern, dass es bereits an einer Vergleichbarkeit fehlt. Ähnlich wie beim Mutterschutz im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft können sich Männer aufgrund biologischer Unterschiede nicht auf entsprechende Nachteilsausgleiche berufen, da solche Nachteile eben nicht bestehen.“ Zudem werden Frauen auch nicht etwa per se bevorzugt – sondern nur diejenigen, die tatsächlich an Menstruationsbeschwerden leiden.
Sorry aber Menstruationsurlaub spricht gegen die Gleichberechtigung. Kein Geschlecht darf bevorteilt oder benachteiligt werden. Das gilt nicht nur in eine Richtung!