
Merck-Chef Rob Davis ist hochzufrieden. In der bisher laufenden Phase-3-Studie des Medikaments Molnupiravir, einer Art Tamiflu gegen Covid-19, konnte nachgewiesen werden, dass die kleine Pille für deutlich weniger Krankenhausaufenthalte und tödliche Verläufe sorgen kann.
Merck bricht Studie ab, beantragt Notfallzulassung
Die Zwischenergebnisse der laufenden Studie seien so überzeugend, dass Merck entschieden habe, die Studie zu stoppen und schnellstmöglich eine Notfallzulassung für das oral zu verabreichende Medikament bei der US-Zulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) zu beantragen.
„Wir könnten von den Ergebnissen nicht begeisterter sein“, sagte Davis laut Bloomberg. „Man muss weder ins Krankenhaus gehen, noch ein Zentrum aufsuchen, um sich etwas spritzen zu lassen. Es ist eine Pille, die man zu Hause einnehmen kann.“
Ursprünglich hatte die laufende Studie noch bis in den November hinein laufen sollen. Die Entscheidung, sie aufgrund guter Ergebnisse bereits jetzt zu stoppen, habe Merck auf Empfehlung eines unabhängigen Ausschusses und in Zusammenarbeit mit der FDA getroffen, so Davis.
Kleine Pille für zu Hause soll Last vom Gesundheitssystem nehmen
Molnupiravir wird von Merck in Zusammenarbeit mit Ridgeback Biotherapeutics entwickelt. Es soll bei Covid-19-Patienten eingesetzt werden, die seit fünf oder weniger Tagen Symptome haben und ein Risiko für eine schwere Infektion aufweisen.
Durch die Darreichungsform und die unkomplizierte Einnahme könnte das Medikament den Werkzeugkoffer des Arztes maßgeblich erweitern und würde eine bislang fehlende und zugleich sehr einfache Therapiemöglichkeit darstellen, die deutlich Last vom Gesundheitssystem nehmen könnte.
Keiner der Studienteilnehmer auf Molnupiravir stirbt, 8 in der Kontrollgruppe
Denn Molnupiravir wirkt gegen alle bisher bekannten Varianten des neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 – auch gegen die als besonders ansteckend geltende Delta-Variante. Das zeigen die Ergebnisse aus einer Analyse der Daten von 775 Patienten, die seit mindestens Anfang August an der klinischen Studie teilgenommen hatten.
Während 14 Prozent der Studienteilnehmer, die ein Placebo erhielten, ins Krankenhaus eingeliefert wurden oder starben, waren es in der Gruppe, die das Medikament erhielt, sieben Prozent. Keiner der Patienten, die Molnupiravir einnahmen, starb. In der Placebogruppe hingegen kam es zu acht Todesfällen. Nach gängiger Lesart hat das Medikament damit eine Risikoreduktion um 50 Prozent geleistet.
Molnupiravir manipuliert Gencode des Virus
Die Entwickler bei Merck gehen davon aus, dass Molnupiravir auch gegen künftige, noch unbekannte Variante des Virus wirken wird. Dieser Optimismus nährt sich daraus, dass die Merk-Pille, anders als alle bisherigen Impfstoffe, nicht auf das Spike-Protein des Virus abzielt. Gerade am Spike-Protein machen sich nach bisheriger Erkenntnis die Unterschiede zwischen den Varianten fest.
Molnupiravir zielt stattdessen auf die virale Polymerase ab, ein Enzym, das das Virus benötigt, um Kopien von sich selbst herzustellen. Der Wirkstoff ist so konzipiert, dass er Fehler in den genetischen Code des Virus einfügt. Damit das in einem ausreichenden Maße gut funktioniert, sei es wichtig, das Medikament so früh wie möglich im Verlauf der Infektion zu verabreichen, erläutert Jay Grobler, Chef der Impfstoffentwicklung bei Merck, gegenüber Reuters.
Erhält Merck die Zulassung, könnten noch bis zum Jahresende zehn Millionen Behandlungseinheiten produziert werden. Die Produktion weit höherer Volumina könnte 2022 erfolgen. Mercks Aktie reagierte am Freitag vorbörslich bereits mit einem Anstieg um vier Prozent.