Nachhaltige Hardware: Wer ist der Treiber hinter dem Refurbished-Trend?

Die Idee kam aus eigenem Antrieb: Peter Windischhofer suchte ein gebrauchtes Smartphone, allerdings fand er kein langfristig zufriedenstellendes Angebot. Das gebrauchte, online erworbene iPhone ging nach drei Monaten kaputt, eine Garantie gab es nicht. Gemeinsam mit seinen Mitgründern wollte Windischhofer das Angebot in diesem Bereich verbessern, 2017 ging Refurbed online – ein Shop für gebrauchte Verbraucherelektronik.
Refurbed: Ehemaliger Kunde wurde selbst aktiv
In dem Fall wurde aus einem ehemaligen Kunden der Unternehmer, der nachhaltige Produkte anbietet. Es war quasi ein Kundendruck, der der Antrieb war. Aber wie sieht es in der Tech-Branche bei Consumer-Produkten und Haushaltsgeräten sonst beim Thema Antrieb zur Nachhaltigkeit aus? Schließlich gibt es etwa den Secondhand-Trend schon seit Jahren.
Beim Traditionsunternehmen Miele sind Kund:innen durchaus ein Treiber für den Wandel zur Nachhaltigkeit: Seit einigen Jahren sei die Nachfrage nach Geräten mit einer hohen Energieeffizienz gestiegen – besonders bei Waschmaschinen, Geschirrspülern und Kühlgeräten. „Waschmaschinen unterhalb des Energy Labels A bieten wir daher nicht mehr an“, sagt Christoph Wendker, Vice President Sustainability and Regulatory Affairs.
Mix aus Verbrauch, Preis und Reparierbarkeit spielt eine Rolle
Der Trend sei schon länger zu erkennen, die gestiegenen Energiepreise durch den russischen Angriffskrieg hätten die Nachfrage weiter angetrieben. Laut einer internen, Mitte 2023 durchgeführten Studie nehme die Bereitschaft, energieeffiziente Haushaltsgeräte zu kaufen, zu.
Bei einer 2022 durch sie durchgeführten repräsentativen Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes stellte sich ebenfalls heraus, dass Verbraucher:innen mehrheitlich Wert auf energiesparende Produkte legen und beim Kauf neuer Elektronikgeräte deren Reparierbarkeit berücksichtigen. Auch die Produktlebensdauer sei bei Neuprodukten für sie wichtig. „Solange Verbraucher:innen nur Informationen über den Preis eines Produktes haben, tendieren sie dazu, sich dennoch für den günstigeren Preis zu entscheiden, in der Hoffnung, dass das Produkt trotzdem lange hält“, so Keo Sasha Rigorth, Referentin Ressourcenschutz im Verbraucherzentrale Bundesverband.
Welche Rolle der Preis spielt, merkt auch Refurbed: Windischhofer zufolge ist der Ansatz mit gebrauchter Technik anfangs sehr erklärungsbedürftig gewesen. Kund:innen hätte man über den günstigeren Preis gewonnen. Dabei sei man aber auch auf alte Klischees gestoßen. „Man hat ja den Menschen 50 Jahre erzählt, dass Reparaturen keinen Sinn machen – das war der Grundtenor in unserer Gesellschaft“, so Windischhofer. Diese „Story“ wolle Refurbed ändern; ihre Mission sei eine Konsumveränderung.
Unternehmen wollen nachhaltig sein – auf mehreren Ebenen
Refurbed ist dabei kein Hersteller, sondern arbeitet mit Unternehmen zusammen, die die gebrauchten Produkte abgeben und aufarbeiten. Die Plattform ist damit vereinfacht gesagt Vermittler zwischen Herstellern, Aufbereitern und Kund:innen. Für die Auswahl der aufbereitenden Unternehmen gibt es Kriterien; Händler, die eine schlechte Qualität liefern, würden niedriger gerankt werden. Diese Bewertung basiert auf Kundenbewertungen. Wann ein Händler der Plattform verwiesen wird, möchte Windischhofer jedoch nicht sagen.
Miele als Hersteller hingegen legt laut eigener Aussage Wert auf Nachhaltigkeit in der gesamten Wertschöpfungskette, das Unternehmen habe insgesamt einen Nachhaltigkeitsansatz. „Es geht also nicht nur um Fragen unmittelbar zum Produkt, sondern auch darum, wie wir unsere Lieferketten überprüfen, wie wir CO2-Emissionen im eigenen Einflussbereich vermeiden – übrigens sowohl an unseren Standorten als auch im Service bei unseren Kundinnen und Kunden“, so Wendker. Das sei etwa der Verbrauchsmonitor in der Miele-App, der Aufschluss über den Verbrauch des eigenen Geräts geben soll.
Bei der Produktion setzt Miele nach eigenen Angaben etwa in China auf PV-Anlagen, weitere seien in Arbeit oder würden an verschiedenen Standorten in Europa geplant. Kritisch zu sehen ist jedoch immer die Transparenz all der seitens Unternehmen genannten Handlungen.
Greenwashing als Gefahr
Generell besteht bei dem Thema Nachhaltigkeit nämlich häufig das Risiko des Greenwashings: Etwas wird zwecks Marketing als nachhaltig gelabelt, beim genauen Hinschauen entspricht es jedoch nicht den Erwartungen. Schon 2022 forderte die Verbraucherzentrale ein Verbot von Werbung mit „Klimaneutralität“.
Dazu kommen die verschiedenen Ebenen des Themas, die auch die Verbraucherzentrale adressiert: Neben der Produktion, den ökologischen Faktoren, betrifft ganzheitliche Nachhaltigkeit auch den sozialen Bereich. Insgesamt werden nachhaltige Bezeichnungen auch gern als Kaufargument mit aufgebracht – bei Unternehmen aus anderen Branche hat das schon für Klagen und den Zwang zur Änderung von Slogans geführt.
In Zukunft würden laut Niklas Meyer-Breitkreutz, Bereichsleiter Nachhaltigkeit und Umwelt beim Bitkom, außerdem Unternehmen ebenfalls größeres Interesse am Kauf gebrauchter Technik haben. Das liege auch an der Corporate Social Responsibility (CSR), die seitens der Gesetzgebung gefordert wird. Nachhaltigere Produkte – zu denen gebrauchte zählen können – lassen sich auch in Nachhaltigkeitsberichten ausweisen.
Weder Kund:innen noch Unternehmen sind entscheidende Treiber
Außerdem sei der Trend zu nachhaltigen Produkten auch an anderer Stelle in Unternehmen zu spüren, meint zumindest Windischhofer. Die Nachfrage seitens Unternehmen, die Refurbed als Plattform für eigene, aufbereitete gebrauchte Produkte nutzen wollen, wachse. Der Markt gedeiht also an mehreren Stellen, Unternehmen sehen dabei natürlich neue Absatzmöglichkeiten: Schließlich steigt die Wirtschaftlichkeit auch, wenn ein Produkt mehrmals verkauft werden kann.
„Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Nachhaltigkeit von Technologieprodukten in Zukunft eine größere Rolle spielen wird, da sowohl Verbraucher:innen als auch Unternehmen und Regierungen verstärkt auf Umweltschutz und Ressourcenschonung achten“, so Meyer-Breitkreutz vom Bitkom.
Abschließend lässt sich nicht ausmachen, wer der Treiber ist. Sowohl Kund:innen als auch Unternehmen können den Wandel zur Produktion und Nutzung nachhaltiger Tech-Produkte antreiben. Es kommt dabei auf den Mix von Kosten und Nutzen an: Allerdings wird der Preis, den beide Seiten beeinflussen, dabei immer die dominierende Rolle spielen.