Neobroker in der Umbruchphase: Wie Smartbroker, Trade Republic und Co. attraktiv bleiben
In den letzten Jahren haben Billig-Broker wie Trade Republic, Scalable Capital oder Just Trade mit Kampfpreisen für Aufsehen gesorgt und viele Kund:innen überzeugt, die ihre Depots dort eröffnet haben. Doch ein neues Gesetz könnte dazu führen, dass die Kund:innen in Zukunft mehr bezahlen müssen als bisher. Orientiert haben sich die Neobroker alle am US-Vorbild, dem No-Frills-Broker Robinhood, der seit 2013 in den USA vielen Anleger:innen und Sparer:innen provisionsfreies Trading mit den gängigen Anlageformen verspricht. Millionen Amerikaner:innen konnten so seit Jahren vor allem ETF und Aktien handeln.
In den letzten fünf Jahren haben einige deutsche Bewerber:innen die Szene deutlich bunter (und günstiger) gemacht: Angefangen bei Trade Republic und Scalable Capital über Finanzen.net Zero, Just Trade und Smartboker bis hin zum Newcomer Traders Place. Sie alle erhielten bisher einen Teil der Provisionen von den Börsen oder Handelsplätzen (teilweise handelt sich hier um außerbörslichen Handel) und konnten so den Kund:innen günstigeren Handel anbieten. In vielen Fällen ging das sogar zum vermeintlichen Nulltarif, wie erst kürzlich die Stiftung Warentest urteilte.
Kostenstrukturen vielfach intransparent über Spreads
In der Tat ist es aber nur ein vermeintlicher Nulltarif, denn auch wenn unter dem jeweiligen Handelsvorgang keine explizite Gebühr stand, bezahlten und bezahlen die Kund:innen in vielen Fällen am jeweiligen Handelsplatz höhere Spreads oder haben in anderer Hinsicht nicht die bestmöglichen Konditionen. Diese Spreads sind allerdings, wie selbst die deutsche Finanzaufsicht Bafin erklärte, meist so marginal schlechter, dass sie bei den kleinen Handelsvolumina der Kleinanleger:innen kaum ins Gewicht fallen. Diese werden in vielen Fällen ohnehin nicht den zum jeweiligen Zeitpunkt optimalen Handelsplatz ausmachen können.
Doch worum geht’s da genau? Die Spreads, also Kosten, die sich aus der Differenz zwischen dem tatsächlichen An- und Verkaufskurs ergeben, den eine Börse verlangt, hängen vom Börsenplatz ab. Der Broker erhält für jeden Handelsvorgang eine Rückvergütung vom Handelsplatzbetreiber, worauf Broker korrekt hinweisen (und auch die Bafin hinweisen muss). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Spread zu Zeiten, in denen viele Börsenplätze geöffnet sind, besonders gering und damit für Anleger:innen vorteilhaft ist.
Trade Republic etwa verweist darauf, dass die Spreads während der Handelszeiten an die Xetra-Spreads gebunden sind. Lediglich wenn Kund:innen außerhalb der offiziellen Handelszeiten dort (nach 22 Uhr und vor 8 Uhr) handeln, könnten sie einen abweichenden Spread haben. Das Spread-Thema ist ohnehin eines, das umso mehr ins Gewicht fällt, je exotischer oder kleiner die Aktien sind, um die es geht.
Im Hinblick auf das „Payment for Orderflow“ (PFOF), also das Refinanzieren über den Handelsfluss, zeichnete sich schon länger ein Ende ab. Seit 2024 ist diese Praxis EU-weit verboten. Begeistert sind die Neobroker hiervon erwartungsgemäß nicht, wittern gar eine Bevorzugung der größeren Börsen und einen Lobbyerfolg, wie Christian Hecker von Trade Republic und Erik Podzuweit von Scalable Capital in einer für Konkurrenten erstaunlichen Übereinstimmung erklären. Dennoch wird die Reform kommen – und dazu führen, dass sich die Neobroker in Zukunft um andere Finanzierungsquellen bemühen müssen.
Auch wenn Deutschland hierfür noch eine Ausnahmeregelung hat, die zur Jahresmitte 2026 ausläuft, läuft die Zeit. Ob die Neobroker wirklich nicht an der Gebührenschraube drehen werden, wie etwa Scalable Capital und Trade Republic, die beiden größten der Branche, zumindest im Hinblick auf die ETF-Sparpläne erklären, bleibt abzuwarten. Dafür spricht, dass der Digitalisierungsvorteil und die im Vergleich zu herkömmlichen Banken schlankeren IT-Strukturen einen enormen Effizienzgewinn gegenüber vielen Mitbewerbern bietet. Zudem sorgte die riesige Zahl an Trades unterm Strich für gute Gewinne und hohes Wachstum, auch wenn pro Trade eher wenig hängen blieb. Verzichten müssen Kund:innen im Hinblick auf die Features dabei auf wenig. Denn waren die Neobroker zunächst vor allem App-orientiert, bieten sie inzwischen alle auch eine Desktop-Lösung und weitere Frontends und API-Anbindungen.
Auswege für Neobroker: Zwischen Abomodell und Allfinanz
Allerdings haben die Neobroker ihre Kund:innen vor allem über die Gebührenstrukturen gewonnen –und insofern besonders preissensible Kundschaft. Eine Alternative könnte in Abomodellen liegen, die entweder auf monatlicher oder jährlicher Basis bessere Zinskonditionen bieten (Scalable Capital macht das ja beim Tagesgeld, das es zu Bestkonditionen nur mit Prime+ gibt, seit Monaten erfolgreich vor) oder den Kund:innen als Handelsgebühren-Flatrate dienen. Auch weiterreichende Community-Services und Handels-Insights könnten hier zukünftig ein Incentive sein. Spricht man mit Unternehmen aus der Bankenwelt, wird schnell klar, dass diese Form des Upsellings als besonders attraktiv gilt, da es den Banken (ähnlich wie früher die Depotbestandsgebühren) regelmäßige Einnahmen beschert.
Denkbar ist in Zukunft aber auch, dass es Unterschiede zwischen den No-Frills- und den Abokunden beim Support geben wird. Denn viele der Neobroker bieten Support bevorzugt per E-Mail oder bestenfalls per Chat an. Das ist, solange es keine Komplikationen gibt, durchaus ausreichend. Doch sobald, wie etwa bei Dividendenzahlungen im Falle von Trade Republic größere Probleme auftreten, kann eine Telefon-Hotline durchaus hilfreich sein.
Eine andere Erlösquelle, die schon in der klassischen Bankenwelt Purist:innen Kopfzerbrechen bereitet, sind dagegen externe Erlöse, etwa durch das Vermitteln von externen Geldanlage- und Versicherungsprodukten. Auch Umsätze im E-Commerce über Affiliate-Lösungen zu vergüten, ist ein Modell, das zugegebenermaßen gerade bei den oft jüngeren, digitalaffinen Zielgruppen der Neobroker auf weniger Kritik stößt als bei konservativen Bankkund:innen.
Denkbar ist zuletzt, dass die Neobroker auch sonstige Kontolösungen wie ein Cashkonto für Fest- und Tagesgeld anbieten und so versuchen, das gesamte finanzielle Handeln des Kunden oder der Kundin zu verstehen und zu betreuen. Umgekehrt zäumen Neobanken wie die N26 bekanntermaßen das Pferd von der anderen Seite auf und erschließen vom Girokonto her das Geldanlagewesen. Egal ob Smartbroker+, Trade Republic oder Scalable Capital, die jetzt zwischen 2,6 und 3,25 Prozent Zinsen bieten, sie alle haben eines verstanden: Es lohnt sich, auch das nicht angelegte Geld der Kund:innen im eigenen Haus zu verzinsen, um den Kund:innen entsprechende Geldanlageangebote unterbreiten zu können.
Neobroker: Warum der Befreiungsschlag gelingen könnte
Das Verbot der PFOF stellt Neobroker also in jedem Fall vor Herausforderungen, eröffnet aber auch die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln und durch innovative Modelle eine nachhaltigere und transparentere Finanzierungsstruktur zu schaffen. Warm anziehen müssen sich, so scheint es aktuell, weniger die Neobroker als vielmehr die klassischen Direktbanken wie Consorsbank und Comdirect, Ing und Maxblue. Denn deren über die Jahre gepflegtes Alleinstellungsmerkmal, für autonom agierende Anleger:innen einen ähnlichen Angebotsumfang wie die Filialbanken zu haben, wird immer weiter abnehmen.
Hinzu kommt, dass die eingeschränkte Auswahl an Handelsplätzen und Standardprodukten es gerade für viele private Anleger, die ein paar ETF und Aktien besparen wollen, es eher leichter macht, sich zu entscheiden. Ob diese jetzt beispielsweise 1.800 oder 2.500 ETF bereitstellen, ist für die meisten eher zweitrangig.
Übrigens: Die genannten Billig-Broker unterliegen entweder selbst und direkt oder über die kooperierende Bank dem Einlagensicherungsfonds der deutschen Banken. Die investierten Aktien und Fonds fallen ohnehin unter das Sondervermögen und sind somit bei Problemen der Bank nicht gefährdet, die Bareinlagen, also das Geld, das auf deinem Depotkonto zum Investieren liegt, ist (mindestens) bis 100.000 Euro pro Kunde ebenfalls abgesichert.