New Management: Das Organigramm der Zukunft ist lebendig – in 4 Schritten
Organigramme – wir alle kennen sie, (fast) niemand liebt sie. Diese Kästchen und Linien oder auch mal ineinander verschachtelte Kreise sind häufig unsere erste Anlaufstelle, wenn wir verstehen wollen, wie eine Organisation tickt. Schnell folgt die Ernüchterung: Die dargestellten Informationen spiegeln bestenfalls oberflächlich die Positionen und Titel von Mitarbeitenden wider.
Das klassische Organigramm kommt an seine Grenzen
Nicht selten sind die Organigramme in unserer Organisation so veraltet, dass Ansprechpersonen mittlerweile eine ganz andere Position bekleiden oder das Unternehmen zwischenzeitlich sogar schon wieder verlassen haben.
Wenn wir Hilfe bei einer Fachfrage benötigen, können wir dem Organigramm mit Glück entnehmen, welche Abteilung sich grundsätzlich mit einem Themenbereich beschäftigt. Der Weg zur passenden Ansprechperson jedoch führt durch unendliche Telefon-, Slack-/Teams-Schleifen mit verschiedenen Personen. Einer McKinsey-Studie zufolge verlieren wir jede Woche 20 Prozent unserer Arbeitszeit mit vermeidbaren Suchen nach Informationen und Personen innerhalb unserer Organisation.
In zunehmend dynamischer werdenden Märkten arbeiten wir nicht erst seit Corona vermehrt projektbasiert und in standortübergreifenden, crossfunktionalen Teams. Eine Komplexität, die das klassische Organigramm nicht abbilden kann.
Gleichzeitig brauchen wir gerade wegen dieser dezentralen Zusammenarbeit mehr denn je eine transparente Übersicht über unser Umfeld in der Organisation. Denn wenn eine Hand nicht mehr weiß, was die andere macht, werden Arbeiten doppelt oder gar nicht erledigt. Die Effizienz der gesamten Organisation leidet. Ein Problem, das sich eigentlich keine Organisation mehr leisten kann.
Was ist das lebendige Organigramm?
Die Aufgabe eines Organigramms, den Aufbau und die Arbeitsweise einer Organisation übersichtlich darzustellen, ist also so aktuell wie eh und je. Es braucht jedoch eine neue Darstellungsform, um unserer neuen Arbeitswelt gerecht zu werden. Diese Aufgabe übernimmt das lebendige Organigramm.
Ein lebendiges Organigramm stellt die Strukturen und Arbeitsweisen einer Organisation anschaulich und realistisch dar. Es zeigt Abteilungs-, Team- und Projektkonstellationen sowie die unterschiedlichen Rollen und Verantwortlichkeiten der einzelnen Mitarbeitenden im Unternehmen. Ergänzend verknüpft es die Arbeitsweisen, genutzte Technologien, Tools und Ressourcen der einzelnen Organisationseinheiten.
Um unterschiedliche Detailtiefen und Informationsinteressen gleichzeitig darzustellen, wird es digital erstellt und in Echtzeit gepflegt. Für eine möglichst hohe Informationstiefe sollte es kollaborativ erstellt und abgelegt werden und ist damit ortsunabhängig verfügbar.
Durch die detaillierteren und vernetzten Informationen ermöglicht das lebendige Organigramm seinen Anwender:innen bessere Entscheidungen, weil alle relevanten Fakten auf dem Tisch liegen. Gleichzeitig gelingt es so, Synergien zu nutzen und die eigene Arbeit effizient zu gestalten. Nicht zuletzt liegt in der Sichtbarkeit von Mitarbeitenden mit all ihren Stärken und Fähigkeiten und im Gesehenwerden eine große Portion Wertschätzung.
Das lebendige Organigramm braucht psychologische Sicherheit
Das lebendige Organigramm baut auf Transparenz und siloübergreifenden Austausch von Wissen und Informationen auf. Das erfordert Vertrauen der einzelnen Akteur:innen, oder um es mit Googles Aristoteles-Projekt zu sagen: Psychologische Sicherheit ist ein zentraler Erfolgsfaktor für das lebendige Organigramm.
Damit dem lebendigen Organigramm nicht das gleiche Schicksal widerfährt wie jedem klassischen Organigramm, sollte es außerdem leicht zu bedienen und zu pflegen sein und es braucht Verantwortliche, die für seine Pflege zuständig sind.
4 Schritte zum lebendigen Organigramm
Die gute Nachricht: Alle Informationen, die du für dein lebendiges Organigramm brauchst, sind bereits in der Organisation vorhanden. Ziel des lebendigen Organigramms ist es, sie so aufzubereiten und zu vernetzen, dass sie sinnvoll zur Weiterentwicklung der Organisation beitragen – im Sinne einer lernenden, vernetzten Organisation. Dafür gilt es, diese Informationen zusammenzutragen und aufzumalen in einem digitalen Tool, das universell verfügbar ist.
1. Organisations- und Projektstruktur visualisieren
Im ersten Schritt geht es darum, die Organisations- und Projektstrukturen sichtbar zu machen. Hier kann das aktuelle Organigramm eine Orientierung geben und als Grundlage für den formalen Aufbau dienen. Den gilt es nun im Austausch mit Abteilungs-, Team- und Projektverantwortlichen der Organisation um diese verschalteten Strukturen zu ergänzen. Auch Gremien wie ein nicht hauptamtlicher Betriebsrat oder die „Taskforce papierfreies Büro“ gehören in diese Ebene des lebendigen Organigramms.
Damit die neue Übersicht auch übersichtlich bleibt, empfiehlt sich eine Gliederung auf unterschiedlichen Detailebenen. Für jede Ebene gilt als Faustregel, dass ein Projekt immer dann aufgenommen wird, wenn es mehrere Einheiten dieser Ebene über einen längeren Zeitraum betrifft. Zum Beispiel gehört das abteilungsinterne Projekt „Planung des nächsten Teamabends“ auf die Ebene dieses Teams, während die Beteiligung am Planungskomitee für die Firmenweihnachtsfeier die gesamte Organisation betrifft.
2. Rollen und Verantwortlichkeiten definieren
Im zweiten Schritt geht es darum, innerhalb dieser Strukturen die einzelnen Rollen und Verantwortlichkeiten zu definieren, die notwendig sind, um die Abteilungs- oder Projektziele zu erreichen. Aus der Position, die auf unserer Visitenkarte und in unserer E‑Mail-Signatur steht, ergeben sich zahlreiche weitere Rollen und Verantwortlichkeiten, die wir innerhalb der Organisation übernehmen. Sie alle kosten Zeit.
Wenn wir uns also manchmal fragen, wo schon wieder der Tag geblieben ist, liegt die Antwort häufig in den diversen zusätzlichen Verantwortlichkeiten und Aufgaben, die wir innerhalb unserer Organisation übernehmen.
Ausgehend von der Position finden wir im Gespräch heraus, welche konkreten Anforderungen an die unterschiedlichen Rollen bestehen. Diese Anforderungen sammeln wir in detaillierten Rollenprofilen. Hier lohnt es sich, kritisch zu hinterfragen, welche Fähigkeiten diese Rolle unbedingt braucht und welche vielleicht doch nur nice to have sind oder zumindest nicht von Anfang an gegeben sein müssen.
3. Personen und Persönlichkeiten kennenlernen
Das Herz jeder Organisation sind die Menschen, die in ihr arbeiten. Sie nehmen wir im dritten Schritt in den Fokus. Dabei interessieren uns nicht nur Namen, Position und Kontaktinformationen. In diesem Schritt geht es darum, den Menschen als Ganzes zu sehen. Welche Fähigkeiten, Erfahrungen, Wissen und Kompetenzen bringt diese Person mit? Was interessiert und begeistert diese Person beruflich und auch privat?
Basis für diese Sammlung können der Lebenslauf und Zertifikate aus der Personalakte, eine möglicherweise vorhandene Skill-Dokumentation und die Weiterbildungshistorie von Mitarbeitenden sein.
Nimm dir auf dieser Basis Zeit, als Führungskraft einzelne Gespräche mit deinem Team zu führen, um weitere wichtige Informationen zu erheben. Gerade in diesem Schritt kommt der Unternehmens- und Teamkultur und der wahrgenommenen psychologischen Sicherheit eine entscheidende Rolle zu.
4. Tools und Ressourcen zuordnen
Im letzten Schritt geht es noch einmal konkret um die Aufgabe von Organigrammen, die Arbeitsweisen innerhalb der Organisation sichtbar zu machen. Schaffe eine echte Übersicht für Mitarbeitende und Führungskräfte und insbesondere für neue Kolleg:innen, die sich schnell zurechtfinden wollen.
Ordne dafür die genutzten Tools und Technologien den einzelnen Teams und Abteilungen zu und erfasse Methoden und Prozesse innerhalb der Abteilung, des Teams oder des Projekts strukturiert in deinem lebendigen Organigramm.
Fazit
In einer immer komplexer und dynamischer werdenden Arbeitswelt, in der gleichzeitig der Wunsch nach Effizienz und sinnvoller Zeitgestaltung herrscht, werden Transparenz und eine leichte Übersicht zum Erfolgsfaktor. Das klassische Organigramm kann diese Komplexität und Dynamik nicht darstellen. Es braucht eine neue, dynamische Darstellungsform. Das lebendige Organigramm vereint Dynamik und Detailtiefe und ermöglicht so intelligente und effiziente Entscheidungen auf Basis einer ausführlichen Landkarte des eigenen Unternehmens.