Analyse
Was Nutzer sich von smarten Assistenten wünschen

(Foto: Shutterstock)
Weil die Thematik noch so neu ist, existiert aber auch ein hohes Ausmaß an Unsicherheit gegenüber einer nutzerfreundlichen Gestaltung smarter Assistenten: Welche Merkmale müssen smarte Assistenten eigentlich aufweisen, damit Nutzer und Nutzerinnen sie akzeptieren?
Neben der bereits angesprochenen Fähigkeit, auf menschenähnliche Art zu interagieren, kommt eine Vielzahl weiterer Merkmale infrage. Aus Nutzersicht kann es beispielsweise vorteilhaft sein, wenn ein smarter Assistent seine Entscheidungsfindung nachvollziehbar erklären oder bestimmte Aufgaben sogar autonom ausführen kann. Gerade die Unterstützung bei der Entscheidungsfindung kann ein mögliches Versprechen smarter Assistenten sein. Aktuell existieren aber wenig Anhaltspunkte, wie ein smarter Assistent eigentlich ausgestaltet sein muss.
Um dieser Frage nachzugehen, habe ich in meiner Doktorarbeit eine umfassende empirische Studie durchgeführt. Aus den Ergebnissen lässt sich für die Konzeption smarter Assistenten unter anderem folgendes schließen (die Rangfolge bildet die Wichtigkeit der Merkmale ab):
Der smarte Assistent …
- soll über keine Autonomie verfügen (kein eigenständiges Handeln)
- soll über Sprach- und Texteingabe kommunizieren
- soll menschenähnlich interagieren, wobei ein Nutzer immer zwingend erkennen muss, dass er mit einem virtuellen System interagiert
- soll seine Entscheidungsfindung (beispielsweise die vorgeschlagene Produktauswahl) nachvollziehbar erklären können
- soll dem Nutzer einen erkennbaren Zeitgewinn bieten
- soll individualisierbar sein (etwa Weckruf, Stimme)
Stark unterdurchschnittlich wichtig und damit bei der Gestaltung smarter Assistenten weniger zu priorisieren sind hingegen diese vier Merkmale:
- über eine visuelle Erscheinungsform zu verfügen (wie einen Avatar oder eine fiktive Person (beispielsweise bei Daimler mit der KI „Sarah“))
- die Abrufbarkeit eines smarten Assistenten über möglichst viele Endgeräte (bevorzugt wird vielmehr, dass ein smarter Assistent nur über ein paar wenige Geräte abgerufen werden kann)
- Empathiefähigkeit (wobei ein smarter Assistent nicht vollkommen darauf verzichten sollte, Empathie zu suggerieren)
- die Möglichkeit des smarten Assistenten, die Entscheidungsfindung des Nutzers durch gezielte Informationsbereitstellung zu unterstützen
Auffällig bei den Ergebnissen der Studie ist auch Folgendes: Für Nutzer ist es bislang nicht wichtig, dass sie ein smarter Assistent in ihrer Entscheidungsfindung unterstützen kann. Dass Informationen passgenau zur Unterstützung der Entscheidungsfindung bereitgestellt werden, ist also kein relevantes Merkmal eines smarten Assistenten. In Anbetracht der aktuellen technologischen Entwicklungen überrascht diese Erkenntnis: So gehen die Entwicklungen scheinbar dahin, dass die Informationssuche über smarte Assistenten die mobile Suche verdrängen wird. Nicht umsonst wird mitunter schon von einer „akustischen Revolution“ gesprochen. Die Prognose, dass schon bald die Mehrheit an Internetnutzern über smarte Assistenten Informationen sucht, ist daher mit Vorsicht zu genießen.
Die Abneigung der Informationssuche über smarte Assistenten kann möglicherweise auf Folgendes zurückgeführt werden: Über die Interaktion mit einem smarten Assistenten besteht nicht die Möglichkeit, eine Informationsvielfalt wie beispielsweise bei der mobilen Google-Suche zu erhalten. Das liegt unter anderem am Interaktionsmodus. Über die reine Sprachkommunikation kann dem Nutzer schon aus zeitlichen Gründen nur eine beschränkte Anzahl an Informationen mitgeteilt werden. Grundsätzlich ist aber auch zu beachten, dass die Unterstützung der menschlichen Entscheidungsfindung durch smarte Assistenten noch in den Kinderschuhen steckt. Erst die Zukunft wird daher zeigen, ob das von Steve Jobs geprägte Zitat über den Computer, den er als „Fahrrad fürs Gehirn“ bezeichnet, auch auf smarte Assistenten zutreffen wird. Noch, so scheint es jedenfalls, wird das Denken daher nicht an einen smarten Assistenten ausgelagert.
Ob smarte Assistenten in Zukunft zu einem wie von Negroponte beschriebenen englischen Butler werden, ist auch aufgrund technischer Einschränkungen fraglich: So braucht es für einen smarten Assistenten vor allem weitaus ausgereiftere künstliche Intelligenz – was allerdings noch in weiter Ferne ist. Hier ist noch viel Grundlagenarbeit nötig, damit sich künstliche Intelligenz das Prädikat „intelligent“ wirklich verdient. Ein Google-Algorithmus mag zwar den besten Go-Spieler der Welt besiegen, versagt dann aber an für den Menschen einfachen Aufgaben. Da die Entwicklung smarter Assistenten eng mit der Entwicklung künstlicher Intelligenz verwoben ist, bleibt es ungewiss, wann ein smarter Assistent zu einem vollwertigen „Freund und Helfer“ wird.
Sollte dies in Zukunft aber eintreffen, wäre es wohl gerade wünschenswert, dass smarte Assistenten die Form eines englischen Butlers annehmen. Denn der zeichnet sich im besonderen Maße durch Treue und Aufrichtigkeit aus. Er würde wohl nie private Daten aus kommerziellen Gründen weitergeben. Auch würde er seinem Hausherrn wohl keine Informationen mitteilen, nur weil er hierfür von einem Drittunternehmen bezahlt wurde. Hoffen wir also, dass neben den oben dargestellten Merkmalen auch diese Eigenschaften auf smarte Assistenten zutreffen werden.
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