Entwickler bringt einem Obdachlosen das Programmieren bei – seine erste App ist fast fertig
Journeyman: Marketingstunt oder herzerwärmender Zufall?
Die folgende Geschichte wird in den USA gerade zurecht sehr kontrovers diskutiert. Es lassen sich sicherlich viele Kritikpunkte an dem Experiment des 23-jährigen New Yorker Programmierers Patrick McConlogue finden. Das ganze Projekt könnte eine große, virale Werbekampagne sein oder eine Möglichkeit für McConlogue, um seine Bekanntheit zu steigern. Das ändert aber nichts daran, dass sein Experiment eine inspirierende Geschichte ist, die uns aufzeigt welche Kreativität Technik in Form von Computern und Programmiersprachen freisetzen kann, und welche faszinierenden Dinge daraus entstehen können. Jetzt aber der Reihe nach:
Patrick McConlogue traf jeden morgen einen Obdachlosen
Patrick McConlogue ist ein Software-Entwickler, der in New York lebt und arbeitet. Auf seinem Arbeitsweg begegnete ihm jeden Morgen ein Obdachloser, der seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Im Gegensatz zu vielen von den anderen Obdachlosen wirkte dieser Mann nüchtern und deutlich engagierter und gepflegter. Er sah ihn beispielsweise, wie er Liegestützen machte, um seinen Körper in Form zu halten. Anhand solcher Gesten schloss McConlogue darauf, dass der Obdachlose genau der richtige Kandidat für sein Experiment sei.
In seinem Blog berichtet McConlogue, wie er den Obdachlosen eines Tages vor die Wahl stellte:
- Option 1: Ich komme morgen zurück und gebe dir 100 Dollar in bar.
- Option 2: Ich komme morgen zurück, gebe dir drei JavaScript-Bücher und einen billigen Laptop. Ab dann komme ich jeden Tag eine Stunde früher zur Arbeit zurück und bringe dir Programmieren bei.
Seit vier Wochen täglich JavaScript-Unterricht
Der Obdachlose, der übrigens Leo heißt, entschied sich für die zweite Möglichkeit, und seitdem gibt McConlogue dem Mann tatsächlich jeden Tag eine Stunde Programmierunterricht. Dazu hat er ihm ein gebrauchtes Google Chromebook mit 3G-Konnektivität geschenkt, ein Solar-Ladegerät sowie drei JavaScript-Bücher (in verschiedenen Schwierigkeitsstufen). Das geschah Ende August, und inzwischen sind die beiden seit vier Wochen gemeinsam am Programmieren. Leo interessiert sich sehr für das Thema und steckt viel Initiative in das Projekt. Momentan arbeitet er an einer eigenen App, die sich irgendwie um das Thema Erderwärmung drehen soll. Genauere Details möchte er noch nicht verraten.
Facebook-Fanpage des „Journeyman“ hat inzwischen über 25.000 Fans
Inzwischen wurde die Geschichte dutzendfach von großen US-Medien aufgegriffen. Leo hat unter dem Pseudonym „Journeyman“ inzwischen eine eigene Facebook-Fanpage mit 25.000 Fans und auch eine eigene Homepage, auf der Patrick zukünftig die Kurse bereitstellen will, die er mit Leo jeden Morgen absolviert. Außerdem wird auf der Seite auf die Initiative code.org hingewiesen. Dahinter verbirgt sich ein Zusammenschluss vieler bekannter Firmen und Persönlichkeiten, die dafür sorgen wollen, dass mehr Programmiersprachen in amerikanischen Schulen unterrichtet werden.
Was uninteressanteres ist euch Freitag Abend nicht eingefallen?
Typisch Deutsch, versuch jemand was anderes, wird es versucht, gleich als uninteressant oder schlecht darzustellen.
Da wundern sich viele, warum vieles aus den USA in DE bis heute nicht als Konkurrenz vorhanden ist.
Da muss ich Andre 100% zustimmen ;)
Geniale Aktion! Selbst wenn es ein Marketing-Stunte wäre: Was spricht denn gegen eine Win-Win-Situation? Alle sind glücklich.
Da geht mein Spieleentwickler Herz auf. Würde man in Deutschland NIE NIE NIE erleben. Dafür sind Deutsche Menschen und Spieleentwickler (Spieleentwickler) viel zu geizig und egoistisch.
Ich finde die Aktion großartig.
Ich finde die Idee, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten in dieser Form, grandios. Selbst wenn es nur eine Marketingaktion sein sollte, sollte man m.E. versuchen, etwas daraus zu lernen.
Irgendwie gefällt mir die Geschichte nicht. Vielleicht bräuchte man auch einfach ein Gemeinwesen, das Menschen, die durchs Raster fallen, wieder auffängt. Aber gut, dann könnte natürlich jetzt nicht ein toller Hecht den Fame abgreifen und 25.000 Likes einsammeln… #fail
Tjoa, Amerika. In Deutschland müsste Leo erst mal zur IHK, ein Gewerbe anmelden, dazu passend ein Geschäftskonto eröffnen (was ohne Wohnsitz wohl schwierig wäre), beim Finanzamt ne Steuernummer beantragen und ne Steuervoranmeldung machen, bevor er auch nur irgendwas mit „Gewinnerzielungsabsicht“ veröffentlicht. Als Macher bist Du in D echt gekniffen. Was auch die Antwort darauf ist, warum es bei uns soviele Couch-Potatoes mit Hartz4-Unterstützung gibt.
Mir gefällt die Aufmachung als Experiment nicht.
Mit Menschen sollte nicht auf diese Weise „experimentiert“ werden. Ich denke im universitären Kontext würde es hier Probleme mit der Ethik-Komission geben.
Auf die Wahlmöglichkeit zwischen Geld / Unterricht hätte man verzichten können, und die Sache würde nicht an Wert verlieren. Eher noch gewinnen finde ich…
Ich fand und finde auch immer noch, dass D-Land ein totales Fortschrittsverhinderungsland ist. Menschen in Hartz IV spielen Supermarkt, bekommen blöde Bewerbungstrainings und sinnvolle Weiterbildungen, die ihren bereits erworbenen Qualifikationen entsprechen und ihre Chancen auf ECHTE Beschäftigung auf nicht-prekärem Gehaltsniveau verschaffen könnte, werden abgelehnt. Auf der einen Seite wird Geld rausgeschmissen, und genau am falschen Ende wieder eingespart.
Wir wissen natürlich nicht, welcher Motivation Patrick McConlogue folgt. Und wir wissen auch nicht, ob Leo hinterher einen Job bekommt, der ihn von der Straße runterbringt bzw. wie lange er diesen Job behalten wird, bevor irgendwelche Gewinnmaximierungsoperationen seinen Job wieder knicken. ABER: Den Arsch hochkriegen, nicht jammern, nicht auf andere warten sond Eigeninitiative zeigen – das alles sind Qualitäten, die mir an den Amerikanern sehr gefallen und die man hierzulande nicht (mehr?) häufig anzutreffen scheint. Es gibt hier keinen Unternehmergeist. Wenn einer Geld mitbringt, alles klar. Aber selbst was machen? Siehe nks Kommentar. „Gewinnerzielungsabsicht“ – da langen alle Behörden, Kammern und sonstwas schon zu, noch bevor der erste verdiente Euro jemals gutgebucht wird. Man könnte sogar provoizierend sagen: Gewinnerzielungsabsichten werden gleichmal bestraft. Gute Nacht, #neuland. Vor allem, wenn die Folgen der Krise erstmal richtig durchschlagen….
Ist es nicht egal, ob er es aus Nächstenliebe oder Marketinggründen macht? Es ist das Ergebnis, das zählt. Alleine schon diese Idee dazu zu entwickeln! Wenn man auf der Sonnenseite des Lebens ist dann sollte man auch etwas davon abgeben. Dafür bekommt man ein tolles Gefühl, die Welt ein wenig verbessert zu haben und das macht glücklicher als alles Geld der Welt.
@ nk
Sehe ich genauso.
Finde diese Aktion jedenfalls sinnvoller als teure vom Staat finanzierte Weiterbildungen die von Firmen angeboten werden die nur auf das Geld scharf sind. Aber Hauptsache die Arbeitslosenzahlen können dadurch schön gerechnet werden.
Mit Sicherheit ein interessantes Projekt, aber mit der Anleitung vom Profi und ein wenig Willen ist das ganze doch wirklich von jedermann umsetzbar.
Einerseits ist es ein starkes Marketingprojekt, aber auch mit sozialem Charakter und es zeigt das jeder kann der will :-)