Der Onlinehandel hat durch die Coronakrise ordentlich Rückenwind und einen kräftigen Wachstumsschub erfahren. Insbesondere Waren des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel, Tierbedarf, Medikamente oder Drogerieprodukte werden inzwischen viel öfter im Internet gekauft als noch vor der Pandemie. Das geht aus einer jetzt veröffentlichten Marktstudie des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) hervor.
Laut dem Verband ist der E-Commerce insbesondere im zweiten Quartal wieder zu seinem gewohnten Wachstum zurückgekehrt. Mit einem Plus von 51,2 Prozent im zweiten Quartal und 35,7 Prozent im ersten Halbjahr 2020 sind die Waren des täglichen Bedarfs am stärksten gewachsen. Insgesamt gaben Verbraucher zwischen April und Juni 2020 im Onlinehandel 20,2 Milliarden Euro brutto (gegenüber gleichem Vorjahresquartal 17,3 Milliarden Euro) aus. Für das gesamte erste Halbjahr bedeutet das 36,7 Milliarden Euro – und damit 9,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
Reisen und Events: E-Commerce brach ein
Digitale Dienstleistungen wie elektronische Tickets, Downloads und Hotelbuchungen verzeichnen im zweiten Quartal einen Einbruch um 71,6 Prozent, was aber vor allem mit der in diesem Zeitraum kaum existenten Reisetätigkeit und den ausgefallenen kulturellen Veranstaltungen zu tun haben dürfte.
„Der E-Commerce hat sich im zweiten Quartal nachhaltig als zusätzliche Versorgungs-Infrastruktur etabliert“, fasste BEVH-Hauptgeschäftsführer Christoph Wenk-Fischer deren Ergebnisse zusammen. Insgesamt stiegen die E-Commerce-Umsätze nach einem schwachen ersten Quartal von April bis Juni im Vergleich zum Vorjahr um satte 16,5 Prozent auf über 20 Milliarden Euro.
Onlinehandel: Einige profitieren überdurchschnittlich
In einer Zusatzbefragung unter rund 2.500 Konsumenten erklärte mehr als die Hälfte der Befragten (53,6 Prozent), sie würden aufgrund der Erfahrungen in der Coronakrise künftig mehr online bestellen. Besonders konnten hier der Lebensmittelhandel (21,6 Prozent) sowie Medikamente, Drogerieprodukte und Tierbedarf profitieren.
Von den höheren Umsätzen im Internet haben insbesondere die Internet Pure Player mit einem Wachstum von 13,3 Prozent im ersten Halbjahr und 20,8 Prozent allein im zweiten Quartal 2020 profitiert. Die Umsätze auf Online-Marktplätzen wuchsen im gleichen Zeitraum um 19,1 Prozent (Quartal) beziehungsweise 12,1 Prozent (Halbjahr). Die Onlineumsätze der stationären Händler konnten demgegenüber im zweiten Quartal mit 4,7 Prozent nur unterdurchschnittlich am Wachstum teilhaben. Übers Halbjahr verloren sie sogar 1,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Interessant ist in diesem Zusammenhang noch eine weitere Zahl, die das Online-Werbenetzwerk Criteo kürzlich veröffentlicht hat: Demnach profitierten vor allem die kleineren Händler, die man nicht zwingend kennen muss, von der Krise. Gut ein Drittel der Befragten gab in einer Umfrage an, sie hätten während der Coronakrise erstmals bei einem kleineren Shop bestellt, den sie vorher nicht kannten. Unter den jungen Zielgruppen war der Wert mit 41 Prozent sogar noch höher. Und immerhin 30 Prozent der Befragten gaben altersübergreifend an, dass sie einen Online-Lebenmittelhandel ausprobiert hätten.
Kein Zweifel: Der Onlinehandel hatte in den letzten Monaten gute Argumente und eine Sonderkonjunktur. Doch dabei wurde vielen Händlern klar, dass sie Defizite in der Logistik, in der Abwicklung und Kundenkommunikation haben. Unternehmen im E-Commerce sollten jetzt prüfen, was sie aus diesem unerwarteten Business-Case lernen können. Gleichzeitig waren die letzten Monate aber auch bemerkenswert für den Präsenzhandel. Viele Händler entdeckten, was sie eigentlich schon länger hätten wissen können: Wer sich ausschließlich auf seinen Laden in der Fußgängerzone verlässt, verschenkt ebenso Potenzial wie derjenige, der als Onlinehändler auf direkte Ansprache des Kunden in kooperierenden Läden vor Ort verzichtet.
Tobias Weidemann
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