Pleiten, Pech und Pannen: Was steckt hinter den technischen Fehlern der Regierungsflieger?

Es ist ein gefundenes Fressen für Medien im Sommerloch. Der Regierungsflieger, ein Airbus A340, den die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock genutzt hatte, um ihre Reise nach Australien durchzuführen, musste den Flug zweimal wegen eines Fehlers an den Landeklappen abbrechen und jeweils nach Abu Dhabi zurückkehren.
Nach Abu Dhabi übrigens deshalb, weil gleich nebenan die Lufthansa-Technik einen Großstützpunkt hat, an dem es Fachpersonal und Ersatzteile für sämtliche wichtigen Flugzeuge gibt. Auch denkbar ist natürlich, dass die Rückkehr nach Abu Dhabi politische Gründe hat, dazu später mehr.
Der Tagesspiegel hat sich auf die Suche begeben und insgesamt 16 Zwischenfälle mit Regierungsfliegern in den vergangenen acht Jahren gefunden. Dabei scheint es zumindest so, als hätte sich die Frequenz der Pannen seit 2015 erhöht.
Davor gab es nur jeweils eine Panne im Juli 2010, im März 2009 und im Mai 2006. Seit 2015 hatte die Flugbereitschaft der Bundeswehr, die die Regierungsflieger betreibt, immer mit mindestens einem Zwischenfall pro Jahr zu kämpfen, seit 2018 gibt es jährlich derer mehrere.
Offenbar sind es also besonders die Flugzeuge des Typs Airbus A340, die der Flugbereitschaft Sorgen bereiten. So verwundert es nicht, dass es der Bundeswehr nun reicht. Wie der Spiegel berichtet, ist nach der zweiten Baerbock-Panne die Entscheidung getroffen worden, die beiden A340 unverzüglich, also innerhalb weniger Wochen, außer Dienst zu stellen.
Das konnte deshalb jetzt passieren, weil die Flugbereitschaft Anfang des Jahres vom Bundestag eine Genehmigung für den Erwerb dreier A350 zu einem Gesamtwert von 1,2 Milliarden Euro erhalten hatte. Die erste Maschine dieses Typs hat Bundeskanzler Olaf Scholz für eine Reise nach Südafrika Anfang des Jahres bereits pannenfrei genutzt.
Dieser erste der drei neuen Flieger ist ein Airbus A350-900 mit voller VIP-Ausstattung. Das weiße Flugzeug mit schwarz-rot-goldenen Streifen trägt die Aufschrift „Bundesrepublik Deutschland“. Es ist 67 Meter lang und fliegt in der Spitze 960 Kilometer pro Stunde in einer Höhe von über 13.000 Metern. Damit kann der Regierungsflieger jedes Ziel auf der Welt ohne Zwischenlandung erreichen.
Auch die Tagesschau hat einige der spektakulärsten Pannen zusammengestellt. Die lustigste darunter dürften von Nagetieren angeknabberte Kabel eines Regierungsfliegers sein, die den damals noch als Finanzminister eingesetzten Olaf Scholz im Oktober 2018 in Indonesien an der Heimkehr hinderten.
Andere Probleme betrafen mutmaßlich durch Hitze verursachte Risse in der Kanzel, zu niedrigen Reifendruck, Computerprobleme, und immer wieder gab es Schwierigkeiten mit den Triebwerken.
Schaut man sich die Liste der Pannen an, kommt man nicht umhin, sich zu wundern, wieso solche verhältnismäßig marginal klingenden Probleme oft zu so weitreichenden Flugstopps geführt haben. Die Verwunderung teilten wohl auch die Kolleg:innen von der Berliner Zeitung und fragten einen Luftfahrtexperten.
Bei dem handelt es sich um Heinrich Großbongardt, Sprecher und Berater des Flugzeugherstellers Boeing. Großbongardt hatte denn auch eine plausible Erklärung parat.
Nach seiner Auffassung hätten wohl die allermeisten Pannen in der kommerziellen Luftfahrt weder zu Abbrüchen noch zu Absagen geführt. Vielmehr sei ein gewisses Maß an Problemen durchaus normal.
Eben aus diesem Grund hätten die Flugzeuge schließlich mehrere redundante Sicherheitssysteme. Selbst wenn ein System ausfalle, dass das Fahrwerk ausfahren sollte, wäre das nicht gefährlich. Denn es gebe andere Systeme, die für den gleichen Zweck dann einspringen würden.
Tatsächlich gebe es für jedes Flugzeug eine Liste, die beinhaltet, welche Systeme mindestens funktionieren müssen, um einen sicheren Flug zu erlauben. Und selbst wenn es dabei dann Systeme gäbe, die nicht sauber funktionierten, könne es dennoch sein, dass der Flug stattfindet.
Möglicherweise gebe es dann Einschränkungen wie etwa eine Höhenbeschränkung oder eine maximale Entfernung vom nächsten Flughafen. Gestrichen würde nur als allerletztes Mittel.
Das sei bei Regierungsfliegern anders. Hier spielten kommerzielle Erwägungen keine Rolle. Vielmehr stünden politische und diplomatische Erwägungen im Vordergrund.
Zum einen habe die Flugbereitschaft natürlich kein Interesse daran, Regierungsmitglieder auch nur dem geringsten Risiko auszusetzen. Zum anderen gebe es eben Länder, in denen man eine deutsche Regierungsmaschine nicht gern zwischenlanden möchte.
So hätten sich auf Baerbocks Weg nach Australien etwa Sri Lanka oder die Malediven angeboten. Man entschied aber, nach Abu Dhabi zurückzufliegen.
Das habe vornehmlich politische Gründe gehabt, wenn es auch zu bedenken gelte, dass hier Erwägungen der Servicenähe eine Rolle gespielt haben könnten. Denn im nebenan gelegenen Dubai habe die Lufthansa-Technik, die alle Airbusse der Flugbereitschaft wartet, ein Ersatzteillager nebst Fachpersonal.
So sieht Großbongardt die Regierungsflieger an sich als eher gut gewartete Maschinen, begrüßt aber aufgrund der moderneren Ausstattung und der höheren Zuverlässigkeit dennoch die Anschaffung der Nachfolgemodelle.
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Na endlich mal eine vernünftige Erklärung, in der nicht voller Häme auf die Bundeswehr oder gar die für dieses Problem überhaupt nicht verantwortliche Bundesaußenmisnisterin eingeprügelt wird.
Danke für die ordentliche Recherche!