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Axie Infinity, Upland und Co.: Wen machen Play-to-Earn-Games wirklich reich?

Zocken und dafür bezahlt werden? Das klingt nach einem Kindheitstraum. Für die einen geht es bei Axie Infinity, Upland und Co. um ihren Lebensunterhalt, für die anderen um Spekulation und Gewinn.

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In Play-to-Earn-Spielen entstehen ganz neue Arbeitsverhältnisse. Christian -Pongratz leiht philippinischen Spieler:innen NFT-Monster für Axie Infinity. Die sind ihm dafür so dankbar, dass sie ihm zum Geburtstag eine Motiv-Torte schicken.

Etwa vierzig Stunden pro Woche verbringt Christian Pongratz mit Blockchain-Games. Reiner Zeitvertreib ist das für ihn aber nicht. In „Upland“, das einem digitalen Monopoly-Spiel ähnelt, wirft er einen Blick auf die Grundstückspreise, kassiert Transportgelder und schickt seinen Avatar auf eine Schatzsuche. Mehr gibt es dort für ihn gerade nicht zu tun. Also weiter zum nächsten Tab seines Browsers: In der bunten Monsterwelt von „Axie Infinity“ kümmert er sich um sein Team, die Lunaxie Titans. Es besteht aus 19 Philippiner:innen, die täglich Stunden mit dem Spiel verbringen, um damit Geld zu verdienen.

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Play-to-earn-Spiele sind derzeit das größte Buzzword der Games-­Industrie. Darin geht es nicht mehr um Spiel und Spaß, sondern um Geld. Erste große Titel zeigen bereits, wohin die Reise gehen kann. Die vietnamesische Entwicklerfirma Sky Mavis hat Axie Infinity Anfang 2021 auf den Markt gebracht. Die dezentrale App läuft auf der Ethereum-­Blockchain und ist eines der ersten und erfolgreichsten Play-to-earn-Spiele.  Die meisten der 1,5 Millionen Nutzer:innen kommen aus Entwicklungsländern. Täglich werden es mehr. Eine wachsende Spielwelt, die neben digitalen Wertanlagen auch neue Abhängigkeiten schafft.

Pongratz nennt sich in der Blockchain-Gaming-Welt Lavix und ist sogenannter Axie-Manager. In dem Spiel geht es um Monster, Axies, die gegeneinander zum Kampf antreten. Nur wer drei von ihnen in Form von Non-Fungible-Token besitzt, kann überhaupt mitspielen. Konkurrenzfähige Axies haben ­dabei ­ihren Preis: mindestens 1.800 US-Dollar für ein Monster-Trio.

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Für Deutsche mit einem durchschnittlichen Monatsgehalt von 3.380 Euro, umgerechnet etwa 3.800 US-Dollar, eine vielleicht noch erschwingliche Summe. Für Philippiner:innen mit einem durchschnittlichen Monatseinkommen von 148 US-Dollar ein Vermögen.

Für die einen Spekulation, für andere Broterwerb

Der 30-jährige Pongratz leiht philippinischen Spieler:innen, seinen ­Scholars, die für sie unbezahlbare NFT-Startausrüstung. Im Gegenzug werden die erspielten Einnahmen geteilt. Die verdienten Krypto-Token haben für Manager und Scholars aber einen vollkommen anderen Wert: Pongratz spekuliert damit. Seine ­Scholars zahlen davon Lebensmittel, Miete oder Kleidung. Axie Infinity ersetzt ihnen den Job.

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„Wer auf Twitter unter dem Hashtag Axiescholar seine Axies zum Verleih anbietet, hat in 24 Stunden mindestens zehn Anfragen dafür“, sagt Pongratz. So hat er seine Scholars für seine 51 Axies gefunden. Nach gewonnen Monsterkämpfen fließen die Preisgelder in Form der Kryptowährung Smooth Love Portions (SLP) direkt an ihn. Die Kampferfahrung lässt die Monster-NFT außerdem im Wert steigen.

Jede Woche schickt Pongratz seinen Scholars 85 Prozent der erspielten Kryptotoken zu. Fällt der SLP-Kurs stark, überlässt er ihnen auch mehr. Sie schicken ­Pongratz Bilder von reich gedeckten Tischen oder dem Geburtstags­kuchen. Sie seien dankbar, sagt er. „Es gibt Manager, die über 1.000 Menschen für sich arbeiten lassen und teils nur 10 bis 20 Prozent abgeben. Das ist ein großes Business, in dem viel Geld fließt“, sagt Pongratz.

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„Das ist ein großes Business, in dem viel Geld fließt.“ – Axie Infinity-Manager Christian Pongratz

Das Monopoly-ähnliche Spiel Upland hingegen ist eine ­gamifizierte Marktwirtschaft. Nach dem Vorbild der echten Welt entsteht ein Metaverse, dessen Nutzer:innen gerade damit beschäftigt sind, die verfügbaren Grundstücke und Immobilien unter sich aufzuteilen. Das Spiel läuft auf der EOS-Blockchain und wird von der US-amerikanischen Firma Uplandme entwickelt. Aus den USA stammen auch die meisten der rund 160.000 Spieler:innen. Aus Deutschland kommen acht bis zehn Prozent der Nutzer:innen, schätzt Upland-Gründer Dirk Lüth. In Entwicklungsländern ist das Spiel weniger beliebt.

Die Spieler:innen kaufen mit der In-Game-Währung UPX virtuelle Grundstücke, kassieren Miete und hoffen auf steigende Grundstückspreise. Boni gibt es für Sammlungen von Grundstücken in einer bestimmten Straße oder Stadtviertel. Bebaute Grundstücke sind besonders wertvoll, doch um Häuser bauen zu können, sind Arbeitsstunden-Token nötig. Die NFT-Häuser lassen sich in Zukunft mit digitalen Accessoires wie Gartenzäunen, Brunnen oder Pflanzen ausstatten.

„Angebot und Nachfrage müssen immer ­austariert sein, damit unsere Parallelwirtschaft stabil bleibt.“ – Upland-Gründer Dirk Lüth.

Noch ist die virtuelle Welt im Aufbau. Monatlich wächst die Landkarte um zwei bis drei Städte. Aktuell können Spieler:innen in 18 amerikanische Metropolen investieren, weitere in Europa und Asien sollen folgen. „Wichtig ist uns, dass Angebot und Nachfrage immer ­austariert sind, damit unsere Parallelwirtschaft stabil bleibt“, sagt Lüth. Dafür beobachtet das Team die steigenden Nutzungszahlen und erhöht analog dazu die Geldmenge im Spiel, erklärt er. Der Deutsche hat zu privaten und staatlich kontrollierten Währungen an der European Business School Schloss Reichartshausen promoviert. Seit 13 Jahren lebt er in San Francisco, wo er Mitte 2020 Uplandme mit zwei Freunden gründete. Sein Unternehmen mit 92 Mitarbeiter:innen wurde zuletzt mit 300 Millionen US-Dollar bewertet.

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„Upland ist eine Third-Party-Developer-Platform. Unsere ­Vision ist, dass wir DApps und andere Entwicklungen nur anstoßen, um sie dann an die Community abzugeben“, sagt Lüth. In ein oder zwei Jahren, schätzt er, soll aus Upland als letzte Entwicklungsstufe eine Mixed Reality werden. „Dann können wir mit einer VR-Brille durch die Straßen gehen und gleichzeitig die Upland-Welt sehen.“

23,5 Millionen US-Dollar Umsatz erzielte Uplandme 2021. Größter Bilanzposten: Einnahmen aus dem Verkauf der Spielwährung UPX. „Unser Geschäftsmodell besteht darin, immer eine Nachfrage nach UPX zu kreieren“, sagt Lüth. Eine Nach­frage, zu der auch der deutsche Axie-Manager und Upland-Spieler ­Christian Pongratz beiträgt.

Immobilieninvestments im digitalen San Francisco: Die Grundstückspreise in der ersten Stadt, die in der Upland-Welt entstand, sind für viele Spieler:innen heute kaum erschwinglich. (Abbildung: Sky Mavis)

Als der sich im Juni 2020 bei dem Spiel anmeldete, zahlte er 100 US-Dollar ein. Sein heutiger NFT-Besitz in Form von 80 ­Grundstücken ist rund 1.000 US-Dollar wert. „Ich werde meine Grundstücke aber weiter hodln, denn sie sind für mich eine Wertanlage“, sagt ­Pongratz. „Im Gegensatz zu anderen NFT glaube ich daran, dass die Upland-Grundstücke und Axies im Wert weiter steigen.“

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NFT als Gamechanger

NFT und das Vertrauen in dezentrale Blockchain-Spiele machen den Reiz für Investor:innen aus. „Second Life als erstes Metaverse ist genau daran gescheitert: Es gab kein unwiderrufliches Besitzrecht“, sagt Upland-­Gründer Lüth. Auch der US-Wagniskapital­investor ­Matthew Ball nennt in seinen Essays zum Metaverse das Besitzrecht und den freien NFT-Handel als Voraussetzung für ­Investments.

„Second Life als erstes Metaverse ist genau daran gescheitert: Es gab kein unwiderrufliches Besitzrecht.“- Upland-Gründer Dirk Lüth.

Er gibt aber auch zu bedenken, dass so lange nicht klar sei, ob und welches ­Metaverse sich durchsetzt, Investments in eine spezifische Plattform weniger attraktiv seien. Schließlich bleibe das Risiko, dass sich die ­Assets nicht auf andere Platt­formen übertragen lassen.

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Gleiches gelte für Play-to-earn-Spiele: Ob es eine dominierende Plattform geben werde, sei schwer abzuschätzen, sagt Wirtschaftsexperte Jan Büchel. Der Gaming-Markt habe viele ­Submärkte mit Spielen, die unterschiedliche Bedürfnisse befriedigen. „Um langfristig zu bestehen, muss ein Play-to-earn-Spiel ein Alleinstellungsmerkmal haben oder besonders innovativ sein“, sagt Büchel. Nur solange die Nachfrage nach den NFT ­eines Spieles zunimmt, funktioniert das System des Sammelns und Spekulierens. „Es wird zwar kein physischer Wert oder Dienstleistung geschaffen, aber wenn die virtuellen Assets für den Käufer ein Mehrwert sind, ergibt sich eine Wertschöpfung“, erklärt Büchel.

„Wenn die virtuellen Assets für den Käufer ein Mehrwert sind, ergibt sich eine Wertschöpfung.“ – Wirtschaftsexperte Jan Büchel

Teamevent auf den Philippinen: Den Axie Infinity-Spieler:innen ersetzt das Stipendium von Christian Pongratz ihren Arbeitsplatz (Foto: privat).

Utility Token mit fixem Wechselkurs

Die Werte aus Upland lassen sich nur über Umwege in gängige Währungen auszahlen. Anders als die In-Game-Währung von Axie Infinity ist UPX keine handelbare Kryptowährung. Sie ist als Utility-­Token nur innerhalb von Upland verwendbar und hat einen festen Wechselkurs: 1.000 UPX sind immer etwa ­einen US-Dollar wert. Dazu haben sich die Upland-Macher bewusst entschieden: „Für handelbare Krypto­währungen gibt es in den USA und den meisten anderen Ländern harte Auflagen seitens der Finanzaufsichten“, sagt Lüth.

„Wir wollten die Einstiegs­hürden für Spieler:innen niedrig halten.“ Sie brauchen nur eine Mailadresse und legen ihr Passwort fest. Krypto-Wallet und ­Private Key sind nicht notwendig. Zusätzliche UPX kaufen die Spieler:innen mit Paypal, Kreditkarte, Kryptos oder im App-Store. „Wir wollen Upland einem Massenpublikum zugänglich machen, nicht nur Krypto-Fans.“

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Wie bei Axie Infinity gibt es auch bei Upland Spieler:innen, die ihren Job an den Nagel hängen, um im Game ihren Lebensunterhalt zu verdienen, berichtet Gründer Lüth. Ähnlich wie auf dem realen Immobilien­markt ist das aber nur mit hohem Startkapital möglich. Exzessives und erfolgreiches Spielen kann fehlendes Startkapital nur bedingt ausgleichen. „In Europa und Amerika hat der Ertrag aus den Spielen so wenig Kaufkraft, dass das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen zu schlecht ist“, sagt Büchel.

Die NFT-Monster stehen sich in der Axie Infinity-Arena gegenüber. Wer gewinnt, steiget damti den Wet seiner Sammlung (Foto: Sky Mavis).

Anders sehe das in Entwicklungsländern mit geringer Kaufkraft wie den Philippinen aus. Nehmen ­Stipendien die Hürde des fehlenden Startkapitals, können die Einnahmen ähnlich hoch ausfallen wie das Gehalt eines Vollzeitjobs. Dank dezen­traler Technologie sind diese Quasi-Angestellten nicht dem Konzern ausgeliefert, der das Spiel auf den Markt gebracht hat. Jedoch sind sie abhängig von ihren Quasi-Arbeitgebern, den deutlich reicheren Manager:innen, die das Startkapital verleihen. Aufstiegs­chancen unterliegen der Großzügigkeit des Managers.

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