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Porsche-Börsengang gelingt trotz schwieriger Vorzeichen

Krieg, Inflation, Rezessionsangst: Schlechter könnten die Vorzeichen für einen Börsengang kaum sein. Der Sportwagenbauer Porsche hat ihn dennoch ordentlich über die Bühne gebracht. Doch das größte deutsche Börsendebüt seit 1996 ist nicht nur eine Erfolgsgeschichte.

Quelle: dpa
4 Min.
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Vorstandschef Oliver Blume hat Porsche erfolgreich an die Börse gebracht. (Foto: Markus Wissmann/Shutterstock.com)

Im Geflecht der Zahlen rund um einen der größten Börsengänge der deutschen Wirtschaftsgeschichte dürfte die 40 bald wieder in Vergessenheit geraten. Exakt so viele Sekunden lang läuteten Porsche-Chef Oliver Blume und sein Vize Lutz Meschke am Donnerstag inbrünstig die symbolische Glocke zum Handelsauftakt an der Frankfurter Börse.

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Die Erleichterung stand den Managern ins Gesicht geschrieben: Trotz Krieg, Inflation, Rezessionsangst und Börsenturbulenzen hatten die Stuttgarter den Gang aufs Parkett ordentlich über die Bühne gebracht – auch wenn der große Höhenflug ausblieb.

Porsche war zwischenzeitlich fast so viel wert wie die Konzernmutter Volkswagen

Mit 84,00 Euro lag der erste Börsenpreis der Porsche-Vorzugsaktien am Donnerstag knapp zwei Prozent über dem Ausgabepreis von 82,50 Euro. Im Laufe der ersten Stunden stieg der Kurs dann immerhin auf zeitweise über 86,00 Euro. Porsche war zwischenzeitlich fast so viel wert wie die Konzernmutter Volkswagen: Während die Stuttgarter bis zum Mittag über 77 Milliarden Euro Marktkapitalisierung erreichten, rauschte der Börsenwert von VW in den Keller und kam auf knapp 80 Milliarden Euro. Porsche wurde damit auch deutlich höher bewertet als die Konkurrenten BMW oder Mercedes-Benz. Und mit einem Erlös von 9,4 Milliarden Euro für VW legten die Stuttgarter den größten deutschen Börsengang seit der Telekom 1996 hin.

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Erfolgsnachrichten wie diese sind an der Börse derzeit rar gesät. Der Dax stürzte am Vortag des Börsengangs zeitweise auf den niedrigsten Stand seit November 2020, seit Jahresbeginn verlor der deutsche Leitindex rund 25 Prozent. Entsprechend groß war am Donnerstag der Empfang für den vielversprechenden Börsenneuling in Frankfurt, der auch als heißer Dax-Anwärter gilt: Der Handelssaal mit Porsche-Plakaten dekoriert, vor dem Gebäude ein Sammelsurium an Sportwagen. Imagefilmchen und Produkt-PR gab es per Börsenlivestream. Dass dieser kurz vor dem Handelsstart den Geist aufgab: geschenkt.

Doch nicht nur beim Verfolgen des Börsengangs aus der Ferne, sondern auch bei der Zuteilung der Aktien gingen etliche private Anleger leer aus. Über 94 Prozent der knapp 114 Millionen Vorzugsaktien gingen laut Porsche an Großanleger. Wegen der Überzeichnung des Angebots hätten nicht alle privaten Aktionäre berücksichtigt werden können, hieß es. Vier Ankerinvestoren, darunter VW-Großaktionär Katar, hatten sich knapp 40 Prozent der Anteile an der Porsche AG gesichert.

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Börsengewinne sollen unter anderem in E‑Mobilität und Software fließen

Einen Großteil des Emissionserlöses will VW in Investitionen für E‑Modelle, eigene Autosoftware, Vernetzungstechnik, autonomes Fahren und diverse Dienstleistungs­plattformen stecken. Vor allem der Aufbau des Netzes an Batteriezellfabriken gestalte sich kapitalintensiver als zunächst gedacht, ist aus Kreisen der Kontrolleure zu hören. Zumal erste Entscheidungen dazu noch in einer Zeit angeschoben wurden, in der Entwicklungen wie ein Krieg in Osteuropa unvorstellbar gewesen seien.

Ein zweites Kalkül spielt aber eine ebenso zentrale Rolle: Wenn man die hochprofitable Tochter aus Stuttgart sichtbarer ins Schaufenster der internationalen Finanzwelt stellt, könnte das positiv auf den eigenen – nach Selbsteinschätzung chronisch zu niedrigen – Börsenwert abfärben. So richtig wollte sich dieser Effekt am Donnerstag noch nicht einstellen: Die VW-Vorzugsaktien sackten nach dem Handelsstart um fünf Prozent und die Stammaktien der Wolfsburger um 5,6 Prozent ab. Offenbar hatten sich Anleger einen fulminanteren Start erhofft.

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Die Stuttgarter ihrerseits erhoffen sich von dem Gang aufs Parkett ein Stück mehr operative Freiheit. Ein Beherrschungsvertrag und ein Gewinn- und Verlustabführungsvertrag mit Volkswagen soll Ende des Jahres auslaufen, dann werden die Beziehungen neu geregelt.

Für Porsche steht nun auch der Spagat zwischen der Rolle als Teil des zweitgrößten Autokonzerns der Welt und dem Anspruch als Luxusmarke mit hohen Renditen an – immerhin haben die Schwaben langfristig Margen von 20 Prozent als Ziel ausgegeben. Zufall oder nicht, dass am Donnerstag am Stammsitz Stuttgart die Eröffnung neuer Verkaufsräume für 30 Millionen Euro anstand, die die Luxusklientel noch stärker in den Fokus nehmen sollen.

Dazu kommt ein dritter, spezieller Faktor: Die Motivlage des Porsche/Piëch-Clans gilt als deutlich komplexer, als sich reinen Cashzielen hinzugeben. Manch einer vermutet eine Mischung aus Machtinteressen und familiärem Erbkodex als eigentliche Triebkräfte hinter dem Börsengang. Denn nach der Übernahme Porsches durch VW im Jahr 2008, so die Hypothese, bekommen die Eigentümerfamilien durch den Börsengang die Chance, wieder mehr direkten Zugriff auf den Sportwagenbauer mit ihrem Namen durchzusetzen. Denn die Tranche von 25 Prozent plus einer Stammaktie sichert ihnen eine Sperrminorität und damit entscheidenden Einfluss bei strategischen Fragen. Den Kaufpreis von 10,1 Milliarden Euro will die VW-Dachgesellschaft Porsche SE (PSE) größtenteils mit Schulden finanzieren.

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Hier setzen Kritiker an, die den Börsengang teilweise als abgekartetes Spiel sehen, das zulasten der übrigen Aktionäre geht. So sei der Preis, zu dem die PSE die Stammpapiere erwerbe, zu gering. Auch die personellen Verflechtungen sind beträchtlich und führen zu Bedenken. Porsche-Chef Oliver Blume ist zugleich VW-Konzernchef, der langjährige PSE-Spitzenmann Manfred Döss ist VW-Justizvorstand, VW-Chefaufseher Hans Dieter Pötsch leitet die PSE. Der jüngst angekündigte Rückzug von Familien-Intimus Pötsch und Hans Michel Piëch aus dem Aufsichtsrats­präsidium der Porsche AG soll eine gewisse Entflechtung signalisieren.

Doch die Skepsis etlicher Analysten und Aktionärsschützer gegenüber dem Führungsgebaren und der Machtarchitektur im größten deutschen Konzern war schon vor dem Porsche-Börsengang groß. Nach dem Übernahmekampf 2008 etwa warfen Investoren Porsche vor, sie viel zu spät über die wahre Kaufabsicht ins Bild gesetzt zu haben. Das sei mitverantwortlich für die starken Kursschwankungen – und damit für ihre Milliardenverluste durch geplatzte Kurswetten – gewesen. An diesem Freitag verkündet das Oberlandesgericht Celle voraussichtlich seine Entscheidung in einem langwierigen Kapitalanlage-Musterverfahren.

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