Deutsche Industrieunternehmen beklagen wachsende Probleme mit chinesischen Produktfälschungen. Zu einem großen Vertriebskanal haben sich nach Angaben mehrerer Unternehmen und des Maschinenbau-Verbands VDMA in den vergangenen Jahren Online-Handelsplattformen wie der chinesische E-Commerce-Riese Alibaba entwickelt. Einer VDMA-Umfrage aus dem vergangenen Jahr zufolge entdeckten 28 Prozent der betroffenen deutschen Maschinen- und Anlagenbauer Fälschungen auf Handelsplattformen für Unternehmen.
Produktpiraterie betrifft 70 Prozent der Unternehmen
So haben Technologieunternehmen aller Größen bereits „ihre“ Produkte auf Verkaufsportalen in Fernost entdeckt. Betroffen sollen, so die Erkenntnisse der VDMA-Studie, 70 Prozent der deutschen Unternehmen sein. Die Plagiate sind für die Industrie nicht nur ärgerlich, sondern auch unter Sicherheitsaspekten bedenklich. Gefälscht werde dabei so ziemlich alles – und eben nicht nur die klassischen Endkundenprodukte von Modeartikeln über Uhren bis hin zu Technikprodukten. Motoren, Maschinenteile, Messinstrumente und Sensoren sind vermehrt auf solchen Portalen auffindbar und bereiten den Firmen Kopfzerbrechen. „Das betrifft zum einen Haftungsfragen, kann aber auch zu handfesten Imageschäden führen“, erklärt ein Unternehmen aus dem Automationsbereich.
Doch die Produkte tauchen nicht nur in Fernost auf, sondern werden von findigen Händlern auch nach Europa importiert. Grundsätzlich bedeutet das, dass jeder Käufer auch auf europäischen Portalen misstrauisch sein sollte, wenn er auf ein Produkt trifft, dass so gar nicht der gewohnten Verarbeitungsqualität eines Unternehmens entspricht. Denn gerade aufgrund der weiten Verbreitung des E-Commerce sind viele Kunden gar nicht mehr über das genaue Aussehen und die Beschaffenheit bestimmter Produkte informiert, sondern kennen lediglich Produktbilder aus dem Netz. Eine Rückfrage bei der deutschen Niederlassung des Herstellers hilft (unter Angabe der Seriennummer) hier oftmals weiter.
Produktpiraterie: Firmen benennen explizit Alibaba und China
Ein Unternehmenssprecher eines deutschen Maschinenbauers berichtet, man habe versucht, gegen Angebote in Fernost vorzugehen und auch durchaus bei den Betreibern der Portale in einzelnen Fällen offene Ohren gefunden. Der Kugellagerhersteller SKF nimmt kein Blatt vor den Mund: „Alibaba ist bekannt für den hohen Anteil an gefälschten Produkten, die dort angeboten werden“, heißt es dort.
Für Alibaba ist das unangenehm: „Alibaba hat eine sehr starke Haltung gegen Fälschungen und Urheberrechtsverletzungen“, erklärt die deutsche Niederlassung des Unternehmens in München. „Unser Erfolg basiert auf Vertrauen, deswegen nehmen wir die Herausforderung durch Fälschungen sehr ernst.“ Alibaba habe mehrere Initiativen und Softwareprogramme, um Fälschungen zu identifizieren.
Das Spektrum der Fälschungen reicht von Markenrechtsverletzungen bis zu unsicheren Bauteilen und komplett kopierten Maschinen. Diese können lebensgefährlich sein. Holger Engelmann, Vorstandschef des Automobilzulieferers Webasto, sagt: „Produktpiraterie ist in der Automobilbranche, wie in fast allen Industriezweigen, ein ernstes Thema. Neben dem Umsatz, der Unternehmen durch nachgemachte Zulieferteile verloren geht, schaden qualitativ minderwertige Kopien dem Ansehen der Originalmarke.“
Behörden reagieren inzwischen schneller bei Produktpiraterie
In der deutschen Wirtschaft wird registriert, dass die chinesischen Behörden inzwischen schneller auf Beschwerden reagieren. VDMA-Rechtsanwalt Daniel van Geerenstein: „China ist immer noch Hauptherkunftsland für gefälschte Güter, aber die Zusammenarbeit mit den chinesischen Behörden hat sich verbessert.“ Einen grundsätzlichen Durchbruch beim Schutz der Urheberrechte hat es in China aber bislang nicht gegeben. Laut der Umfrage ist China bei den Nennungen der Unternehmen als Herkunftsland der Plagiate auf einem Höchstwert (83 Prozent).
Für die deutschen Strafverfolgungsbehörden ist die Produktpiraterie ebenfalls ein schwieriges Thema: Fälschungen sind oft schwer zu identifizieren, insbesondere, wenn es sich um Bauteile handelt. Und es ist so gut wie unmöglich, die chinesischen Hintermänner dingfest zu machen. Das ist nach Ansicht etwa von Siemens aber essenziell. „Dafür arbeiten wir mit Internetplattformen wie Alibaba und den chinesischen Behörden sehr eng zusammen“, sagt ein Sprecher. Einen Erfolg konnten die Münchner verbuchen: Siemens gelang es 2016, in China 150.000 gefälschte Steckdosen und gefälschte Steuerungen im Wert von mehreren Millionen Euro sicherstellen zu lassen. (mit Material der dpa)
Man sollte sich fragen welchen Sinn es macht einen Schutz auf die Form eines Bleistifts oder deren Streifen zu gewähren. Wir sollten den Schutz nur noch bei einer gewissen Gestaltungshöhe gewähren. Dann wären echte Innovationen zu erbringen.