Protofy-Gründer Moritz Mann: Vom Fuck-up zum Geschäftsmodell
Moritz Mann ist Seriengründer und seit mehr als zehn Jahren in der Startup-Szene aktiv. Sein erstes Health-Tech-Startup namens „Feelgood“ scheiterte allerdings kläglich, da er viel zu spät den Realitätscheck machte und Feedback der Zielgruppe einsammelte. Die bitteren Learnings von damals flossen in Manns Folgegründung der Digitalagentur Protofy ein.
Mit Protofy helfen Mann und sein Team heute Startups und Unternehmen, schnell und effektiv innovative digitale Produkte und Services zu launchen. Zu den Kunden gehören Marken wie Siemens, Porta, die Deutsche Kreditbank, die Zeit oder Hermes. Dabei ist Manns Ansatz inzwischen, so früh wie möglich mit Produkten und Services in den Markt zu gehen und Feedback einzusammeln. So früh, dass er sich teilweise „noch dafür schämt“.
Mann zufolge benötigt ein Unternehmen schnell eine Version, die es in die Hand nehmen und an seiner Zielgruppe testen kann. Dass sein Vorgehen funktioniert, zeigt auch die Ausgründung des Lieferdienstes „Stadtsalat“. Wir haben mit dem Seriengründer gesprochen.
t3n: Sie sind mit Protofy für Ihr radikales Prototyping bekannt geworden. Doch um dahin zu kommen, mussten Sie Lehrgeld bezahlen. Erzählen Sie uns von ihrem „biggest Fuck-up“ in den letzten Jahren?
Moritz Mann: Bei meinem ersten Startup „Feelgood“, das ich 2012 gegründet habe, haben wir ein digitales Produkt im Bereich Gesundheit und Fitness entwickelt. Der Claim: „Dein persönlicher Ernährungs- und Fitnessplan“. Leider sind wir damit erst nach einer 18-monatigen Entwicklungsphase live gegangen, was viel zu spät war. Wir haben erst dann gemerkt, dass unser Produkt in der „realen Welt“, also außerhalb von Fokusgruppen und Zielgruppeninterviews, nicht richtig verstanden wird. Und diejenigen, die sich anmeldeten, blieben nicht lange dabei. Ein ziemlicher „Fuck-up“.
Wie haben Sie das korrigiert?
Wir haben schnell angefangen, das Produkt umzustellen: einfachere Nutzer:innenführung, klareres Preismodell, weg vom Abo-Geschäftsmodell. Jede Änderung war hilfreich, doch irgendwann gingen die Luft und die Motivation aus. 2014 mussten wir aufgeben.
Was haben Sie daraus gelernt?
Ich habe akzeptiert, dass ich immer vor einem Launch nervös sein werde und mich frage, ob das Produkt gut ankommen wird. Das Gefühl ist immer da, egal wie weit das Produkt ist und wie viel Zeit ich in die Entwicklung gesteckt habe. 100 Prozent gibt es nicht. Ich habe gelernt, pragmatischer zu werden und mich mit einem MVP zufriedenzugeben.
Mit diesem Mindset habe ich dann Protofy und Stadtsalat gegründet. Damit sind wir so früh wie möglich live gegangen. Die ersten zahlenden Kund:innen und das erste Feedback erreichte uns nach Tagen und nicht nach Monaten. Wir konnten also schnell das Produkt und Angebot verbessern – mit Zentrierung auf echte Bedürfnisse.
Wie stehen Sie zum Thema Fehlerkultur insgesamt?
Fehler gehören zum Leben dazu. In einer Welt, die zunehmend komplexer wird, kann es keine perfekten Masterpläne geben. Deshalb treffe ich immer unter den gegebenen Informationen die schnellstmögliche Entscheidung. Diese Schnelligkeit führt zu ersten Fehlern, die dann genauso schnell ausgebügelt werden können. So entsteht schnell etwas Besseres. Das Wichtigste ist, sich dabei nicht demotivieren zu lassen. Das kann eine echte Challenge sein. Wenn wir das aber schaffen, können wir aus Fehlern immer etwas Positives schöpfen.
Sind Sie gerne Gründer, oder wünschen Sie sich auch manchmal einen „langweiligen“ Bürojob?
Für mich ist Gründer zu sein der anstrengendste, anspruchsvollste und gleichzeitig beste Job der Welt. Du kannst deine Realität selbst gestalten, aber es nimmt auch jede Sekunde deines Lebens in Anspruch. Das ist wunderschön, intensiv, nervenaufreibend und maximal emotional.