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Ratgeber

Qualifikation ist alles: Warum lückenlose Lebensläufe nicht mehr zeitgemäß sind

Der Lebenslauf galt lange als essenzielles Kriterium für Einstellungen. Warum Firmen nun einsehen, dass ein lückenloser Lebenslauf kein Garant für fähige Mitarbeiter ist, erklärt unser Gastautor.

Von Jonas Willuhn
4 Min.
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(Grafik: Shutterstock-Sky vectors)

Lückenlose Lebensläufe galten jahrzehntelang als Muss für alle Bewerber, die sich die Chance auf eine gute Stelle nicht verbauen wollen. Kein Wunder also, dass eine oder mehrere Unterbrechungen im Lebenslauf zur größten Angst für Arbeitnehmer wurde. Dabei können solche Einschnitte die verschiedensten Ursachen haben: von Elternzeit, über lange Reisen bis hin zu gesundheitlichen Problemen oder gar bloße Lustlosigkeit in jugendlichem Leichtsinn. Lücken sind heute schon lange keine Seltenheit mehr – sie werden immer häufiger sogar zum Standard. Warum aber ist ein lückenloses Curriculum heutzutage einfach nicht mehr zeitgemäß und weshalb wird stattdessen die Qualifikation und damit ein passgenauer Mitarbeiter immer wichtiger?

Die Arbeitswelt im stetigen Wandel

Globalisierung, Digitalisierung, Flexibilisierung – all diese Schlagworte üben einen enormen Einfluss auf unsere Arbeitswelt aus und verändern stetig auch die als gefestigt geltenden Strukturen. Im Zuge dessen werden im Vergleich zu vorherigen Jahrzehnten immer häufiger komplexe Anforderungen an Arbeitnehmer gestellt. Leute, die nicht im Ausland waren, stechen mittlerweile aus dem Pool an Bewerbern negativ hervor. Wer im Lebenslauf keine einzige Lücke hat, erregt manchmal sogar Skepsis. Und das alles in Zeiten, in denen befristete Arbeitsverträge keine Ausnahme bleiben. Gleichzeitig drehen die Arbeitnehmer den Spieß um, indem auch sie hohe Anforderungen an ihre Arbeitgeber stellen. New Work liegt im Trend und Bewerber fordern diesen Standard geradezu ein. Was früher eher Künstlern, Fotografen und den vielen weiteren sogenannten „Kreativberufen“ vorbehalten war, beansprucht nun auch die breite Masse für sich: hohe Flexibilität, ortsungebundene Arbeitsmodelle und ein hohes Maß an privater wie beruflicher Freiheit. Pausen oder mehrere Jobwechsel in kurzer Zeit sind keine Einzelfälle mehr, sondern werden zur Normalität. Kurzum: Die Arbeitswelt verändert sich kontinuierlich weiter und das spiegelt sich auch in den Lebensläufen der Bewerber wider.

Warum die Qualifikation an die Stelle des lückenlosen Lebenslaufs tritt

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Eine Studie von Bertelsmann aus dem letzten Jahr belegt, dass mehr als jeder fünfte Arbeitnehmer in Deutschland einem Beruf nachgeht, für den er nur unzureichend schulisch oder akademisch ausgebildet ist. Die Mehrheit der Arbeitnehmer arbeitet als Fachkräfte in Bereichen, in denen sie keine Ausbildungs- oder Studienabschlüsse nachweisen können. So wird in den beiden Branchen Handwerk und Handel bereits jede zehnte Stelle mit Mitarbeitern besetzt, die offiziell keine Ausbildung in diesem Bereich haben. Der Clou dabei? Die meist ungelernten Fachkräfte punkten dennoch durch ihre hohen Qualifikationen. Viele Jahre an beruflicher Erfahrung in dem jeweiligen Fachgebiet, verschiedenste Soft Skills und eine außerordentliche Lernbereitschaft kennzeichnen diese Mitarbeiter und bieten Unternehmen den ausgleichenden Mehrwert.

Fachkräftemangel ade – Unternehmen erkennen den Mehrwert

Unternehmen begreifen peu à peu, dass die individuelle Qualifikation der Bewerber oft nicht in einem Lebenslauf – ob lückenhaft oder nicht – zu finden ist. Vielmehr müssen auch viele weitere Kriterien wie Zeugnisse ehemaliger Arbeitgeber, (Online-)Bewertungen von Kunden oder Empfehlungen von Personalern bei einer Einstellung in Betracht gezogen werden. Nur so ist es möglich, den für diesen Job hochqualifizierten Menschen auch mit Lücken im Lebenslauf eine Chance zu bieten. Seien wir realistisch: Pausen im Lebenslauf, ob gut begründbar oder nicht, sagen rein gar nichts über die Qualifikation eines Mitarbeiters in dem jeweiligen Fachgebiet aus. Ein Beispiel: Eine junge Mutter mit Migrationshintergrund in ihren Zwanzigern kann trotz eines geringen Schulabschlusses sowie mehrerer beruflicher Unterbrechungen aufgrund ihrer Leistungen eine starke Bereicherung für eine Firma sein. Die vielen guten Bewertungen vorheriger Arbeitgeber wie auch Kunden sprechen für sich und machen Lücken im Lebenslauf wett. Um unbestreitbares Können und hohe Qualifikation zu erkennen, hilft der Lebenslauf allerdings nicht immer weiter.

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Unternehmen denken um. Der Vorzug der Qualifikation wird in diesem Zuge immer häufiger registriert. Damit wirken Firmen nicht nur der häufig unbegründeten Abwertung von selbst erarbeiteten Fähigkeiten entgegen, sondern auch einem anderen wichtigen Thema: dem Fachkräftemangel. Nicht nur in Berlin, sondern deutschlandweit klagen Unternehmen über zu wenig qualifiziertes Personal. Dies beweist auch eine kürzlich veröffentlichte Studie der IHK Berlin. Neben dem viel diskutierten Dienstleistungssektor und der Altenpflege fehlt auch dem Einzelhandel und vielen weiteren Branchen Personal mit Expertise. Dabei sind Fachkräfte nicht immer auch von den entsprechenden Organisationen oder Ämtern zertifiziert. Ganz im Gegenteil: „Learning by doing“ ist unter Umständen das bewährte Mittel zur Qualifikation und die Lösung für viele Firmen und Branchen. Und wieder gilt: Ein lückenloser Lebenslauf ist nebensächlich, wenn die Qualifikation stimmt. Wenn nicht-lineare Werdegänge verstärkt auch von der breiten Masse anerkannt würden, wäre der Fachkräftemangel sehr bald Geschichte.

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Fazit

Die Arbeitswelt ist weit davon entfernt, ideal zu sein. Im Umkehrschluss gilt dies auch für die Bewerber und deren Werdegänge. Die perfekten Lebensläufe, ohne eine einzige Pause und ohne Ungereimtheiten, entsprechen schlichtweg nicht der Realität. Heutzutage geht es für Arbeitnehmer vielmehr darum, aufzuzeigen, wie man mit seinen individuellen Erfahrungen und Fähigkeiten den Unternehmen einen Mehrwert bietet. So realisieren Unternehmen mehr und mehr, dass lückenlose Lebensläufe nicht immer ein Zeichen von Qualifikation für eine bestimmte Stelle sind. Die Qualifikation der Mitarbeiter steht viel eher ganz unabhängig von vermehrten, langen oder gar nicht gut begründbaren Pausen. Deshalb der Appell: Sucht Maßanzüge statt Uniformen!

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Kommentare (1)

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Anonymus

Schon wieder so ein Artikel aus dem Bereich „redaktionelle Werbung (für ein Start-Up)“ auf t3n. Abgesehen davon, dass mir der Typus Artikel gerade häufiger bei t3n begegnet (vielleicht Zufall), stimme ich mit dem Inhalt nicht überein.

Es hört sich gut an und es wäre schön, wenn man sich die Realität so einfach zurecht biegen könnte … einfach eine Prise mehr Offenheit und sich-mal-lockerer-machen und dann wird es schon mit dem Fachkräftemangel. Ach ja, und bei der Suche nach diesen Fachkräften hilft natürlich ein Algorithmus (immerhin wird das Buzzword KI nicht erwähnt).

Wer schon mal reingefallen ist mit Angestellten, der schaut dann nämlich doch wieder genauer auch auf den Lebenslauf! Sind da mehrere vorzeitige Abbrüche, Lücken, Pausen oder sogar auch nicht ganz so überragende Arbeitszeugnisse drin, sollten alle Alarmglocken klingeln und man sollte auf jeden Fall erstmal ein langes Vorpraktikum (falls möglich) und/oder eine möglichst lange Probezeit vereinbaren und während dieser ganz genau hinschauen.

Der Fakt ist nämlich, dass aus Underperformern und Typen, die Ihre eigene Agenda verfolgen, nicht so einfach „taugliche Fachkräfte“ werden. Und wichtig ist dabei auch die Betonung von „tauglich“, denn wer fachlich gut oder sogar sehr gut ist, kann trotzdem großen Schaden anrichten. Und den müssen dann alle ausbügeln mit u.U. größeren monetären Auswirkungen (Kosten für die Abfindung, Kosten für das Auszahlen des ganzen Jahresurlaubs, Kosten für den Anwalt, Kosten für den gezahlten Lohn, obwohl die Leistung am Ende mehr Schaden als Nutzen gebraucht hat, Kosten für den eigenen Einsatz und den des Teams fürs Ausbügeln, etc. … um nur mal die monetären Aspekte zu nennen: von der Stimmung beim Kunden und im Team ganz zu schweigen).

Projekte kann man so in den Sand setzen und Kunden / Budgets verlieren. Das ist dann gar nicht mehr so „sich-mal-lockerer-machen“ … vor allem nicht für die, an denen es hängen bleibt.

Also Augen auf und vielleicht sind die alten, über Jahre bewährten Kriterien bei der Auswahl von Mitarbeitern doch gar nicht so verkehrt. Zumindest sollte man sie nicht untergewichten!

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