Gehirn auf „Reset“: Kann Genom-Editierung die Folgen von Alkoholmissbrauch beheben?
Dass übermäßiger Alkoholkonsum schlecht für die Gesundheit ist, ist allseits bekannt. Bei Jugendlichen sind die Folgen allerdings weitaus dramatischer: Denn wenn junge Menschen häufig Alkoholexzesse haben, dann verändert sich ihre Gehirnchemie nachhaltig. Dies führt zu Angststörungen und kritischem Trinkverhalten im Erwachsenenalter. Ein echtes Problem für die gesamtgesellschaftliche Gesundheit, sagen Forscher:innen.
Die gute Nachricht: Die Gehirne der Jugendlichen können sich von dem Missbrauch wieder regenerieren. Das haben Wissenschaftler:innen der Universität von Illinois in Chicago in einer neuen Studie herausgefunden, wie die Seite SciTechDaily berichtet. Dabei wurden die Auswirkungen von Rauschtrinken in jungen Jahren auf die Gesundheit im späteren Leben untersucht.
Die Studienautor:innen fanden heraus, dass frühe Alkoholexzesse das sogenannte Arc-Gen (Aktivitätsreguliertes Zytoskelett-assoziiertes Protein) in der Amygdala (ein Teil des limbischen Systems des Gehirns) von Nagetieren und Menschen verändern. Das Arc-Gen ist ein Plastizitätsprotein, das eine entscheidende Rolle beim Lernen und bei Gedächtnisprozessen spielt. Wird dieses Gen nun durch Rauschtrinken gewissermaßen manipuliert und umprogrammiert, kann es zu Angstzuständen und Alkoholkonsumstörungen im Erwachsenenalter beitragen. Normalerweise ist dieser Prozess endgültig. Doch die Forscher:innen fanden heraus, wie die Umprogrammierung mittels einer Genom-Editierung tatsächlich rückgängig gemacht werden kann.
Verhaltenstests mit Ratten zeigen erstaunliche Ergebnisse
Diese Genbearbeitung kann man sich wie eine Art Zurücksetzung des Gehirns auf Werkseinstellungen vorstellen. Dabei kommt ein bestimmtes Protein namens CRISPR-dCas9 zum Einsatz, um das Arc-Gen in erwachsenen Ratten zu manipulieren. Zunächst untersuchten die Forscher:innen im Versuch das Verhalten erwachsener Ratten mit zeitweiliger Alkoholexposition in ihrer Jugend (zirka 10 bis 18 Jahren in Menschenjahren). Die Forscher beobachteten, dass sich ihr Arc-Gen durch das dCas9 normalisierte. Heißt: Ihre Angst und ihr Alkoholkonsum nahmen ab.
Entscheidend dabei waren Verhaltenstests. So dokumentierten die Forscher:innen die Erkundungsaktivität der Ratten in einem Labyrinth. Auch ihre Präferenz für Alkohol wurde gemessen, indem die Mengen an Flüssigkeit überwacht wurden, die sie konsumierten.
Durchbruch bei der Behandlung von Angststörungen und Alkoholmissbrauch?
Umgekehrt nahm die Angst und der Konsum von Alkohol bei Ratten ohne Alkoholexposition sogar zu, wenn das dCas9 hinzugegeben wurde. Dies zeigt laut den Wissenschaftler:innen, dass die Bearbeitung der Amygdala die Psychopathologie von Erwachsenen nach Alkoholexzessen im Jugendalter verbessern kann. Das mache Hoffnung, dass komplexe und facettenreiche Erkrankungen wie Angststörungen und Alkoholmissbrauch vielleicht bald therapiert werden können.
Die Alkoholberatung ist für Sie da, wenn Sie mit Fachpersonal über Ihren oder den Alkoholkonsum von Angehörigen sprechen möchten.