Recruitainment: So kreativ gehen Arbeitgeber auf Talentjagd [#rpTEN]
Talentkrieg erfordert Umdenken beim Recruiting
Unternehmen und Personaler müssten weg vom „Post-and-Pray“-Prinzip, sagt Ngan-Tram Ho Dac auf der diesjährigen re:publica in Berlin. Ho Dac arbeitet als Beraterin bei der Recruiting-Agentur young targets und auf der wichtigsten Netzkonferenz in Deutschland erklärt sie ihren Zuhörern die Zukunft der Talentsuche. „Eine traditionelle Stellenanzeige einfach nur ins Netz zu stellen und auf den Anruf eines geeigneten Bewerbers zu hoffen, sagt Ho Dac, reiche nicht mehr aus, um hochspezialisierte und junge Talente ins Unternehmen zu locken.
Deutlich mache dies einmal mehr der akute Fachkräftemangel, unter dem vor allem die IT- und High-Tech-Branche leidet. Laut einer Erhebung der Online-Jobbörse Stepstone richtet sich jede fünfte Stellenausschreibung in Deutschland an Ingenieure und Fachkräfte aus technischen Berufen.
Dicht gefolgt von IT-Fachkräften: Im März richteten sich 16 Prozent aller Stellenausschreibungen an IT-Spezialisten. Damit ist die Nachfrage im Vergleich zum Vorjahr um knapp 19 Prozent gestiegen, verglichen mit dem März 2014 hat sich der Personalbedarf sogar um ganze 30 Prozent erhöht. Dieser sogenannte „War for Talents“ zwingt Unternehmen zunehmend zum Umdenken. Innovative und gleichzeitig interaktive Lösungsansätze seien gefragt, erklärt Ho Dac und kommt sodann auf das neue Buzzword „Recruitainment“ zu sprechen.
Recruitainment ist Talentsuche mit Spaßfaktor
Hinter Recruitainment steht ihr zufolge eine unter Personalern zunehmend beliebte Methode der Talentsuche, die klassische Formen des Recruitings mit Infotainment und Unterhaltung verknüpft. Recruitainment bietet laut Ho Dac Vorteile für beide Seiten eines Bewerbungsprozesses: Während Nachwuchskräfte über verschiedene Events spielerisch über bestimmte Berufe innerhalb eines Unternehmens informiert werden, können Arbeitgeber gezielt Einblicke in die Persönlichkeit und fachlichen Kompetenzen ihrer Bewerber gewinnen.„Beim Recruitainment steht das gemeinsame Erlebnis im Vordergrund.“
Darüber hinaus können Unternehmen ihre Kultur erlebbar machen und jungen Talenten spielerisch aufzeigen, wie ihr zukünftiger Berufsalltag aussehen kann und wer die Köpfe des Arbeitgebers sind. Anders als zum Beispiel bei einem klassischen Vorstellungsgespräch, sagt Ho Dac, stehe beim Recruitainment „das gemeinsame Erleben in lockerer Atmosphäre“ im Vordergrund.
Wenn sich Nerds aus einem Container hacken
Wie so etwas aussehen kann, zeigen zahlreiche Beispiele aus der Praxis. Ho Dac erzählt beispielsweise von einem IT-Job-Shuttle, einer kuratierten Bustour, die Nachwuchskräfte zu Unternehmen aus der Digitalwirtschaft in ihrer Region bringt. Vor Ort können Teilnehmer den potenziellen Arbeitgeber in Kurzvorträgen und Einzelgesprächen kennenlernen. Ein Quiz mit abschließender Preisverleihung gibt dem Event eine spielerische Note.
Es geht aber auch abenteuerlich: Beliebt seien Ho Dac zufolge etwa sogenannte „Live-Escape-Games“. Bei diesen Events wird eine Gruppe von Bewerbern in einen geschlossenen Container gesperrt. Dort müssen sie innerhalb eines gesetzten Zeitlimits mehrere Aufgaben erfüllen und einen Weg finden, sich aus dem Raum zu befreien. Der Clou: Neben den üblichen Soft-Skills wie Teamfähigkeit und analytischem Denkvermögen müssen Teilnehmer auch ihre Fähigkeiten in Programmiersprachen wie Python oder Ruby on Rails unter Beweis stellen.
Bevorzugt eignen sich solche und andere Recruitainment-Events übrigens für junge Talente aus der Generation Y oder Z. Beide Bevölkerungsgruppen weisen eine hohe Affinität zur Digitalisierung auf und streben eine besonders hohe Work-Life-Balance an. Sie sind der Meinung, dass nicht sie als Bewerber zum Arbeitgeber passen müssen, sondern der Arbeitgeber zu ihnen. Insofern adressiert Recruitainment diese Bedürfnisse in vielerlei Hinsicht.
Was eine Recruitainment-Kampagne kostet
Was aber kostet der Spaß eigentlich? Laut Ho Dac hängen die Kosten für die Umsetzung einer Recruitainment-Kampagne in erster Linie davon ab, ob sich Unternehmen allein oder im kollektiv mit anderen Wettbewerbern präsentieren. Schließen sich mehrere Arbeitgeberbeispielsweise für einen Job-Shuttle zusammen, lägen die Kosten im Durchschnitt bei 3.000 Euro.
„Häufig wollen sich Unternehmen nur mit ihrer eigenen Marke präsentieren und nicht im Umfeld der Konkurrenz für sich werben“, sagt Ho Dac. In diesem Fall könnte eine Kampagne auch schon mal mit bis zu 30.000 Euro zu Buche schlagen. Ob Personalern dies die Suche nach einer passenden Fachkraft wert ist, müssen sie selbst entscheiden. Zumindest zwei Dinge liegen aber auf der Hand: Mit Recruitainment lässt nicht nur der Bekanntheitsgrad des eigenen Unternehmens steigern, sondern auch die Anzahl qualifizierter Bewerbungen.