Die britische Neobank Revolut ist „nur noch“ 18 Milliarden US-Dollar wert – das zeigt die Wertberichtung eines Investors. Damit schrumpft der Unternehmenswert im Vergleich zur letzten Finanzierungsrunde um 46 Prozent, im Jahr 2021 lag sie nämlich noch bei 33 Milliarden Dollar.
Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, hat ein von Schroders verwalteter Investmentfonds in seinen am 17. April veröffentlichten Ergebnissen für 2022 eine Abschreibung in Höhe von 4,7 Millionen Pfund (5,8 Millionen Dollar) bekannt gemacht. Dadurch sank die Bewertung des von Schroders Capital Global Innovation Trust gehaltenen Anteils zum 31. Dezember auf 5,4 Millionen Pfund, verglichen mit 10,1 Millionen Pfund ein Jahr zuvor.
„Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen über unsere Bewertung“, sagte Revolut in einer per E-Mail an Bloomberg gesendeten Erklärung. „Seit unserer letzten Finanzierungsrunde, in der wir mit 33 Milliarden Dollar bewertet wurden, hat Revolut in allen seinen Märkten weiterhin eine starke Leistung erbracht, hat weiterhin Mitarbeiter eingestellt und expandiert und hat sein erstes volles Jahr der Rentabilität gemeldet.“
Bereits im vergangenen Monat hatte der Telegraph berichtet, dass Triplepoint Venture Growth BDC den Wert seiner Beteiligung an Revolut um 15 Prozent gesenkt hatte.
Sprung in die Gewinnzone
Zuvor hatte es Aufregung um die verspätete Vorlage der Bilanzen von Revolut gegeben. Der Jahresbericht für 2021 wurde erst mit monatelanger Verzögerung vorgelegt. Grund für die Verzögerung soll laut Revolut der Austausch der internen Buchführungssysteme gewesen sein.
Zwar zeigten die Zahlen dann, dass dem britischen Fintech mit einem Nettogewinn von 26 Millionen Pfund der Sprung in die Gewinnzone gelungen war – die Erträge stiegen um 33 Prozent auf über 850 Millionen Pfund, wobei sich vor allem das Geschäft mit Zahlungsdienstleistungen sowie Premiumkonten für Privatkunden und der Gewinn von Geschäftskunden auszahlte -, doch der eigene Wirtschaftsprüfer BDO LLP meldete immer noch Bedenken zum Jahresbericht an. Man habe sich nicht von der Lückenlosigkeit und vom Zustandekommen von Erträgen in Höhe von 477 Millionen Pfund (rund 540 Millionen Euro) überzeugen können. Die Neobank selbst betonte aber, dass die Gesamtsumme der Erträge nicht infrage gestellt wurde.
Der Fintech-Hype ist vorbei
Zuletzt hatte Revolut im Jahr 2021 rund 800 Millionen Dollar von Investoren bekommen. Seitdem ist in der Startup-Welt aber viel passiert. Jungunternehmen haben es im aktuellen Umfeld deutlich schwerer, an frisches Geld zu kommen, als noch im Boomjahr 2021.
Laut dem EY-Startup-Barometer flossen im Jahr 2022 noch 9,9 Milliarden Euro an deutsche Startups – 43 Prozent weniger als im Jahr 2021, als Investoren noch 17,4 Milliarden Euro an Jungunternehmen verteilten. Gerade die zuvor besonders gehypten Fintechs bekamen weniger Geld: Mit 1,3 Milliarden Euro verzeichnete der Bereich Fintech/Insurtech einen Rückgang von 65 Prozent. Ging es zu Zeiten des Geldregens von Risikokapitalgebern vor allem um schnelle Expansion, so schauen Investoren heute genauer auf die Monetarisierungsstrategien der Fintechs.
Auch N26 und Klarna mit Bewertungs-Crash
Revolut ist nicht das einzige Finanz-Startup, das gerade eine Abwertung hinnehmen muss. Bereits im Sommer 2022 kam es bei dem einst wertvollsten Startup Europa, dem schwedischen Fintech Klarna, zum Bewertungs-Crash: Bei der jüngsten Finanzierungsrunde sammelte der Zahlungsdienstleister rund 800 Millionen Dollar bei einer Bewertung von 6,7 Milliarden Dollar ein – ein Einbruch von 85 Prozent, denn zuvor war Klarna auf 45,6 Milliarden Dollar taxiert worden.
Auch die deutsche Revolut-Konkurrentin N26 musste zuletzt das Schrumpfen des Unternehmensbewertung verkraften. Aktuell soll N26 rund drei Milliarden Dollar wert sein – und damit deutlich weniger als bei der letzten Finanzierungsrunde im Oktober 2021, als die Neobank rund 900 Millionen Dollar eingesammelt hat und auf neun Milliarden Dollar taxiert wurde. Bekannt wurde die Abwertung von N26, weil der Allianz-Konzern gerade einen Käufer für seine Beteiligung an dem Berliner Startup sucht.
Das Wachstum der Neobanken dürfte sich auch schwerer gestalten, weil Aufsichtsbehörden ihnen stärker auf die Finger schauen. So deckelte die deutsche Finanzaufsicht Bafin etwa das Neukundengeschäft von N26, weil die Neobank erst einmal ihr Risikomanagement in Ordnung bringen soll. Klarna gerät mit seinem „Buy-Now-Pay-Later“-Ansatz unter Druck, weil die Ratenzahlungen auf europäischer Ebene stärker reguliert werden sollen.
Revolut hatte im vergangen Jahr zwar von der britischen Finanzaufsicht grünes Licht für sein Angebot von Kryptoprodukten und -dienstleistungen bekommen, doch die Neobank wartet immer noch auf eine britische Vollbanklizenz, die sie bereits im Jahr 2021 beantragt hat.
Die von Nikolay Storonsky gegründete Neobank startete ihr Geschäft im Jahr 2015 und hat mittlerweile rund 25 Millionen Kunden gewonnen.