Ring-Türklingel: Amazon gibt Aufnahmen eigenmächtig an Polizei weiter
Sich zu Hause besonders sicher fühlen, auch wenn man unterwegs ist – mit Amazons Türklingel Ring soll das möglich sein. Die smarte Videoklingel erfasst Bewegungen im nahen Umkreis und teilt den Eigentümer:innen über eine separate App sofort mit, wenn es an der Tür klingelt. Sie können dann von überall aus sehen, wer an der Tür ist, und auch mit demjenigen kommunizieren.
Theoretisch klingt das durchaus sinnvoll. Doch in der Praxis ist Eigentümer:innen wie Besucher:innen völlig unklar, was eigentlich mit den Videoaufzeichnungen der Türklingel passiert, die ungesichert auf Amazons Servern liegen.
Was man sicher nicht erwartet: dass die Aufnahmen ohne Weiteres in den Händen der Polizei landen.
Doch genau das könnte unter Umständen passieren. Denn wie jetzt bekannt wurde, gibt Amazon im Verdachtsfall die Aufnahmen von Ring direkt an die deutsche Polizei weiter – und zwar ohne richterliche Anordnung. Das bestätigte Amazon gegenüber dem Handelsblatt.
Ein:e Sprecher:in des Unternehmens betonte zwar, dass die Videos nur in dringenden Fällen und bei akuten Bedrohungen weitergegeben würden. Wie oft das allerdings vorkommt, lässt Amazon offen.
Gleiches Vorgehen und heftige Kritik in den USA
Mit diesem Vorgehen ist Amazon bereits in den USA angeeckt. Dort gab das Unternehmen umfangreiche Ring-Aufzeichnungen an die US-Strafverfolgungsbehörden weiter.
Dafür gab es weder Gerichtsbeschlüsse noch die ausdrückliche Zustimmung der Nutzer:innen. In diesem Zusammenhang wurde auch heftig die zunehmende Abhängigkeit der US-Polizei von privaten Sicherheitsanbietern kritisiert.
Ring berief sich damals auf die Rechtslage, nach der Informationen in bestimmten Fällen an Regierungsbehörden weitergegeben werden dürfen.
In Deutschland könnte Amazon gegen Datenschutzrecht verstoßen
In Deutschland sieht die Rechtslage wiederum anders aus. Wird Videomaterial ohne richterliche Anordnung oder Zustimmung des Betroffenen weitergegeben, könnte das ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht bedeuten.
So sieht es jedenfalls der Datenschutzbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, Stefan Brink, der beim Handelsblatt auch auf mögliche Konsequenzen für Ring und Amazon hinweist: „Von der eigenmächtigen Herausgabe ihrer Daten betroffene Kund:innen können sich bei der Datenschutz-Aufsichtsbehörde über solche Unternehmen beschweren, denen Untersagungen, Bußgelder und Schadensersatzpflichten drohen.“
Auch der SPD-Digitalpolitiker Jens Zimmermann kommt im Handelsblatt zu Wort. Er sieht vor allem die lange Speicherung und Verarbeitung der Aufzeichnungen von Ring kritisch und fordert mehr Transparenz für die Nutzer:innen.