Anzeige
Anzeige
MIT Technology Review News

Roboter als Chemielaborant: Organa versteht Anweisungen und erledigt Experimente – auch die langweiligen

Ein Forscherteam aus Toronto hat Robotik und Künstliche Intelligenz kombiniert, um ein Robotersystem speziell für die Arbeit im Chemielabor zu entwickeln. Ohne große Programmierkenntnisse können Chemiker mit der Organa genannten Entwicklung zusammenarbeiten.

Von MIT Technology Review Online
4 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige
Der Chemielabor-Roboter Organa im Einsatz. (Foto: Mit freundlicher Genehmigung der Forscher:innen Aspuru-Guzik, Shkurti et al.)

Pipettieren von Flüssigkeitsproben und das Wiederholen von immer gleichen Analysen: zugegeben – Laborarbeit kann für Wissenschaftler:innen ziemlich eintönig sein. Da liegt es nahe, einen Roboter für sich arbeiten zu lassen. Könnte er Experimente durchführen, Daten analysieren und Berichte erstellen?

Anzeige
Anzeige

Ein Forscherteam der Universität von Toronto hat sich dieser Frage angenommen und Organa entwickelt. Das ist ein Tischroboter, der chemische Experimente erledigen soll, indem er auf Computer-Vision und ein großes Sprachmodell setzt, das die verbalen Anweisungen der Wissenschaftler:innen als maschinenlesbare Daten an den Roboter weiterleitet.

Erste Schritte zur Automatisierung im Labor

„Man stelle sich einen Roboter vor, der mit einem menschlichen Wissenschaftler bei einem Chemieexperiment zusammenarbeiten kann“, sagt Alán Aspuru-Guzik, Chemiker, Informatiker und Materialwissenschaftler an der Universität von Toronto, einer der Leiter des Projekts. Aspuru-Guzik hat sich der Verbindung von Robotik und Künstlicher Intelligenz zum Einsatz in der Chemie verschrieben.  Seine Vision ist es, die herkömmliche Laborautomatisierung zu verbessern, um „schließlich einen KI-Wissenschaftler zu schaffen“, der ein Experiment durchführen, Fehler beheben und sogar Feedback zu den Ergebnissen geben kann.

Anzeige
Anzeige

Aspuru-Guzik und sein Team haben Organa so konzipiert, dass das System flexibel ist. Das bedeutet, dass es nicht nur eine Aufgabe oder einen Teil eines Experiments ausführt, wie es ein typisches stationäres Automatisierungssystem tun würde, sondern dass es auf Zuruf ein mehrstufiges Experiment durchführen kann. Das System ist außerdem mit Visualisierungstools ausgestattet, die den Fortschritt überwachen und Rückmeldung über den Verlauf des Experiments geben können.

„Dies ist eines der ersten Beispiele dafür, wie man eine bidirektionale Konversation mit einem KI-Assistenten für ein robotergestütztes Chemielabor führen kann“, kommentiert Milad Abolhasani den Roboter Organa. Er ist Chemie- und Materialingenieur an der North Carolina State University und nicht an dem Projekt beteiligt.

Anzeige
Anzeige

Roboter Organa versteht verbale Labor-Anweisungen

Die meisten automatisierten Laborgeräte lassen sich nicht ohne weiteres an die Bedürfnisse von Chemiker:innen anpassen oder umprogrammieren, sagt Florian Shkurti, Informatiker an der Universität von Toronto und Mitleiter des Projekts. Und selbst wenn dies der Fall wäre, müssten die Chemiker:innen über Programmierkenntnisse verfügen. Mit Organa ist das anders: Forscher:innen können ihre Experimente einfach durch Sprache vermitteln. Während die Wissenschaftler dem Roboter ihre Versuchsziele und den Versuchsaufbau mitteilen, übersetzt Organas LLM diese Anweisungen von der natürlichen Sprache in χDL-Codes, eine chemische Standardbeschreibungssprache. Der Algorithmus unterteilt die Codes in Schritte und Ziele und erstellt einen Ablaufplan für die Ausführung jeder Aufgabe. Gibt es eine mehrdeutige Anweisung oder ein unerwartetes Ergebnis, kann der Algorithmus die Wissenschaftler:innen auf das Problem hinweisen.

Neuronale Netze, Verstärkungs- und Imitatiosnlernen und große, multimodale KI-Modelle verleihen der Robotik gerade einen kräftigen Schub in Richtung „smarte Robotik“. Wie der Stand der Technik aussieht, welche Möglichkeiten KI in der Robotik bietet und welche Probleme noch zu lösen sind, behandelt MIT Technology Review in seiner Ausgabe 5/2024, die hier zu bestellen ist.

„Etwa zwei Drittel der Hardware-Komponenten von Organa bestehen aus handelsüblichen Teilen, was den Einsatz in verschiedenen Labors erleichtert“, sagt Aspuru-Guzik. Der Roboter verfügt über einen Kameradetektor, der sowohl undurchsichtige als auch transparente Objekte, wie zum Beispiel einen Kolben, erkennen kann.

Anzeige
Anzeige

19 Schritte und langweilige Aufgaben

Organas erste Aufgabe war die Charakterisierung der elektrochemischen Eigenschaften von Chinonen, den elektroaktiven Molekülen, die in wiederaufladbaren Batterien verwendet werden. Das Experiment besteht aus 19 parallelen Schritten, darunter chemische Routineschritte wie pH- und Löslichkeitstests, Umkristallisierung und eine elektrochemische Messung. Es umfasst auch eine langwierige Aufgabe: die Elektrodenvorreinigung, die bis zu sechs Stunden dauert. „Chemiker hassen das wirklich sehr“, sagt Shkurti.

Organa führte das 19-stufige Experiment in etwa der gleichen Zeit durch, die ein Mensch benötigen würde – mit vergleichbaren Ergebnissen. Die Effizienz war zwar nicht merklich besser als bei einem manuellen Durchlauf, aber der Roboter kann viel produktiver sein, wenn er über Nacht eingesetzt wird. „Wir haben immer den Vorteil, dass er 24 Stunden lang arbeiten kann“, sagt Shkurti. Abolhasani fügt hinzu: „Das spart unseren hochqualifizierten Wissenschaftler:innen viel Zeit, die sie nutzen können, um sich auf das wissenschaftliche Problem zu konzentrieren, anstatt diese Routineaufgaben im Labor zu erledigen.“

Feedback zu chemischen Diagrammen

Die vielleicht raffinierteste Funktion von Organa ist die Möglichkeit, Feedback zu den generierten Daten zu geben. „Wir waren überrascht, dass dieses visuelle Sprachmodell Ausreißer in chemischen Diagrammen erkennen kann“, erklärt Shkurti. Das System weist auch auf diese Mehrdeutigkeiten oder Unklarheiten hin und schlägt Methoden zur Fehlerbehebung vor.

Anzeige
Anzeige

Die Gruppe arbeitet nun daran, die Fähigkeit des LLM zu verbessern, Aufgaben zu planen und diese Pläne dann zu überarbeiten, um das System für experimentelle Unwägbarkeiten empfänglicher zu machen.

„Es gibt viel, was Roboterwissenschaftler den Wissenschaftlern anbieten können, um ihre Möglichkeiten zu erweitern und ihnen bessere Daten zu liefern“, sagt Shkurti. „Ich freue mich wirklich darauf, neue Möglichkeiten zu schaffen.“

Dieser Artikel stammt von der Journalistin Kristel Tjandra.

 

Bildergalerie: Roboter im Einsatz

Roboter in Action: Acht spannende Tech-Helfer im Einsatz Quelle: Diligent Robotics
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Kommentare

Community-Richtlinien

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Kommentar abgeben

Melde dich an, um Kommentare schreiben und mit anderen Leser:innen und unseren Autor:innen diskutieren zu können.

Anmelden und kommentieren

Du hast noch keinen t3n-Account? Hier registrieren

Anzeige
Anzeige