„Russisches Google“ Yandex will News-Sparte an „russisches Facebook“ verkaufen
Neben Facebook, Google und Twitter gibt es in Russland weitere, heimische Technologiegiganten, die von der Bevölkerung als Informationsquellen genutzt werden. Für noch mehr Kontrolle arbeitet Russland an einer Umstrukturierung seiner Medienbestände.
Wie die russische Presse laut Techcrunch berichtet, steht Yandex, das „russische Google“, aktuell in Verhandlungen über den Verkauf seiner Medien-Sparte. Als potentieller Käufer wird das Social-Media-Unternehmen V-Kontakte genannt. Mit der Angelegenheit vertraute Quellen bestätigen, dass Gespräche über einen Verkauf des Geschäftsbereichs, zu dem Yandex News, ein Nachrichtenaggregator, und Yandex Zen, eine Blogging-Plattform, gehören, in der letzten Phase sind. Die Gerüchte kochten das erste Mal auf, als der Druck innerhalb der EU erhöht wurde, Yandex zu sanktionieren.
Konsequenzen nach EU-Kritik
Der wichtige Yandex-Manager, Tigran Khudaverdyan, trat bereits als stellvertretender CEO und geschäftsführendes Vorstandsmitglied zurück, nachdem Yandex News von der EU beschuldigt wurde, eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von Kreml-Propaganda zu spielen. Die Anschuldigungen stammen vom ehemaligen Leiter der Nachrichtenabteilung von Yandex, Lev Gershenzon. „Der ehemalige Nachrichtenchef von Yandex beschuldigte das Unternehmen, ein ‚Schlüsselelement‘ beim Verbergen von Informationen über den Krieg in der Ukraine vor den Russen zu sein“, heißt es in der offiziellen Mitteilung der EU.
Durch die vollständige Veräußerung des Nachrichtengeschäfts könnte Yandex sich diesen Vorwürfen entziehen. Der potenzielle Käufer V-Kontakte gehört dem Unternehmen Mail.ru, das wiederum vom Kreml kontrolliert wird.
Verkauf statt Expansion
Eigentlich plante Yandex seit Jahren, international zu expandieren, und versuchte, die Haltung aufrechtzuhalten, dass es sich um eine neutrale Plattform handeln würde, die sich jedoch an geltende Gesetze innerhalb Russlands halten müsse. Zu den rechtlichen Beschränkungen, die online gelten, gehören Medienlizenzierungsregeln, was bedeutet, dass Yandex News nur Nachrichtenquellen anzeigen darf, die in einem offiziellen Register aufgeführt sind, das wiederum von der staatlichen Medienaufsichtsbehörde überwacht wird.
Laut Techcrunch wurden die Verkaufspläne beschleunigt, nachdem Anfang März neue Vorschriften eingeführt wurden, die die Berichterstattung über den Ukrainekrieg einschränken. Das russische Parlament verabschiedete ein neues Gesetz, das eine Strafe von bis zu 15 Jahren Gefängnis für jeden vorsieht, der mutmaßlich falsche Informationen über das russische Militär verbreitet. Offensichtlich hält es Yandex nicht mehr für tragbar, weiter im Medienbereich tätig zu sein, und will deshalb die News-Sparte loswerden und sich stattdessen mehr auf technologieorientierte Dienste konzentrieren. Im Gegensatz zu Yandex hat V-Kontakte keine Ambitionen, ein internationales Geschäft zu skalieren, sondern will die Wachstumsbemühungen auf lokale Märkte konzentrieren. „Wir wollen der einzige soziale Player in Russland, Belarus und anderen russischsprachigen Ländern sein“, bestätigte eine anonyme Quelle gegenüber Techcrunch.