Die spanische Santander Bank übernimmt das Kerngeschäft und die Technologieplattform des insolventen Zahlungsdienstleisters Wirecard. Das teilte der Insolvenzverwalter mit. Der Unternehmensstandort Aschheim soll erhalten bleiben, ein Großteil der noch verbliebenen Mitarbeiter im Geschäftsbereich Acquiring & Issuing können, wenn sie das wollen, offenbar als Teil des globalen Händlerservice-Teams von Santander weiterhin arbeiten.
Es handelt sich dabei um das europäische Kerngeschäft mit der Technologieplattform, das aus technologischer Sicht eigentlich Interessante am Wirecard-Konzern. Einige Ländergeschäfte, etwa in Brasilien, Rumänien und Nordamerika, waren bereits aus dem Unternehmen herausgelöst und gesondert verkauft worden, einige weitere Märkte, etwa in Südafrika und der Türkei, werden noch verkauft.
Für den Insolvenzverwalter ist das nicht nur ein schneller Erfolg – gut ein Vierteljahr ist die Eröffnung des Verfahrens erst her – sondern auch ein erstaunlicher. Denn immer wieder kamen in den ersten Wochen nach der Insolvenz neue Hiobsbotschaften und Skandale ans Licht, die dessen Arbeit nicht erleichtert haben dürften und im Hinblick auf das Vertrauen möglicher Käufer Gift waren. Noch ist die Transaktion allerdings nicht fixiert, die Kartellbehörden müssen noch zustimmen, wovon allerdings in diesem Fall auszugehen ist. Dass der Insolvenzverhalter gerade jetzt einen solchen Erfolg vermelden kann, dürfte auch seine Arbeit entscheidend erleichtern. Denn für Mittwoch stand die erste Gläubigerversammlung ins Haus.
Wirecard passt gut ins Portfolio der Santander-Bank
Für die Santander als spanische Großbank mit internationalem Geschäft passt das Investment. Sie kann somit nicht nur ihre Stellung im deutschen und europäischen Markt festigen, sondern dürfte (hoffentlich) auch technologisches Know-how im Payment-Umfeld eingekauft haben. Das Wirecard-Geschäft dürfte damit Teil der Santander-eigenen Marke Getnet werden, rund 500 Mitarbeiter sollen laut einer Mitteilung von Santander die Möglichkeit haben, hierhin zu wechseln. Zuletzt haben am Münchener Stammsitz der Wirecard AG noch etwa 580 von einst 1.600 Mitarbeitern für den insolventen Konzern gearbeitet.
Für die an der Insolvenz beteiligten Investoren dürfte das zwar ein Erfolg sein. Wie viel ihrer Investments sie allerdings retten können, steht in den Sternen. Denn von den Buchwerten der Wirecard war bekanntermaßen vieles nicht existent, wobei noch zu klären ist, was davon auf welchen Geschäftsbereich zu verbuchen sein wird. Neben der Santander-Bank hatte noch der Telekommunikationskonzern Lycamobile ernsthaftes Interesse am Wirecard-Kerngeschäft gezeigt. Zum Kaufpreis wurden, wie in solchen Fällen üblich, keine Angaben gemacht. Branchenkenner sehen einen Betrag von etwa 100 Millionen Euro als realistisch. Verglichen mit den in den Büchern verzeichneten, aber wohl nicht oder nur teilweise existenten 1,9 Milliarden aus den Asiengeschäften des Konzerns ist das ein schwacher Trost.