Was schlimm ist: Wenn der Chef den Posten bekommen hat, weil er einmal eine gute Leistung vollbracht hat, oder einfach an der Reihe war, aufzusteigen. Warum? Weil das häufig die Leute sind, die eine wichtige Sache nicht können: Führung. Dabei sollte das das einzig ausschlaggebende Argument – oder zumindest unter den Top 3 – sein
Denn nur weil jemand ganz besonders tolle Power-Point-Präsentationen baut oder gut darin ist, Budgets zu verwalten, heißt das noch lange nicht, dass sie oder er auch in der Lage ist, ein Team zu großer Leistung anzustiften. Alle fachlichen Kompetenzen – die lernbar sind – sind nämlich komplett nutzlos, wenn schlechte Stimmung zu Mitarbeiterausfällen, Produktivitätsverlust oder massiver Personalfluktuation führt.
Auf schlechte folgen oft gute Chefs
Trotzdem passiert es oft, dass Mitarbeiter mit Chefinnen und Chefs zusammenarbeiten, die nicht führen können. Das macht diese nicht zu schlechten Menschen, aber eben zu schlechten Führungskräften. Doch bei all den Nachteilen, die schlechte Vorgesetzte mitbringen, gibt es auch einen großen Vorteil: Sie sind als Negativbeispiele bei ihren Mitarbeitern so einprägsam, dass nachrückende Führungskräfte es oft deutlich besser machen, sobald sie am Zug sind.
Das hat zumindest eine Studie der US-amerikanischen University of Central Florida ergeben, die bereits vor zwei Jahren untersucht hat, wie sich schlechte Führung auf das eigene Führungsverhalten auswirkt. Auf den Punkt gebracht: häufig besser, als vielleicht angenommen.
„Die Führungsqualitäten kommen nicht von selbst mit der Beförderung.“
Die Wissenschaftler haben über Jahre hinweg mehrere Experimente durchgeführt und dabei unterschiedliche Verhaltensweisen von Chefs und Chefinnen untersucht. „Sie wiederholen die Muster später mit eigenen Angestellten nicht, sondern werden oft sogar außergewöhnlich gute Teamleader“, erklärt Management-Experte Shannon Taylor, der an der Studie beteiligt war.
„Sie können ihre eigenen Erfahrungen reflektieren und neu einordnen, sodass diese ihr Verhalten nicht negativ beeinflussen – und sie tatsächlich sogar zu besseren Führungskräften machen.“ Kurz und knapp kann das heißen: Wer angeschrien wird, wird nicht zwingend zum Choleriker. Oder: Wem nie zugehört wurde, der dürfte später ein offenes Ohr haben.
Das bedeutet aber leider nicht, dass schlechtes Führungsverhalten dadurch automatisch irgendwann ausgestorben sein wird. Denn nach wie vor kommen auch Leute zu Personalverantwortung, die meinen, dass ein autoritärer Führungsstil noch niemanden geschadet hätte. Langsam aber sicher lernen Unternehmen laut Taylor jedoch dazu und bringen angehenden Teamleadern durch Coachings gezielt das ABC der modernen Führung bei.
Denn klar ist auch: Die Führungsqualitäten kommen nicht von selbst mit der Beförderung – sie wollen mindestens genauso gelernt sein wie das Erstellen einer Power-Point-Präsentation oder das Aufstellen eines Budgetplans.
Danke für diesen Artikel. Mir kommen da folgende Fragen:
a) Gilt das auch für die „Führungskräfte der Familie“, die Eltern? Können Kinder schlechter Eltern noch gute Eltern werden, wenn sie das schlechte Verhalten der Eltern nur gut genug reflektieren?
b) Gilt auch der Umkehrschluss: Das auf gute Führungskräfte möglicherweise schlechtere Führungskräfte folgen, weil diese zwar ein gutes Vorbild hatten, aber nicht begriffen haben, daß manches unrefelektierte „kleinhirnbasierte, naheliegende Führungsverhalten“ (Brüllen, Befehlen, nicht zuhören, übermäßig kontrollieren) zwar irgendwie oft in unserer Natur steckt, aber leider komplett kontraproduktiv ist?