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Secret Packs ausprobiert: 30 Euro für Retouren ausgegeben – und seltsame Dinge bekommen

Nicht zustellbare Postsendungen, die man wie Wundertüten aus einem Automaten zieht: Was drin ist, erfährst du erst nach dem Kauf. Wir haben den neuen Trend Secret Packs ausprobiert.

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Was drin steckt, erfährt man erst hinterher: Secret-Packs-Automat bei Hannover. (Foto: t3n)

Ein nagelneues iPhone? Eine Großpackung Kabelbinder? Oder ein mondänes Abendkleid – ich weiß nicht, was ich kaufe, als ich einen Zehn-Euro-Schein in einen unscheinbaren Automaten bei Hannover stecke.

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Diese Ungewissheit ist Konzept: In den Fächern liegen Päckchen und Briefe mit Waren, die ihren Empfänger:innen in der EU nicht zugestellt werden konnten. Diese Sendungen kann man auch in größerer Zahl bei Ebay und darauf spezialisierten Großhändlern ersteigern – dann muss man allerdings mehr investieren als die zehn Euro, die mir nicht besonders wehtun.

Was in den Secret Packs steckt, lässt sich von außen nur bedingt erahnen. (Foto: t3n)

Die Zwillingsschwestern Constanze und Corinna Krumrey haben diese größere Investition gewagt: Neben Retourenpaketen, die sie gleich palettenweise kaufen, haben sie 7.500 Euro für den gebrauchten Automaten ausgegeben. Seit rund fünf Wochen steht er nun in der Hannoverschen Straße in Garbsen, zwischen 1.700 und 2.000 Paketen haben sie schon verkauft, schätzt Corinna Krumrey. Nach einem Zeitungsbericht sei die Nachfrage stark angestiegen, erzählt sie weiter: „Im Moment füllen wir drei Mal am Tag nach, am Wochenende auch mal acht Mal.“

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Auf Instagram und Tiktok informieren die Schwestern ihre Follower:innen, sobald neue Ware im Automaten gelandet ist. Käufer:innen sind aufgerufen, zu teilen, was sie aus den geheimnisvollen Umschlägen gezogen haben – neben Rückfahrkameras fürs Auto war auch schon eine Galaxy Watch von Samsung dabei, wie Corinna Krumrey berichtet.

Secret Packs: Unzustellbare Retouren werden zur Wundertüte

Was sich in den Secret Packs im Automaten befindet, lässt sich im Voraus nur erahnen: Ich erkenne ein paar Umschläge, die etwas Weiches enthalten dürften, vermutlich Kleidung. Dafür bin ich immer zu haben – um zehn Euro ärmer packe ich ein langes weißes Kleid aus, das ursprünglich von China nach Finnland geschickt wurde. Nicht unbedingt mein Stil (oder meine Größe), aber ich bin angefixt.

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Weitere zehn Euro später sieht es schon (etwas) tragbarer aus: ein schwarzes T-Shirt mit Aufdruck von „Tracksuit Robert Pattinson“ samt Schriftzug. Der hält noch eine weitere Überraschung parat, denn erst bei genauerem Hinsehen erkenne ich, dass da anstelle von „Robert“ tatsächlich „Bobert“ steht.

Zum Anziehen habe ich erst mal genug, denke ich, und versenke den dritten Zehner im Automaten: Dieses Mal entscheide ich mich für einen kleinen Umschlag, der eine rechteckige Schachtel enthält. Darin finde ich einen USB-zu-HDMI-Adapter – auch nicht unbedingt das, was ich mir erträumt hätte, aber immerhin einigermaßen praktisch.

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Zugegeben: Gekauft hätte ich mir nichts davon, aber so ganz schlecht ist die Ausbeute dann auch nicht. (Foto:t3n)

Weniger praktisch ist allerdings, wie süchtig die Secret Packs machen können – den Effekt merke ich sofort. Persönlich habe sie kein einziges Paket aufgemacht, erzählt Corinna Krumrey lachend: „Ich habe viel zu viel Angst, dass ich dann nicht mehr aufhören kann.“ Auch ich muss mich schlussendlich wirklich losreißen. Zu verlockend ist die Vorstellung, nur einen weiteren Versuch vom Jackpot – wie auch immer der aussehen mag – entfernt zu sein.

Zur Vernunft bringt mich nicht zuletzt die Frage, was ich mit dem ganzen Kram anstellen will. Zugegeben, sowohl Kleid als auch T-Shirt und Adapter würden regulär wohl auch (mindestens) zehn Euro kosten – insofern habe ich gefühlt keinen Verlust gemacht. Andererseits hätte ich mir aber auch keinen dieser Artikel unter normalen Umständen gekauft.

Nachhaltiges Modell oder Müllschleuder?

Ich bin zwiegespalten: Einerseits finde ich es gut, dass Retourensendungen, die sonst vielleicht sinnlos vernichtet worden wären, eine zweite Chance bekommen. Diese Hoffnung hat auch Corinna Krumrey. Gleichzeitig geben die Secret-Packs-Käufer:innen aber Geld aus für unglaublich viel Plunder, den sie nicht benötigen und vermutlich oft auch nicht behalten wollen.

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Auch Marco Atzberger vom EHI Retail Institute kennt das Geschäftsmodell, und wundert sich nicht über den Trend. Die Automaten seien ein schönes Beispiel für einen „Erlebniseinkauf“, erklärt er mir, „ein rätselhaftes Spiel“ für die Käufer:innen. Dass die Secret Packs aber das Retourenproblem lösen und den Versandhandel nachhaltiger machen, glaubt Atzberger nicht. Sie seien eine „attraktive Verwertungsmöglichkeit“, aber, so betont der Handelsexperte, „am besten wäre es, der Prozess wäre sauber durchgelaufen und die Produkte wären wie gewünscht da angekommen, wo sie bestellt wurden, und dort verblieben.“

Atzberger rechnet auch nicht damit, dass wir bald an jeder Ecke Secret-Pack-Automaten sehen werden: „Die Marktbedeutung wird beschränkt bleiben auf Menschen, die wirklich mal ein Spiel spielen, ein bisschen Spannung erleben wollen.“

Darin finde ich mich wieder: Auch mich haben Neugierde und das Überraschungserlebnis an den Automaten – und in den Besitz des Kleides, des Bobert-Pattinson-Shirts und des Adapters – gebracht. Was also wird jetzt daraus? Für den Adapter findet sich bestimmt im Büro noch ein warmes Plätzchen – und Klamotten, die ich nicht mehr trage, spende ich normalerweise ans örtliche Sozialkaufhaus. Das weiße Kleid fühlt sich jedoch so sehr nach Plastik an, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass daran noch jemand Freude haben wird. Bleibt am Ende also doch nur die Mülltonne?

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