Bei Selbstbewusstsein denken viele Menschen an eine reine Wachstumsstrategie: hier mein Startpunkt, dort mein Ziel – rauf da. Aber so läuft es nicht. Selbstbewusstsein schwingt über die Lebensspanne eher wie ein Kind auf einer Bungeeschaukel. Hoch, runter, hoch, runter. Und wenn man sich zu leicht fühlt, dann hängt man phasenweise einfach nur in der Luft. Unschön.
Selbstbewusstsein birgt ein großes Versprechen: Bist du selbstbewusst, dann fühlst du dich stabiler. Du hältst Angriffe besser aus und wirst bald weniger Attacken ausgesetzt sein. Die Idee von Selbstbewusstsein lässt auf innere Ruhe und Stärke hoffen. Aber Selbstbewusstsein lässt sich nicht herbeidenken – ganz im Gegenteil. Wer grübelt, der findet eher Gedanken in sich, die das Selbstbewusstsein ankratzen. Was also tun?
Selbstbewusstsein ist Selbstachtung ist selbstgemacht
Vor allem ist Selbstbewusstsein keine isolierte Eigenschaft. Es setzt sich zusammen aus anderen Faktoren. Ein stärkeres Selbstgefühl fühlen Menschen, wenn sie sich in ihrem täglichen Umfeld wohlfühlen. Wenn sie erfolgreich sind und das gespiegelt bekommen. Und wenn sie selbst spüren, dass das, was sie tun, gut ist. Selbstbewusstsein entsteht also aus Handlungen. Das ist interessant, weil fehlendes Selbstbewusstsein auch vom Handeln abhalten kann. So verstärkt sich dieser Mangel immer wieder selbst.
Belegt wird dieser Kreislauf von der Forschung zum sogenannten Flourishing – dem Aufblühen. Eine Gruppe von Management-Forscherinnen hat vor einigen Jahren untersucht, wie sich bestimmte Handlungen am Arbeitsplatz auf Teams und einzelne Mitglieder auswirken. Im Fokus steht die Selbstachtung und wie wir sie beeinflussen können. Das hier haben sie beobachtet:
- Halfen Menschen einander, dann waren sie zufriedener mit ihren Jobs.
- Wer kleine Geschenke machte, erlebte seine Arbeit als bedeutsamer.
- Freundschaft am Arbeitsplatz war mit positiven Gefühlen verbunden.
- Persönliches Wachstum hatte eine starke Verbindung zu Lebenszufriedenheit.
All diesen Faktoren ist gemein, dass jeder Mensch sie für sich selbst beeinflussen kann. Es sind kleine Handlungen. Du kannst noch heute einer anderen Person einen Gefallen tun. Du kannst noch heute eine Geste der Freundschaft vorbereiten. Du kannst noch heute etwas lernen. Du kannst noch heute fragen, wie du jemandem helfen kannst. Und du kannst dich jeden Abend an das erinnern, was du an diesem Tag Gutes getan hast. Vermutlich ist es so einiges, auch ohne Plan.
Für dich, für andere, für alle
Der Vorteil dieser kleinen Handlungen ist, dass alle davon profitieren. Du tust den anderen etwas Gutes und du hast dabei klar im Hinterkopf, dass du auch an dir selbst arbeitest – und dass das okay ist. Du musst es nicht die ganze Zeit tun, du musst nicht jedem gefallen. Aber du kannst für dich selbst etwas tun, das anderen auch guttut. Gleichzeitig kannst du mit diesen kleinen Gesten auch sozialen Ängsten entgegenwirken, denn Selbstachtung stärkt nicht nur die eigene Resilienz, sondern auch im Umgang mit anderen.
Selbstbewusstsein, da müssen wir uns nichts vormachen, ist eine Folge sozialer Ungleichheit. Es kann anerzogen werden oder eben nicht. Es kann diktiert werden und daran vielleicht scheitern. Es kann tief verwurzelt sein – oder oberflächlich dargestellt. Aber es ist eben auch beeinflussbar. Das ist ein langer Weg und er beginnt mit kleinen Gesten unter Kolleginnen und Kollegen.