SEO-Check: Das sind die sichtbarsten Politiker:innen bei Google
Früher wie heute gilt: Politik braucht Vermittlung. Doch wie kann politische Informationsvermittlung im 21. Jahrhundert gelingen? Während soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram und Twitter unter den Abgeordneten des Deutsche Bundestages weit verbreitet sind, scheint ein anderes Tool häufig in Vergessenheit zu geraten: die eigene Website. Zwar besitzen rund 93 Prozent aller MdB eine eigene Internetpräsenz, doch stellt sich die Frage, wie sichtbar ihre Inhalte in den unendlichen Weiten von Google, Bing und Co überhaupt sind.
Ob öffentliches Aushängeschild, digitale Visitenkarte, Meinungs- oder Blog-Medium – im Gegensatz zu vielen sozialen Netzwerken haben Abgeordnete im Rahmen ihrer persönlichen Website die Möglichkeit, ausführlich über ihre politische Arbeit, ihre Positionen und Entscheidungen zu berichten. Doch was bringt die beste Berichterstattung, wenn die Inhalte von niemandem im Netz gefunden werden?
Political-Visibility-Index: Wer ist besonders gut sichtbar bei Google?
Um zu beantworten, wie sichtbar die Websites der Politiker:innen wirklich sind, kann der Political-Visibility-Index helfen. Er untersucht die organische Sichtbarkeit aller 736 Abgeordneten-Websites auf Grundlage der folgenden Fragestellungen: Welche:r Abgeordnete erzielt die meisten Keyword-Rankings? Wer landet am häufigsten mit seiner Website auf Seite 1 bei Google? Und wer schafft es, nicht nur für die eigene Person und für sein Amt, sondern auch für seine Inhalte und politischen Themen sichtbar zu werden?
Das Ergebnis im Überblick:
- Christian Lindner
- Sahra Wagenknecht
- Lars Klingbeil
- Reinhard Brandl
- Annalena Baerbock
- Matthias Gastel
- Mario Czaja
- Karl Lauterbach
- Friedrich Merz
- Armin Laschet
- Monika Grütters
- Anja Karliczek
- Jens Spahn
- Wolfgang Schäuble
- Hubertus Heil
- Olaf Scholz
- Katja Kipping
- Cem Özdemir
- Rolf Mützenich
- Ralph Brinkhaus
Mit rund 533 Keyword-Rankings auf Seite 1 bei Google erzielt die Website des FDP-Politikers und neuen Finanzministers Christian Linder mit deutlichem Vorsprung die größte Sichtbarkeit. Auf Platz 2 folgt die Linken-Abgeordnete Sahra Wagenknecht (394 Keyword-Rankings in den Google-Top-10) vor Lars Klingbeil von der SPD (386).
Inhalte spielen (k)eine große Rolle
Doch was lässt sich aus diesen Ergebnissen schließen? Zunächst lässt sich festhalten: Große Namen bringen (offensichtlich) große Sichtbarkeit. Je populärer ein:e Politiker:in in Medien und Gesellschaft ist, desto mehr Keyword-Rankings und Suchanfragen werden zwangsläufig auch rund um seinen oder ihren Namen erzielt. So landen wenig überraschend mit Lindner, Wagenknecht und Klingbeil drei deutschlandweit bekannte Persönlichkeiten im Ranking ganz vorne. Auch die ehemaligen Kanzlerkandidat:innen Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Armin Laschet erreichen gute Platzierungen in den Top 20.
Zur Wahrheit gehört an dieser Stelle jedoch auch: Fast keine:r der deutschen Spitzenpolitiker:innen schafft es mit der eigenen Website, für politische Inhalte und Themen sichtbar zu werden. Stattdessen basieren die meisten Rankings allein auf Namen (zum Beispiel „Lindner“) oder Amt (zum Beispiel „neuer Finanzminister“) der:des Abgeordneten.
Es gibt jedoch auch Ausnahmen: Die manchen vielleicht weniger bekannten MdB Reinhard Brandl (CSU), Matthias Gastel (Grüne) und Mario Czaja (CDU) stellen im Political-Visibility-Index positive Beispiele dar und zeigen, was im Bereich Political SEO möglich ist. Alle drei sind nämlich nicht nur in den Top 20 vertreten, sondern erzielen außerdem sehr gute Rankings, was ihre Schwerpunkthemen oder ihre lokalen Wahlkreise betrifft. Als Vierter im Gesamtranking verpasst der CSU-Abgeordnete Brandl das Treppchen sogar nur sehr knapp, ist aber immerhin der sichtbarste Politiker der Unionsfraktion – noch vor Laschet, Merz und Spahn.
Dafür ranken Brandl, Gastel und Czaja
Doch wofür ranken die Websites von Brandl, Gastel und Czaja konkret bei Google? Ein Blick in den Suchmaschinenraum zeigt: Reinhard Brandl von der CSU erzielt vor allem gute Keyword-Rankings für Themen, die seinen Wahlkreis betreffen: Ob lokale Events und Veranstaltungen oder aktuelle Informationen zu Corona-Schnelltests vor Ort – mit 327 Keyword-Platzierungen in den Top 10 bei Google ist Brandl mit seiner Website nicht nur in seiner Heimatregion präsent – er ist zugleich einer der im Netz sichtbarsten Politiker Deutschlands.
Matthias Gastel von den Grünen kommt auf rund 291 Keyword-Rankings. Er erzielt besonders viele Top-10-Ergebnisse rund um das Thema Bahnpolitik. Kein Wunder: Als Mitglied des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie als Sprecher für Bahnpolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen handelt es sich dabei um sein absolutes Schwerpunktthema.
Mit 281 Keyword-Rankings auf Seite 1 landet Mario Czaja von der CDU aus Berlin nur knapp hinter Gastel auf Platz 5 im Gesamt-Ranking. Seine Website ist besonders für kommunale Themen und Orte in seinem Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf sichtbar, zum Beispiel geht es dort ausführlich um die örtliche Freibad-Sanierung. Das kommt nicht nur in der Suchmaschine gut an: Bei der Bundestagswahl in diesem Jahr konnte er den Wahlkreis im Osten Berlins erstmalig seit 20 Jahren vor der Linken Petra Pau gewinnen und zog als direkt gewählter Kandidat ins Parlament ein.
Fazit: Content still matters – auch in der Politik
Was können wir – und ebenso die Politiker:innen – schlussendlich vom Political-Visibility-Index lernen? Erstens: Popularität ist zwar cool, aber im Bereich SEO längst nicht alles. Und zweitens: Guter Content still matters – auch in der Politik! Denn nur wer die Inhalte auf seiner Website stetig pflegt, updatet und erweitert, hat langfristig die Möglichkeit, seine Sichtbarkeit auszubauen und auch für seine inhaltlichen Positionen wahrgenommen zu werden. Einzig: Die meisten Politiker:innen lassen SEO als Chance immer noch völlig ungenutzt.
Funfact: Die Website eines durchschnittlichen Bundestagsabgeordneten kommt gerade einmal auf 31 Keyword-Rankings in den Google-Top-10.