
Über viele Jahre ist der Shoplösungsanbieter Shopify mit seinem SaaS-Cloud-Ansatz stetig gewachsen. Doch in der aktuellen Krise kann sich das Unternehmen von den Geschäftseinbrüchen und Krisenszenarien nicht komplett abkoppeln. Die Folge: Shopify muss sich in Zukunft wieder mehr auf sein Kerngeschäft konzentrieren und schließt daher die Logistiksparte. Außerdem muss jede:r fünfte Mitarbeitende gehen.
Für die Logistiksparte hat das Unternehmen bereits mit Flexport einen Käufer gefunden – und informiert die Mitarbeitenden per E-Mail, ob sie von der Kündigungswelle betroffen sind. „In den nächsten fünf Minuten erhalten Sie ein Follow-up, in dem Sie erfahren, ob Sie betroffen sind.
Es gibt keine Möglichkeit, diese Nachricht schönzureden, aber wir haben ein Paket geschnürt, mit dem wir versuchen werden, aus einem schlechten Tag die bestmögliche Version zu machen“, erklärt Gründer Tobias Lütke in einer Unternehmensmitteilung.
Er erklärt, dass das Unternehmen in Zukunft wieder mehr zu seinen Hauptaufgaben zurückfinden müsse, sich aufs Kerngeschäft fokussieren werde. In einer guten Wirtschaftslage könne man auch mal zusätzliche Geschäftsfelder angehen, doch aktuell werde das Geschäft schneller und härter, erklärt das Unternehmen.
Gleichzeitig stehe man an der Schwelle zur KI-Ära, die es den Handelsunternehmen ermögliche, vieles zu automatisieren und mit Machine-Learning-Features aufzubohren.
Richtiger Zeitpunkt für Exit im Logistikgeschäft
Verbunden mit der getroffenen Einteilung in Hauptaufgaben und Nebenaufgaben ist aber die Erkenntnis, dass der Aufbau einer Logistikinfrastruktur lediglich als Nebenaufgabe gesehen werden könne, in die jedes E-Commerce-Unternehmen irgendwann hineingezogen werde, weil die Interaktion der Logistikbranche und der Händler koordiniert werden müsse.
Shopify habe beschlossen, eine Software-adressierbare Logistik zu schaffen. „Lagerhäuser, Robotik, Transport, Crossdock, Fracht. Schritt für Schritt haben wir durch Software, Mietverträge, Fusionen und Übernahmen eine Lösung aufgebaut, die eines Tages ein unabhängiges Unternehmen sein könnte. Shopify war der perfekte Ort, um dieses Vorhaben von 0 auf 1 zu bringen, und das haben wir geschafft“, erklärt Lütke.
Jetzt sei der richtige Zeitpunkt für den Exit gekommen – und mit Flexport auch der richtige Partner dafür da. „Die Einbringung unserer Arbeit in Flexport unter der Leitung von Harish Abbott ermöglicht es, dass alles, was Shopify Logistics betrifft, ehrgeiziger und globaler wird. Das Hauptanliegen von Flexport ist es, die globalen Lieferketten effizienter zu gestalten und die Software adressierbar zu machen, daher ist dies das perfekte Zuhause für diesen Teil von Shopify.“
Rund 2.300 Mitarbeitende werden von der damit verbundenen Kündigungswelle betroffen sein. Diese sollen allerdings eine Abfindung erhalten, die aus einem Sockelbetrag von rund vier Monatsgehältern plus einem Wochengehalt pro Jahr der Zugehörigkeit bestehe. Auch die Versicherungen – in den USA nicht zwingend Standard – sollen so lange weitergeführt werden.
Außerdem gibt es Outplacement-Dienstleistungen und die gestellten Büromöbel sowie ein Arbeitslaptop werden übernommen, wenn Mitarbeitende das wünschen. Zusätzlich gibt’s kostenlosen Zugang zum erweiterten Shopify-Plan, falls sich der:die Mitarbeitende selbstständig als Händler betätigen will.
Schon im vergangenen Jahr hatte Shopify 1.000 Mitarbeitenden gekündigt. „Es ist das Richtige für Shopify, aber es wirkt sich negativ auf viele Teammitglieder aus, die wir bewundern und mit denen wir gern zusammenarbeiten“, erklärt Lütke. „Ich bin davon überzeugt, dass jedes Unternehmen, das Bestand hat, es sich zur Gewohnheit macht, das Richtige zu tun, auch wenn es sich nicht als einfach herausstellt. Dennoch wird es nicht leichter, eine Entscheidung wie diese zu treffen, und ich hoffe, das wird es auch nie.“