Social-Media-Recht: Was du darfst und was nicht [#rp13]
Licht im digitalen Paragraphendschungel

Experten im Social-Media-Recht: Henning Krieg und Thorsten Feldmann. (Foto: t3n.de)
Seit 2009 veranstalten die Rechtsanwälte Thorsten Feldmann und Henning Krieg auf der re:publica in Berlin einen Workshop zu den rechtlichen Aspekten des Schreibens und Publizierens im Netz und der Nutzung von Social Media. Auch dieses Jahr haben sie – in einer Session, die aufgrund der unglaublich vielen Nachfragen von vornherein dazu verdammt ist zu überziehen – versucht, den digitalen Paragraphendschungel ein bisschen zu lichten. Nicht immer sind ihre Hinweise neu, das große Interesse aber zeigt: Sie sind so aktuell wie eh und je. Die wichtigsten Tipps aus diesem Jahr haben wir für euch zusammengefasst.
Fotos: Es gibt keine Schöpfungshöhe
Was klingt wie ein No-Brainer stellen Feldmann und Krieg an den Anfang ihres Jahresrückblicks. Bei Fotos gibt es gleich zwei Rechte, die man beachten muss: das Recht am Foto selbst und das Recht am Motiv. Beide muss man einholen, will man ein Bild veröffentlichen. Ebenfalls wichtig: Anders als beispielsweise bei Texten gibt es bei Fotos keine Schöpfungshöhe, selbst der misslungenste Schnappschuss ist urheberrechtlich geschützt. Für Feldmann und Krieg ist diese rechtliche Regelung zwar „krass absurd aus der Zeit gefallen“, sie hat aber Bestand. In England überlegt man übrigens, Bilder, deren Urheber nicht ausfindig zu machen ist, gemeinfrei zu erklären, was bedeuten würde, dass Fotos, die geschützt werden sollen, in einer Datenbank registriert werden müssten. Ob dieser „Instagram-Act“ wirklich durchkommt, entscheidet sich wohl noch dieses Jahr.
Stockfotos: Achtet auf die Richtlinien!
Gerade bei Stockfotos raten Feldmann und Krieg dazu, penibel auf die Einhaltung der Richtlinien zu achten. Ganz besonders gelte das beispielsweise für die Auflösung von Fotos und die Nennung von Quelle und Urheber.
Social-Media-Recht: Kippt der BGH das Embedden?
Beim Embedden von Inhalten sind sich die Gerichte in Deutschland nicht wirklich einig. Ist es ein Urheberrechts-Verstoß, ein YouTube-Video auf dem eigenen Blog einzubinden oder nicht? Ein wichtiges Datum für dieses Thema ist der 16. Mai. An diesem Tag entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Fall über das Embedden – und Feldmann und Krieg glauben, dass das Gericht in diesem Zusammenhang auch ein Grundsatzurteil fällen könnte. Würde der Bundesgerichtshof das Embedden wirklich kippen, würde das eine Lawine im Netz auslösen – wohl kaum ein Blog hat noch keine fremden Inhalte eingebunden.
Links und Vorschaubilder: unklares Social-Media-Recht
Eine gute Nachricht, die nicht neu ist, aber nicht oft genug wiederholt werden kann: Links sind grundsätzlich unproblematisch – mit einer Ausnahme: Sie dürfen nur auf Seiten verweisen, die nicht durch technische Maßnahmen vor dem Verlinken geschützt wurden. Bei Vorschaubildern allerdings sieht das anders aus. Facebook etwa zieht beim Verlinken von Seiten automatisch Überschrift, Vorspann und Vorschaubild und baut daraus ein sogenanntes Snippet. Während Überschrift und Vorspann noch unproblematisch sind, ist es das Vorschaubild nicht unbedingt. Zwar betonen Feldmann und Krieg, dass die Situation hier unklar ist, es ließe sich aber durchaus diskutieren, ob diese Bilder eine Urheberrechtsverletzung darstellen. Wäre das aber der Fall, hätten wir alleine auf Facebook Millionen von Verstößen – jeden Tag. Dagegen halten die Juristen, dass diese Vorschaubilder, die es beispielsweise auch bei der Google-Bildersuche gibt, zu den grundlegenden Mechanismen des Internets gehören: „So funktioniert halt das Internet.“ Dazu kommt, dass beispielsweise Verlagshäuser durch die Einbindung von Share-Buttons ausdrücklich dazu auffordern, ihre Inhalte mit dieser Funktion zu teilen. Ein Problem dabei: In den wenigsten Fällen haben die Verlage selbst die Rechte an den Bildern, die sie veröffentlichen. Eine komplizierte Situation. Feldmann und Krieg aber raten erst einmal dazu, gelassen zu bleiben. „Keine Panik!“ lautet ihr Credo in diesem Punkt.
WordPress, Tumblr und Co.: Rebloggen ist ein Problem
Viele Blog-Plattformen bieten die Funktion an, Inhalte zu rebloggen – sie also mit einem Klick auf der eigenen Seite zu posten. Ganz klare Ansage der beiden Rechtsanwälte: Sind diese Inhalte geschützt, ist auch das Rebloggen tabu. „Bitte passt da auf!“, mahnen sie. „Verwechselt nicht die technischen Möglichkeiten mit dem rechtlich Zulässigen.“ Gerade mit Blick auf Tumblr und Pinterest warnen sie noch vor einem zweiten Punkt: Je viraler ein Bild ist, desto größer sei die Gefahr. Es habe bereits Fälle gegeben, in denen Agenturen sich nachträglich die Rechte an Fotos gesichert hätten, die gerade besonders oft geteilt werden, um dann Massenabmahnungen zu verschicken. Wichtig hierbei: „Es gibt keinen gutgläubigen Erwerb von Rechten“, was bedeutet: Nur der Rechteinhaber kann euch die Rechte einräumen. Habt ihr diese von jemanden erhalten, der dazu gar nicht befugt war, haftet ihr.
Creative Commons: „Finger weg von der NC-Lizenz“
Was Feldmann und Krieg über Stockfotos sagen, gilt auch für Inhalte, die unter einer Creative-Commons-Lizenz stehen. Schwierig hierbei, so Feldmann, sei die Non-Commercial-Lizenz – vor allem deshalb, weil sich die Frage, wann eine Seite kommerziell sei, nicht immer eindeutig beantworten lasse. Er rate deshalb seinen Mandanten leider dazu, die Finger von den NC-Lizenz zu lassen. Interessant dabei: Auch gemeinnützige Organisationen sind kommerziell.
Fan-Kauf: ein wettbewerbsrechtliches Problem
Der Kauf beispielsweise von Facebook-Fans wird immer wieder diskutiert. Was dabei selten zur Sprache kommt, ist die Frage, ob solche Käufe ein rechtliches Problem darstellen. Feldmann und Krieg stellen klar: Werden diese Fans beispielsweise als Kunden ausgegeben, könne das durchaus eine Wettbewerbs-Verzerrung sein. Und auch die Voraussetzung eines Likes für die Teilnahme an Facebook-Gewinnspielen werde derzeit diskutiert. Ein weiteres schwieriges Feld: Fake-Profile. Setzen Unternehmen diese ein, haben sie unter Umständen ein Problem. Gerade bei Google+, wo diese Profile suchmaschinenrelevant sind, könne auch das wettbewerbsrechtliche Folgen haben.
Wer haftet für fremden Content?
Angenommen, ein User postet ein Foto auf der Facebook-Pinnwand eines Unternehmens – und keiner von beiden hat die Rechte an diesem Bild: Wer haftet in einem solchen Fall? Klare Antwort von Feldmann und Krieg: Solange der Seitenbetreiber keine Kenntnis von solchen Inhalten hat, ist er aus dem Schneider. Sobald er davon weiß, muss er handeln. Wichtig zu wissen: Liked oder kommentiert der Seitenbetreiber die Inhalte, heißt das eindeutig, er hat Kenntnis gehabt. Hier ist also Vorsicht angesagt.
Leistungsschutzrecht: unsauber, unsicher, unsinnig
Es sind wenig Worte, die Feldmann und Krieg über das geplante Leistungsschutzrecht verlieren, aber sie sind deutlich. Man könne rechtliche für beide Seiten argumentieren, so die Juristen, das geplante Gesetz aber sei handwerklich extrem unsauber, es biete eine krasse Rechtsunsicherheit und diene in dieser Form keiner der Interessensparteien. Punkt.
Die leidige Impressumspflicht
Die Impressumspflicht ist auf jeder der bisherigen re:publica-Sessions von Feldmann und Krieg ein wichtiges, viel diskutiertes Thema gewesen. An diesem Punkt aber waren die beiden in diesem Jahr schon dermaßen über die Zeit, dass sie sich auf einen Hinweis konzentriert haben: die Seite anbieterkennung.de. Hier werde das Thema gut uns ausführlich erklärt. Für alle weiteren offenen Fragen werden wir kommende Gerichtsurteile abwarten müssen – und die diskutieren Feldmann und Krieg dann im nächsten Jahr auf der re:publica.
Weiterführende Links
- Henning Krieg – Homepage
- Thorsten Feldmann – Homepage
- anbieterkennung.de – Homepage
- Facebook will härter gegen Richtlinien-Verstöße vorgehen – t3n.de
Bezüglich des Embedding vielleicht auch hier nochmal der Hinweis, den die geschätzte RAin Nina Diercks bereits in der Session gab (obwohl ich bezweifle, dass der hier unten gelesen wird): Der vor dem BGH liegende Fall befasst sich zwar auch mit dem Embedden – aber mit dem Problem, dass bereits das Video, das dann embedded wurde, rechtswidrig bei YouTube hochgeladen wurde.
Damit ist eben leider nicht die Embeddigfunktion der tragende Punkt. Und ich bin mir noch unsicher, ob der BGH sich zu anderen Sachlagen äußern möchte.
Nina hat das ausführlich dargestellt: http://socialmediarecht.wordpress.com/2013/04/19/verbietet-der-bgh-das-embedding-von-youtube-videos/
@Hubert: Kommentare werden gerne und fast immer gelesen – jedenfalls von mir ;-). Danke für Info + Link!
Auch von mir danke für den Kommentar und die Links, Hubert. Vielleicht habe ich das im Text nicht deutlich genug gemacht, als ich schrieb, dass der BGH „in einem Fall“ über das Embedden entscheidet, dass Feldmann und Krieg aber glauben, und das haben sie in der Session eben auch gesagt, „dass das Gericht in diesem Zusammenhang auch ein Grundsatzurteil fällen könnte“. Die Ausführungen der Kollegin sind aber auf jeden Fall hilfreich!
Danke für euer positives Feedback :)