Es sah zunächst aus wie eine nette Geste: Der Sohn, der seinem Vater einen Tee zubereitet hatte, fügte diesem vor dessen Augen eine Prise „weißes Pulver“ bei. Es handele sich um einen völlig sicheren Energie-Booster, sagte er seinem Vater. Der glaubte ihm, trank den Tee und fiel in eine tiefe Ohnmacht. Der Energie-Booster war tatsächlich eine mittlere Dosis eines Benzodiazepins. Das ist eine Klasse von Beruhigungsmitteln, die häufig zur Behandlung von Angstzuständen, Schlaflosigkeit und Krampfanfällen verschrieben werden.
Nachdem sein Vater ohnmächtig geworden war, benutzte der 24-Jährige dessen Mobiltelefon, um Zugang zu seinem Krypto-Asset-Konto zu erhalten, auf dem sich rund 400.000 Dollar in Bitcoin befanden. Er transferierte den gesamten Saldo auf ein Konto, „das er kontrollieren konnte“. Später tauschte er mehr als die Hälfte der Bitcoin in Ether um. Den Zugangs-Code kannte er, weil er seinen Vater zuvor hinsichtlich der Investition in Bitcoin beraten und unterstützt hatte. Das berichtet die Washington Post.
Sohn unterschätzt Dosis
Dem Bewusstlosen hinterließ er Notizen, in denen er angab, dass seine Handlungen ein Versuch seien, ihnen beiden zu helfen. Er schrieb: „Es hätte nicht so sein müssen!“, und „Ich werde dir den besten Ruhestand ermöglichen.“ Zuvor hatte der Filius mehrfach vergeblich versucht, seinen Vater zum Verkauf der Assets zu bewegen. Der hatte abgelehnt und seinen Sohn aufgefordert, damit aufzuhören, Drogen zu nehmen.
Beamte fanden den Vater erst zwei Tage später auf dem Boden seines Schlafzimmers. Die Ex-Freundin des Mannes hatte auf Veranlassung des Sohnes, der sich ebenfalls langsam Sorgen um seinen Vater machte, die Polizei gerufen. Die fand den Mann „atmend, aber nicht ansprechbar“ am Tatort. Er wurde in ein Krankenhaus gebracht, wo er sich „vier Tage lang von schwerer Dehydrierung und akuten Organfehlfunktionen“ erholen musste. Der Sohn hatte das Benzodiazepin zu hoch dosiert.
Mutter lässt Sohn verhaften
Nachdem der 24-Jährige seiner Mutter die Tat gebeichtet hatte, rief die ebenfalls die Polizei, was zunächst zu einer Anklage wegen versuchten Mordes führte, durch ein umfassendes Geständnis aber gegen den Vorwurf der schweren Körperverletzung abgeschwächt werden konnte. Der reumütige Sohn verbrachte danach 125 Tage im Gefängnis, gefolgt von einem zweimonatigen stationären Drogenentzug und einer psychiatrischen Behandlung.
In einem Interview gab er sich einsichtig: „Ich habe eine Menge verrückter und verkorkster Sachen gemacht, als ich noch Drogen nahm. Ich werde das mit mir herumtragen – die Schuld und die Scham.“ Sein Vater scheint ihm immerhin verziehen zu haben: „Ich mache mir natürlich Sorgen um meinen Sohn“, sagte der Vater, bezeichnete ihn aber trotz allem als ein „insgesamt gutes Kind.“