Wenn du eine CD-Rom im Briefkasten hast, ist das die Digital-Strategie der Sparkasse

Wer erinnert sich noch an die AOL- und T-Online-CDs, die wir in den späten 90ern dutzendfach hatten, oder die Basis-Anlegerinformationen, die wir mit jedem neu eröffneten Konto oder Depot erneut ins Haus geliefert bekamen? Okay, viele der Leser:innen waren damals wohl noch nicht online, doch zumindest in den Banken und Sparkassen erinnern sich offenbar noch einige an die zahlreich verschickten Datenträger (und vergessen offenbar, wie viele davon einfach im Müll landeten).
Anders ist das Verhalten einiger Banken und Sparkassen nicht zu erklären, die den Kund:innen im Jahr 2022 ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Preis- und Leistungsverzeichnisse auf einer CD-Rom ins Haus schicken. Die Comdirect (und einige weitere Banken) tut dies als herkömmliche CD, die Sparkasse Hannover tut dies ebenfalls – sogar als Mini-CD, die in vielen Slot-in-Laufwerken nicht mal mehr zu lesen ist (was diese schlimmstenfalls unbrauchbar macht). Damals, Ende der 90er, war das Best Practice, platzsparend und irgendwie futuristisch, heute ist es in so vielerlei Hinsicht einfach nur falsch, cringe, Boomer-style.
Banken müssen Kund:innen aktiv um Zustimmung bitten
Dass sie dies überhaupt tun, hat mit einem BGH-Urteil vom 27. April 2021 zu tun. Das hat den Banken und Sparkassen in Deutschland reichlich Probleme gebracht. In dem Urteil hatten die Richter eine Klausel in den AGB einer Bank für nicht rechtens erklärt. Demnach sind grundlegende Änderungen in der Zusammenarbeit immer dann unwirksam, wenn sie die Kundenzustimmung zu Vertragsänderungen fingieren, sofern kein Widerspruch erfolgt.
In der Praxis bedeutet das, dass Banken jetzt nachträglich nicht nur damit rechnen müssen, dass Kund:innen sich Preiserhöhungen der letzten Jahre zurückerstatten lassen, sondern auch dass sie bei sämtlichen Kund:innen ihre neuen AGB und Preis- und Leistungsverzeichnisse aktiv absegnen lassen müssen. Doch die Art und Weise, wie sie das tun, zeigt erstaunlich große Unterschiede im Digitalisierungsgrad der Banken und Sparkassen – und legt offen, dass auch im Jahr 2022 viele Banken noch immer nicht ansatzweise kund:innengerecht denken.
Einige Institute machen das ziemlich ordentlich: Sie packen einen Vorschaltbildschirm ins Onlinebanking, informieren dort mit einer angeschlossenen Microsite, erklären dem Kunden beziehungsweise der Kundin mehr oder weniger vehement (mancher mag es als drohend empfinden), dass seine oder ihre Mitwirkung bis zu einem bestimmten Datum erforderlich ist, damit das Konto wie gewohnt weiterlaufen kann. Andere verschicken ähnlich lautende Briefe und packen einen Link zu einem PDF dazu oder kombinieren das Ganze mit einem individuellen QR-Code. Wie der zu nutzen ist, haben wir hoffentlich alle spätestens im Laufe der Pandemie gelernt.
Warum nicht gleich eine Diskette mit den AGB als Textdatei?
Doch dann sind da auch andere Institute – jene, die wie oben beschrieben physische Datenträger verschicken, die in den meisten Haushalten heute nicht einmal mehr eingelesen werden können. Man wolle, erklärt ein Bankmitarbeiter auf Nachfrage, dem Kunden nicht zu viel Papier zusenden, müsse aber sichergehen, dass dieser die Informationen auch erhalte und besagtes Okay für die weitere Zusammenarbeit geben könne. Ähnlich formuliert es die Sparkasse Hannover: „Um Papier zu sparen und die Umwelt zu schonen, erhalten Sie alle Bedingungen sowie die Übersicht unserer Preise auf der beigefügten Mini-CD-Rom.“ Immerhin, das erklärt die Bank auch ausführlich, gibt’s auch digitale Wege, um das Okay zu den neuen AGB zu geben.
Doch was bleibt, ist eine Bank, die AGB ohne explizite Anforderung auf CD-Rom per Post verschickt – ist das dieses Multichannel-Dings, von dem alle reden? Aber im Ernst: Da werden Tausende CDs gepresst (die Bank spricht in einer Twitter-Antwort von sechsstelliger Zahl der betroffenen Kund:innen), die bestenfalls nutzlos in den Müll wandern, schlimmstenfalls Laufwerke zerstören? Wie wäre es vielleicht noch mit Disketten mit den AGB in Form einer ASCII-Textdatei? Ein USB-Stick, so wenig umweltfreundlich auch dieser ist, ließe sich ja wenigstens überhaupt erstmal flächendeckend lesen, später sogar wiederbeschreiben und anderweitig nutzen (und würde von älteren Bankkund:innen vielleicht sogar als Incentive wahrgenommen).
Man könne, so großzügig ist die Sparkasse, die Unterlagen aber auch in der „Internetfiliale“ (alleine dieser Begriff sagt so viel über das Institut aus) oder gedruckt in Papierform erhalten. Selbst rund 100 Seiten auf dünnem Zeitungspapier, wie sie etwa die Commerzbank verschickt, ist da noch umweltfreundlicher als eine Plastikscheibe – insbesondere wenn die Zusendung nur auf Anfrage erfolgt.
Kurzum: Eine Bank, die einen (dank möglicherweise fehlendem Online-Opt-in nicht ganz trivialen) Zustimmungsprozess mit einem derart wenig nachhaltigen Workflow umsetzt, braucht sich in Zukunft nicht mehr auf das Thema Nachhaltigkeit zu berufen. Wie gesagt: Andere Banken bekommen es durchaus auch recht elegant hin, der damit verbundenen Zustellungspflicht der AGB nachzukommen.
Für Kund:innen, die eine solche Silberscheibe im Briefkasten finden, stellt sich dennoch die Frage, warum sie eigentlich mit einer Bank zusammenarbeiten, die in ihren Workflows in den 90er Jahren steckengeblieben ist. Denn möglicherweise betrifft das ja nicht nur die Form der Kundenkommunikation.
Update am 23. Februar 2022: Die Sparkasse Hannover erklärt zu dem Sachverhalt, dass sie ihren Kund:innen selbstverständlich smarte Online-Zustimmungsprozesse zum AGB-Thema anbiete – über das Onlinebanking und über die Banking-App sowie über einen Link oder einen QR-Code. Auch im Brief mit der erwähnten CD-Rom werde diese digitale Zustimm-Möglichkeit erläutert. „Wir haben also nicht ausschließlich einen Datenträger versendet, sondern diesen nur als eine weitere Informationsquelle angeboten.“
Also das Verfahren ist von keiner Bank gut gelöst. Meinen AGB Katalog einer Bank habe ich denen dort direkt zur Weiterverwendung vor eingebracht, weil ich das Buch so nicht verwenden kann. CD’s, Bücher, USB Sticks oder Loseblattsammlungen müssten eigentlich verboten werden! Ein Anschreiben ist ja noch okay, wenn es unbedingt sein muss, aber mehr als zwei Seiten sind Schikane.
Ich habe nicht mal mehr ein CD-Laufwerk.
Allein schon fast 100 Seiten kleingedrucktes zu lesen und bewerten zu müssen ist unzumutbar. Warum muss man Kontomodelle prüfen die ich gar nicht angemeldet habe. (Vorsicht Falle) Und das bei jeder kleinen Änderung also min. 1mal jährlich.
Darum sollte sich der Verbraucherschutz kümmern. Nicht jeder ist Jurist um den Mist zu verstehen.
Was war nochmal eine CD-ROM? Hat das was mit FAX-Geräten zu tun….