Wie ein Startup mit genetisch manipulierten Bäumen den Klimawandel bekämpfen will

So stellt sich Living Carbon in Zukunft Kohlenstofffarmen vor. (Illustration: Living Carbon)
Das Startup Living Carbon hat mithilfe eines genetisch manipulierten Bakteriums die DNA von Pappeln und Kiefern verändert. Im Ergebnis sollen sie schneller wachsen und eine höhere Fotosynthese-Ausbeute vorweisen. Ihre verbesserte CO2-Bilanz verkauft das Unternehmen in Form von Emissionspapieren. Ein langer Artikel der Technology Review lässt Waldökologen zu Wort kommen, die das kritisch sehen.
Schneller wachsende Bäume sind seit langer Zeit das Ziel von Wald-Wissenschaft und -Wirtschaft. Der Ökologe Sean McMahon wird in dem Beitrag mit den Worten zitiert: „Es handelt sich um eine Milliarden-Dollar-Industrie. Wenn man Bäume in fünf Jahren zur Ernte bringen könnte, würde man das tun.“ Allerdings seien dabei Kompromisse vorprogrammiert. Ein schneller wachsender Baum könne etwa anfälliger für Schädlinge sein.
Die Angst vor einem Superbaum, der andere Arten verdrängt und so zu einer Art Waldunkraut wird, gibt McMahon eine Absage. Er hält es für „schwierig“, einen solchen Baum zu schaffen. „Ich denke, dass es quasi unmöglich wäre, das aus Versehen zu tun.“
Das Magazin befragte auch einen Genetiker zu den Risiken. Keolu Fox von der Universität von Kalifornien sagte: „Wir sprechen von einer Veränderung von Naturland – das ist eine Verzweiflungstat.“ Den Gendrift – also die Weitergabe von manipulierten Genen an andere Arten – sieht er nicht als Gefahr an.
Living Carbon pflanze schließlich nur weibliche Bäume ohne Pollenproduktion. Fox setzt sich für eine Verbesserung von Arten ein. In der möglichen Verdrängung der „alten Version“ durch die neue, schneller wachsende und widerstandsfähigere Pappel von Living Carbon sieht er kein Problem.
Die neuen Bäume sind nur in Labor getestet. Die gute Wachstumsrate sei auch der guten Versorgung dort geschuldet, sagen Biolog:innen. Die Bäume erhalten dort viel Wasser, Dünger und alles, was sie brauchen. Freilandversuche sollen nun prüfen, wie die Bäume wachsen, wenn diese Ressourcen nicht eingesetzt werden. Zudem sollte man ihren Einsatz in die CO2-Bilanz einrechnen.
Zusätzlich stellt sich die Frage nach dem Zucker, den die erhöhte Fotosynthese erzeugt. Die Bäume müssen ihn an die richtigen Stellen transportieren. Dazu seien sie aber nicht in der Lage, so Fachleute.
Living Carbon, als kommerzielles Unternehmen, verkauft bereits sogenannte Carbon-Credits und Emissionszertifikate. Das Unternehmen spricht von einem neuen ökologischen und wirtschaftlichen Zeitalter. Kritiker bemerken, dass die Monatsabonnements von 40 Dollar pro entfernter Tonne Co2 ziemlich teuer sind.
Sie weisen darauf hin, dass etwa auf einem Feld in Georgia ausgebrachte Pappeln nur zu fünf Prozent aus der neuen Sorte stammen. In Wirklichkeit zahlten die Kunden für ein herkömmliches Aufforstungsprojekt, in das ein kleines Experiment integriert sei.
Neben den Superpappeln hat das Unternehmen Bäume entwickelt, die toxische Metalle in ihren Wurzeln speichern und so vormals industrielle Böden säubern sollen. Zudem sind Kiefern in Arbeit, die ebenfalls fotosynthetisch verbessert wurden. Ökologen äußern sich kritisch: Living Carbon handele auch gegenüber den Investoren intransparent.
Zudem sei es unnötig, mit hohem Aufwand Hightech-Bäume zu entwickeln. „Es gibt 80.000 Baumarten auf der Welt. Vielleicht sollte man einfach die Arten finden, die tatsächlich schnell wachsen und Kohlenstoff lange speichern“, resümiert Sean McMahon. Auch den Schutz bestehender Wälder sieht er als vielversprechendere Maßnahme gegen den Klimawandel an.
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