Auf der Jagd nach Steuersündern: Finanzbehörden setzen auf künstliche Intelligenz
Die Steuervermeidungsstrategien der Superreichen gelten als reichlich komplex. Nicht immer sind sie so umfassend wie in der Cum-ex-Affäre, doch die riesigen Datenschätze zusammenzutragen und zu analysieren ist eine Aufgabe, für die sich tatsächlich Machine-Learning-Strategien bestens anbieten. Dabei wurde jetzt bekannt, dass die Steuerbehörden in den USA (Internal Revenue Service, IRS) in Zukunft „hochmoderne Machine-Learning-Technologien“ einsetzen wollen, um wohlhabende Einzelpersonen und Unternehmen an Steuerbetrug zu hindern. Als Ziel der Anwendungen nennt der IRS 75 Gesellschaften wie Hedgefonds, Immobilien-Investitionspartnerschaften und börsennotierte Unternehmen sowie einige große Anwaltskanzleien.
Fokussierung auf Wohlhabende und Unternehmen
Der IRS wolle dabei zunächst Unstimmigkeiten bei bestimmten steuerlichen Sachverhalten aufdecken, unter anderem bei Partnerschaftssteuer, allgemeiner Einkommenssteuer und Buchhaltung sowie internationalen Steuern. Man konzentriere sich dabei, wie es in der Pressemitteilung heißt, auf ein „Segment von Steuerzahler:innen, das in der Vergangenheit nur begrenzt geprüft wurde“. Das Augenmerk werde dabei gezielt auf Personen mit einem Einkommen von mindestens einer Million Dollar und einem Gesamtvermögen von über 250.000 Dollar gelegt.
Welche Lösungen hier konkret zum Einsatz kommen, verrät die Behörde indes nicht, betont aber das gesellschaftliche Interesse, von wohlhabenden Steuerzahler:innen den gesamten Betrag zu erhalten, den sie dem Staat schulden. Man könne mithilfe der KI-Technologie besser erkennen, „wo die Reichen ihr Einkommen verstecken“, erklärt IRS-Commissioner Danny Werfel und betont, dass es auch darum gehe, die Aufmerksamkeit der Mitarbeitenden der Steuerbehörden auf die Bereiche mit dem größten Missbrauch zu fokussieren.
Nutzen auch deutsche Finanzämter bald KI?
In der Tat handelt es sich um eine interessante Anwendung – und eine, bei der die KI ihr Skalierungspotenzial ausschöpfen kann. Naheliegend ist es in der Tat, dass sich die Finanzbehörden zunächst auf große Steuerzahler:innen fokussieren, da sich die dann anschließende Arbeit im Verdachtsfall wohl am meisten rechnen wird. Allerdings könnte es durchaus dazu kommen, dass Finanzämter in Zukunft auf künstliche Intelligenz setzen, um bei Normalverdiener:innen Unregelmäßigkeiten aufzudecken. Hier sollen laut Steuerexpert:innen auch in Deutschland bereits heute einige Automatismen dafür sorgen, dass bestimmte Fälle, in denen die IT an der Plausibilität zweifelt, besonders unter die Lupe genommen werden.
Allerdings dürfte es gerade in Deutschland noch ein weiter Weg bis zu einer flächendeckenden Analyse von Steuersachverhalten sein, gerade bei wohlhabenden, international vernetzten privaten Steuerzahler:innen und Unternehmen. Allein die Feststellung der Steuerpflicht rund um die Grunderwerbssteuer im vergangenen Jahr hat gezeigt, dass hier noch gewisse Defizite herrschen. Und doch könnte KI ein zielführender Weg zu mehr Steuergerechtigkeit sein.
Auch wenn sich die Behörden naturgemäß mit Erklärungen zurückhalten, wie sie diese einsetzen, besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass einer der stärksten Anwendungsfälle von KI die Mustererkennung ist. Wenn das neue System des IRS tatsächlich funktioniert, könnte es sowohl aktuelle Straftäter:innen ermitteln helfen als auch von künftigen Übertretungen abschrecken.