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Ratgeber

Stop Ageism! Wie Unternehmen (auch) altersdiverser werden

Diversität wird oft auf das Geschlecht reduziert. Doch auch beim Thema Alter besteht Nachholbedarf. Sowohl Berufsanfänger:innen als auch ältere Generationen fallen oft durchs Raster.

Von Rebecca Clarke
5 Min.
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Diskriminierung nach dem Lebensalter gilt als häufigste Diskriminierungserfahrung. (Foto: Inside Creative House / shutterstock)

Im Film „The Intern“ aus dem Jahr 2015 zeigen Robert DeNiro und Anne Hathaway charmant, welcher Wert in einer generationenübergreifenden Zusammenarbeit liegen kann: Ben Whittaker (DeNiro), Witwer und pensionierte Führungskraft, nimmt an einem Praktikumsprogramm eines Startups teil. Jules Ostin (Hathaway), Gründerin und CEO, und ihr Team, die Ben anfangs skeptisch gegenüberstehen, lernen mit der Zeit seine Lebens- und Berufserfahrung zu schätzen. Wenn der Film das Thema auch etwas romantisiert, so steckt doch ein wahrer Kern darin.

Zwischen „Silver Tsunami“ und „Generation Praktikum“

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Ein kurzer Blick in die allgemeine Berichterstattung über die alternde (arbeitende) Bevölkerung zeichnet ein gänzlich anderes Bild. Zugleich gibt es (insbesondere in der Tech-Branche) zahlreiche Vorurteile gegenüber den Generationen der Babyboomer und X. Eine Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes von 2015 belegt mit 14,8 Prozent die Diskriminierung nach dem Lebensalter als häufigste Diskriminierungserfahrung. Das gilt sowohl für die Diskriminierung als „zu jung“ als auch die als „zu alt“. Nicht verwunderlich: Jede:r Zweite erlebt die Diskriminierung im Rahmen des Arbeitslebens.

Auch die Berufsanfänger:innen, die ersten der Generation Z und die späten Jahrgänge der Millennials, haben es scheinbar nicht leicht. Die Arbeitslosenquote bei unter 25-Jährigen stieg 2020 im Vorjahresvergleich um 25,3 Prozent, auf einen Spitzenwert im August 2020 von 6,9 Prozent. 2021 lag die Quote zuletzt wieder bei 5,4 Prozent, immer noch über dem Jahresdurchschnitt von 2019 von 4,4 Prozent. Diese Werte sind weit entfernt von Deutschlands Ausgangslage 2005: damals lag die Quote bei 11,7 Prozent. Diesen Rückgang erklären Expert:innen jedoch überwiegend durch das sogenannte Übergangssystem. Es soll beim Übergang zwischen Ausbildung und Beruf helfen, stellt sich jedoch für viele als eine Art Endlosschleife von Maßnahmen heraus und verzerrt die Statistik.

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Help wanted: Steuern wir auf einen Arbeitskräftemangel zu?

Die Aussage des Vorstandsvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, – „Deutschland gehen die Arbeitskräfte aus“ – kann bei den obigen Beobachtungen daher nur verwundern. Gibt es doch die Möglichkeit, dem Arbeits- und Fachkräftemangel auch durch einen altersinklusiveren Arbeitsmarkt zu begegnen.

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1. Inklusivere Stellenausschreibungen

Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass immer noch zu viele Stellenausschreibungen grundlegend schlecht geschrieben sind. Sinn und Zweck einer Stellenausschreibung ist einerseits, das eigene Unternehmen attraktiv darzustellen, und anderseits zu vermitteln, wie die Stelle gestaltet ist und welche Fähigkeiten dafür gefragt sind. Viele Stellenausschreibungen lesen sich allerdings wie eine viel zu lange Wunschliste, die kein:e noch so qualifizierte: Kandidat:in erfüllen wird. Das kann dazu führen, dass viele Bewerber:innen von vornherein abgeschreckt sind. Die einstellende Führungskraft und die zuständige Recruiter:in sollten sich deshalb zu Beginn des Prozesses die Zeit nehmen, herauszuarbeiten, welche Anforderungen für eine Stelle wirklich essenziell sind. Gerade im derzeitigen von den Kandidat:innen bestimmten Arbeitsmarkt ist es wichtig, den Bewerber:innenpool zu Beginn des Prozesses möglichst offenzuhalten. Auch der schlichte Hinweis, dass äquivalente Qualifikationen ebenfalls akzeptiert werden, kann bereits Abhilfe schaffen.

Bei der Stellenanzeige selbst und in ihrem Umfeld (etwa auf der Karriereseite eines Unternehmens) kommt es natürlich darauf an, auf altersspezifische (Bild-)Sprache zu verzichten. Diskriminierung in Stellenanzeigen jedweder Art ist grundsätzlich gesetzlich verboten. Dennoch sollte man vermeiden, durch Bilder von homogenen Menschengruppen oder durch Wörter wie „dynamisch“ oder „erfahren“ unbewusste Vorstellungen davon hervorzurufen, wer sich auf eine Stelle bewerben sollte und wer nicht.

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2. Bias reduzieren

Bias ist bei der Entwicklung inklusiverer Einstellungsprozessen die größte Herausforderung. Es gibt verschiedene Arten von Bias, die Einfluss auf die Beurteilung und Auswahl von Kandidat:innen haben können. Dazu zähen unter anderem der Primäreffekt, ein starker Fokus auf den ersten Eindruck, der Kontrasteffekt – Bewerber:innen werden aneinander statt an allgemeinen Kriterien gemessen –, der Halo- oder Teufelshörereffekt, bei dem eine Eigenschaft alle anderen überschattet, das Schubladendenken und der Similar-to-Me-Effekt, bei dem Bewerber:innen bevorzugt werden, weil sie den Interviewenden ähnlich sind. Um sich dieser Effekte bewusst zu werden, kann Anti-Bias-Training helfen und sollte regelmäßig wiederholt werden.

Doch auch im Aufbau des Bewerbungsprozesses kann einiges gegen Bias getan werden. Dabei gilt es, möglichst viele Quellen für Bias auszuschalten. Dazu gehört beispielsweise der Verzicht auf Bewerbungsfotos. Auch auf weitere Angaben wie das Geburtsdatum oder das Geschlecht kann und sollte verzichtet werden. Das erste Gespräch per Telefonat zu führen oder konsequent die Kamera ausgeschaltet zu lassen, hilft, Bias zu reduzieren, ebenso die Reihenfolge der Kandidat:innen zwischen den Runden bewusst zu variieren. Die Interviews sollten außerdem immer strukturiert und auf Grundlage eines standardisierten Fragebogens geschehen, damit am Ende echte Vergleichbarkeit herrscht. Statt abstrakter Szenarien sollten konkrete Situationen abgefragt werden: Besser als die Frage „Wie gehen Sie mit schwierigen Situationen um?“ wäre es, zu fragen „Bitte beschreiben Sie eine Situation, in der Sie eine scheinbar unlösbare Aufgabe bewältigen mussten.“

Kollaboratives Recruiting, bei dem statt einzelner Personen ein Team das Recruiting übernimmt, kann durch die vielfältigeren Perspektiven der Beteiligten einer zu starken Gewichtung einzelner Faktoren entgegenwirken.

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3. Culture-Add-Ansatz verfolgen

Viele Unternehmen haben mittlerweile die Bedeutung des Cultural-Fit, also wie gut Unternehmen und Bewerber:innen zusammenpassen, erkannt. Ein übermäßiger Fokus auf Cultural-Fit kann allerdings dazu führen, dass das Unternehmen kulturell stagniert, weil nur nach kulturell identischen Menschen Ausschau gehalten wird.

Komplementär zum Cultural-Fit geht es beim Culture-Add-Ansatz darum, zu evaluieren, welchen kulturellen Mehrwert ein:e potenzielle:r Mitarbeiter:in für das Unternehmen bietet. Natürlich bleibt das Umfeld weiterhin wichtig. Ein Mensch, der sich in einem Startup wohlfühlt, findet sich eventuell nur schwer in der klassischen Unternehmenswelt zurecht. Ebenso kann es für ein eher introvertiertes Team positiv sein, ein Mitglied hinzuzugewinnen, das extrovertierter auftritt. Kulturbezogene Interviewfragen wie „Wie würden Ihre Kolleg:innen Sie beschreiben und welchen Mehrwert bringen Sie in ein Team ein?“ helfen, entsprechende Qualitäten zu identifizieren.

Ein Fokus auf übergeordnete Kompetenzen statt auf konkrete Technologien wird im Zuge des immer rasanteren technologischen Wandels immer wichtiger. Manche Rollen erfordern selbstverständlich Kenntnisse in spezifischen Technologien oder Skills, doch selbst Informatiker:innen lernen im Studium Programmiersprachen, die bei ihrem Abschluss bereits veraltet sind. Wichtiger ist also die Fähigkeit, sich selbstständig neue Kenntnisse anzueignen und lernbereit zu sein.

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Fazit: Diversität unternehmensweit umsetzen

Über den Bereich der Mitarbeitendengewinnung hinaus sollte Diversität jedoch auch im gesamten Unternehmen gedacht und umgesetzt werden. Effektiver als bloße Sensibilisierung sind dedizierte Rollen oder Komitees, die sich um die Umsetzung konkreter Maßnahmen kümmern. Letztendlich ist Altersdiversität nicht nur gesellschaftlich relevant, sondern bringt tatsächlich viele positive Effekte, wie auch ein Report der OECD belegt. Ein Arbeitsplatz, der alle Generationen bedenkt, kann von dem altersübergreifenden Mit- und Nebeneinander nur profitieren.

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