Studie enthüllt: Kupfer und Stahl können sich im Nanomaßstab selbst heilen
Ohne unsere Selbstheilungskräfte wären wir ganz schön aufgeschmissen. Wenn Verletzungen an unserem Körper für immer bleiben würden, würde die Welt ganz anders aussehen. Glücklicherweise haben wir die Fähigkeit zur Selbstreparatur. Die Wissenschaft versucht schon lange, diese biologische Superpower auch auf künstliche Substanzen zu übertragen.
So haben indische Forscher:innen beispielsweise einen Kristall entwickelt, der sich wieder zusammensetzt, wenn er zerbricht. Dieses selbstheilende Material könnte in Handy-Displays zum Einsatz kommen. Nun ist einem Team von Wissenschaftler:innen in einer aktuellen Studie in „Nature“ erneut ein Durchbruch gelungen.
Studie: Risse in Kupfer und Platin verschließen sich von selbst
In der Studie beschreiben die Forscher:innen, wie sich Risse im Nanomaßstab, die in Platin und Kupfer durch Metallermüdung entstehen, spontan selbst heilen können. Das Team von Materialforscher Brad Boyce von den Sandia National Laboratories in New Mexico konnte beobachten, wie winzige Risse in nanokristallinen Platin- und Kupferfolien unter bestimmten Bedingungen von allein wieder zusammenschmolzen. „Es war absolut überwältigend, dies aus erster Hand zu sehen“, sagte Boyce in einer Pressemitteilung.
Für ihre Experimente verwendeten die Forscher:innen eine Technik, bei der winzige Metallstücke etwa 200-mal pro Sekunde gezogen wurden. Dabei bildeten sich Risse, die sich aber nach etwa 40 Minuten wieder von selbst schlossen – ein Prozess, den die Forscher als „kaltes Schweißen“ bezeichnen.
„Wir konnten in unserem Experiment zeigen, dass Metalle ihre eigene, natürliche Fähigkeit haben, sich selbst zu heilen, zumindest im Falle von Ermüdungsschäden im Nanomaßstab“, so der Materialforscher.
Prozess auf menschlicher Ebene nicht sichtbar
„Der Prozess des Kaltschweißens ist ein bekannter metallurgischer Prozess, der auftritt, wenn zwei relativ glatte und saubere Metalloberflächen zusammengebracht werden, um atomare Bindungen zu erneuern“, erklärt Boyce gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.
„Im Gegensatz zu den selbstheilenden Robotern im Film ‚Terminator‘ ist dieser Prozess auf menschlicher Ebene nicht sichtbar. Er findet auf der Nanoskala statt, und wir müssen erst noch in der Lage sein, den Prozess zu kontrollieren“, fügte er hinzu.
Funktioniert das auch bei anderen Materialien?
Obwohl dieser Selbstheilungsprozess theoretisch möglich ist, stehen noch viele Fragen offen. Zum Beispiel, ob der Prozess in der Praxis als praktisches Werkzeug in der Fertigung eingesetzt werden kann. Auch ist noch unklar, ob sich die Risse in herkömmlichen Metallen an der Luft schließen lassen, ähnlich wie im Vakuum.
Simulationen des Teams lassen jedoch darauf schließen, dass die Selbstheilung auch bei anderen Metallen funktionieren kann. Boyce glaubt, dass es „völlig plausibel“ sei, dass auch Legierungen wie Stahl diese Eigenschaft besitzen.
„Angesichts dieser neuen Erkenntnisse könnten alternative Materialdesignstrategien oder technische Ansätze entwickelt werden, um Ermüdungsversagen zu vermeiden“, sagte der Materialforscher.
Die Zukunft sieht vielversprechend aus
Diese neuen Erkenntnisse könnten auch dabei helfen, gezielt Materialien zu entwickeln, die sich selbst reparieren können. Die Entdeckung könnte dabei helfen, die Lebensdauer von Strukturbauteilen zu verlängern und weniger anfällig für Schäden zu machen.
Auch wenn es vermutlich noch ein paar Jahre dauern wird, bis sich die Theorie in der Praxis anwenden lässt: Beruhigend ist der Gedanke allemal, dass es irgendwann Autos geben könnte, die nie wieder in die Werkstatt müssten.