
Ob ihr während der Arbeit vor dem Computer, zu oft in Bus, Bahn oder Auto oder schlichtweg zu lang vor dem Fernseher sitzt, ist unbeachtlich. Sitzen kennt keine Qualitätsunterschiede – jedenfalls nicht, soweit es euer Sterberisiko betrifft.
Neue Studie unterstreicht alte Erkenntnis
Stehen, gehen, sich bewegen – das sind Aktivitäten, die gesund halten. Eine neue Studie der Universität von Kalifornien im US-amerikanischen San Diego (UCSD) bestätigt das, und bietet Ratschläge, wie dem ansonsten erhöhten Risiko entgegengewirkt werden kann.
Zu ihren Erkenntnissen sind die Wissenschaftler:innen im Rahmen einer Dauerbeobachtungsstudie über den Verlauf eines Jahrzehnts gelangt. Insgesamt 5.856 Teilnehmer:innen im Alter von 63 bis 99 Jahren waren gebeten worden, einen Aktivitätsmonitor an der Hüfte zu tragen.
Ein Jahrzehnt lang wurden sie dann im Rahmen der Studie beobachtet. 1.733 Teilnehmer:innen starben im Verlauf der Beobachtungsphase, wie The Conversation berichtet.
Unter Verwendung künstlicher Intelligenz ermittelten die Forscher:innen dann die Korrelation zwischen den Aufzeichnungen des Aktivitätsmonitors und dem individuellen Sterberisiko. Dabei zeigten die Daten, dass Teilnehmer:innen, die mehr als elf Stunden pro Tag saßen, ein 57 Prozent höheres Risiko hatten, während des Studienzeitraums zu sterben, als diejenigen, die weniger als neuneinhalb Stunden pro Tag saßen.
Regelmäßiger Sport ohne Auswirkungen auf das Sterberisiko
Den bisweilen als beruhigend empfundenen Gesundheitseffekt regelmäßigen Sports konnte die Studie zudem nicht bestätigen. Vielmehr blieb das Risiko eines vorzeitigen Todes auch bei mäßiger bis intensiver Bewegung unverändert bestehen.
Das passt zu den Ergebnissen einer älteren Studie aus dem Jahr 2019. Die konnte ebenfalls nicht bestätigen, dass ein höheres Maß an körperlicher Betätigung das Risiko von Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Herzerkrankungen und Schlaganfall, die mit zu viel Sitzen einhergehen, aufhebt.
Gegenteilig dazu wurde in einer australischen Studie festgestellt, dass ein tägliches Bewegungspensum von 9.000 bis 10.500 Schritten das Risiko eines vorzeitigen Todes senken kann. Das gelte auch bei Menschen, die viel sitzen.
Schwächen im Studiendesign könnten Ergebnisse verfälscht haben
Wie könnte sich dieser vermeintliche Widerspruch erklären lassen? Es gibt immerhin Unterschiede im Studiendesign. So wurden die Aktivitätsmesser in der UCSD-Studie an der Hüfte und in der australischen Studie am Handgelenk getragen.
Schon das kann zu deutlich unterschiedlichen Schätzungen der Sitzdauer führen. Ebenso verwendete die australische Studie keinen Aufwand auf die Feststellung, ob die Teilnehmer:innen tatsächlich saßen oder gegebenenfalls doch eher standen.
So könnte Stehen fälschlicherweise als Sitzen gewertet worden sein, was auf die Gesundheit indes eine vollkommen andere Auswirkung hätte. Insgesamt scheint die UCSD-Studie besser mit solchen Fehlerquellen umgegangen zu sein, was deren Ergebnisse plausibler erscheinen lässt.
Was bedeutet „weniger Sitzen“?
Am Ende unterstreichen beide Studien die Notwendigkeit, weniger zu sitzen. Was bedeutet aber weniger Sitzen im Gesundheitskontext?
Die UCSD-Studie bezeichnet elf Stunden pro Tag als zu viel. Anderen Untersuchungen zufolge könnten schon sieben Stunden pro Tag zu viel sein. Zudem gibt es etliche Untersuchungen, die zeigen, dass sich bei Menschen, die länger als 30 Minuten am Stück sitzen, der Blutzuckerspiegel und der Blutdruck erhöhen kann.
Lange Sitzphasen vermeiden
Bleibt die Frage, was zu tun ist, um eben solche langen Sitzphasen zu unterbrechen. Da dürfen wir uns an etablierte Lösungen halten. Alle 30 Minuten ein kleines Stretching oder ein höhenverstellbarer Schreibtisch, den wir teils im Stehen, teils im Sitzen benutzen können, wären zwei einfache Lösungen. Umhergehen beim Telefonieren gehört genauso dazu, wie das Abhalten von Meetings im Stehen.
Was auch immer ihr tun könnt, um das Sitzen zu beschränken, ist für eure Gesundheit erst einmal positiv. Ob die Bewegungsalarme moderner Smartwatches zu eurem Tagesablauf passen, müsst ihr selbst beurteilen. Grundsätzlich können sie natürlich eine Erinnerung sein, wenn euch der Flow entführt hat.
Forscher nicht forschende, das ist falsch
Sitzen am Schreibtisch ist schlecht, ok.
Wie sieht es denn mit Fahrradfahren aus? Da sitzt man ja auch (meistens)?
Forschende wird hier als substantiviertes Partizip Präsens benutzt: So wie man ‚der schlafende Mann‘ mit ‚der Schlafende‘ ersetzen darf, darf man hier ‚die forschenden Personen‘ mit ‚die Forschenden‘ ersetzen. Grammatikalisch völlig richtig.