Studie: Wie relevant ist Social Media für Unternehmen? Beispiel „Red Bull“
Ausgangssituation
In unzähligen Foren und Blogs sowie auf Seiten wie Twitter schreiben Millionen User eine Vielzahl von Beiträgen zu Themen, die sie berühren, erfreuen oder ärgern. Natürlich gibt es Äußerungen zu Marken und Produkten, so dass diese für Unternehmen nicht mehr zu ignorieren sind. Der Informationsgehalt der Kommentare sowie die Verbreitungsgeschwindigkeit sind enorm. Das stellt Unternehmenskommunikationsleiter vor die Aufgabe, im ersten Schritt die relevante Kommunikation zu erkennen und die Relevanz so wie die Gefahren und Chancen für die eigene Marke und Produkte zu evaluieren.
Experten für Kommunikation und Medienmanagement der Reinhold-Würth-Hochschule und VICO Research & Consulting haben sich der Aufgabe angenommen, die Beweggründe und deren Auswirkungen dieser Form des Kommunikationsaustausches näher zu beleuchten und zu untersuchen, welcher Einfluss auf andere zu verzeichnen ist.
In der Studie „Marketing und Markenkommunikation im Social Media“ wurde die Kommunikation zu den Getränkemarken Red Bull, Coca Cola und Pepsi untersucht. Seit Januar 2008 nahm demnach die Kommunikation um durchschnittlich 7,4 % zu.
Doch welche Auswirkungen haben diese Diskussionen auf die Gesellschaft? Finden diese Beiträge Gehör?
Um die Relevanz von Social Media besser einordnen zu können, sollte zunächst geklärt werden, ob die Zielgruppen überhaupt erreicht werden. Laut einer Studie der ACTA 2009 sind 67,1 Prozent (43,5 Mio) der deutschen Bundesbürger ab 14 Jahren über nahezu alle Altersklassen hinweg akitv im Internet. Etwas mehr als jeder Dritte tauscht sich mit Gleichgesinnten in den diversen sozialen Medien aus.
Somit hat ein nicht unwesentlicher Anteil der deutschen Bevölkerung Kontakt zu den Kommentaren im Internet. Auf den ersten Blick erscheint die Anzahl der geschriebenen Beiträge relativ niedrig. So wurden beispielsweise über Red Bull im betrachteten Zeitraum 43.090 Beiträge von 17.557 unterschiedlichen Usern veröffentlicht. Aber Vernetzung ist ein Schlagwort, das gerade auch das Internet charakterisiert. Sprich: Relevante Informationen können innerhalb kürzester Zeit eine Vielzahl von Menschen erreichen – seien es positive oder negative Nachrichten. Man darf also keinesfalls die Vernetzung der User unterschätzen. Interessante Statements im Social Web bleiben nicht lange ungelesen und unkommentiert. Durch die dem WWW typische Vernetzung von Informationen durch Links oder Social Bookmarks werden Beiträge weit über die Ursprungsplattform verbreitet und gewinnen deutlich an Reichweite. Näherungsweise lässt sich diese Reichweite durch die Anzahl der Zugriffe auf eine Seite ermessen, die bei Red Bull bei über 353 Mio lag. Anders ausgedrückt: Jeder Beitrag, der im Untersuchungszeitraum zu Red Bull verfasst wurde, ist durchschnittlich 10.833 Mal gelesen worden.
Dabei wird sehr deutlich, dass einzelne Personen die Möglichkeit haben, vor einem Millionenpublikum ihren Meinungen freien Lauf zu lassen. Bekannte Beispiele für Social-Media-Desaster wie bei Jack Wolfskin, Vodafone oder Nestlé belegen die Wichtigkeit und die Verbreitungsgeschwindigkeit dieser Bewegungen.
In der nächsten Stufe der Untersuchung werden die Zielgruppen und Kommunikationsinhalte detaillierter betrachtet.
Mit modernen Text-Mining-Technologien ist es möglich, Aussagen zu aggregieren, den Tenor zu bestimmen und den Kontext abzuleiten. Mit Hilfe dieser Technologien wurde festgestellt, dass der Tenor zu Red Bull in 57 Prozent der Fälle positiv und in 43 Prozent negativ ist. Red Bull wird also entweder geliebt oder gehasst.
Tiefere Einblicke sind vonnöten, um zu verstehen, in welchen thematischen Kontexten bspw. Red Bull thematisiert wird. Einen groben Überblick liefert folgende Tag Cloud, welche die Themen zu Red Bull aufzeigt:
Eine Verdichtung der vielen Themen zu Obergriffen ergibt einen äußerst interessanten Einblick in die Interaktionen zwischen den Usern. Etwas mehr als in jeder zweiten (56 Prozent) Online-Diskussion, in denen Red Bull thematisiert wird, werden Meinungen zur allgemeinen Markenkommunikation und zum Trink- und Geschmackserlebnis ausgetauscht:
Die Äußerungen der (Hobby-)Autoren ermöglichen es gar, tiefe Einblicke in die Ängste, Bedürfnisse und Wünsche der Verfasser zu gewähren. Somit können mit Hilfe von geeigneten Instrumenten und Tools, „weaks signals“ identifiziert werden. Beispielsweise können neue Produktideen oder Impulse aus den Gesprächen selektiert und generiert werden. So zeigt eine Analyse der Beiträge zu Red Bull, mit welchen anderen Getränken der flüssige Energielieferant gerne gemischt wird:
Mixgetränke mit Wodka und Jägermeister haben sich in Deutschland etabliert und werden insbesondere von Jugendlichen bereits in ihrem Sprachgebrauch mit „Wodka-Bull“ bzw. „Flying Hirsch“ erwähnt. Gleiches gilt für die zunehmende Thematisierung der Mischung Red Bulls mit Wein, Bier oder gar Whisky. Denkanstöße für Produktinnovationen, Co-Brandings etc. lassen sich je nach Frage- und Zielsetzung infolgedessen ableiten.
Wie wirken sich Sponsoring-Aktivitäten auf die Diskussionsinhalte aus?
Nicht wenige Unternehmen versuchen, mittels Sponsoringaktivitäten eine höhere Bekanntheit zu erreichen und ein angestrebtes Öffentlichkeitsbild abzugeben. Diese Aktivitäten werden in der Regel von den Usern kommentiert und bewertet. So wird z.B. die Marke Red Bull am häufigsten in Sportcommunitys thematisiert. Dabei dominieren Fußball und Formel 1 in Zusammenhang mit Red Bull die Gespräche zu der Marke. Sofern Gespräche zu Red Bulls Testimonials geführt werden, so spielt in 86 Prozent der Fälle Sebastian Vettel die Hauptrolle. Dabei wird der Formel-1-Rennfahrer besonders sympatisch und passend zur Marke wahrgenommen.
Sind wir alle Social Media? Müssen die Unternehmen umdenken?
Mit solchen ersten Erkenntnissen, die aus Social Media zu gewinnen sind, stehen besonders die PR- und Marketingverantwortlichen vor der Entscheidung, wie sich das jeweilige Unternehmen in diesen Netzwerken und virtuellen Welten platzieren und etablieren sollte.
Der Einfluss von (Online-)Marketingmaßnahmen auf die Online-Gespräche können nun belegt und untersucht werden. Am Beispiel Red Bulls erkennt man einen signifikanten Anstieg der Kommunikation zur Einführung des Computerspiels Red Bull Airrace für die Playstation 3.
Das Resultat dieser Ingame-Advertising-Maßnahme ist wohl als Erfolg zu verbuchen. Des Weiteren ist auch der Großteil der Kommunikation positiver Natur. Somit ist sozusagen in Echtzeit nachvollziehbar, wie Kampagnen und Maßnahmen wahrgenommen werden. Durch den fortlaufenden Vergleich der Wirkungen aller realisierten Maßnahmen untereinander lassen sich so wertvolle Hinweise für die aktuelle und zukünftige Marketingplanung gewinnen.
Dialog mit Konsumenten – die eierlegende Wollmilchsau?
Die wirkliche Chance eines jeden Unternehmen liegt darin, proaktiv den Dialog mit seinen Konsumenten zu suchen. Das setzt ein Umdenken in den Unternehmen voraus. Natürlich gelten in Social Media im Gegensatz zur bisherigen klassischen Unternehmenskommunikation andere Regeln. Im Vorfeld sollte intern festgelegt werden, welche Inhalte überhaupt mit Usern ausgetauscht werden sollen. Der User sollte nicht lediglich als reiner Umsatzbringer sondern als Partner zu begreifen sein: als eine Art virtueller Mitarbeiter in den Bereichen Marktforschung, Produktpolitik oder (Empfehlungs-)Marketing, den man über Social Media in das Unternehmen einbindet. Und genau wie bei jedem anderen Mitarbeiter sollte das Unternehmen an dessen Meinung interessiert sein und ihm mit Authenzität und Aufrichtigkeit gegenübertreten.
Gelingt dies, lassen sich Markenführung und -kommunikation deutlich optimieren. Gelingt dies jedoch nicht -oder gibt es kein einheitliches Verständnis innerhalb eines Unternehmens – so sollte sich das Unternehmen zumindest auf das „Zuhören“ beschränken.
Fazit
Sie existiert also: Die Markenkommunikation im Social Media. Die zunehmende Relevanz für Unternehmen leitet sich aus der Vielzahl der geführten Gespräche ab und vor allem aus der Reichweite einzelner Beiträge und Diskussionen, die aus der Vernetzung resultiert.
Nehmen die Unternehmen ihre (potenziellen) Kunden ernst, so kann durchaus ein fruchtbares Feld entstehen, welches die Unternehmen nutzen können, um u.a. die Markenführung nachhaltig zu verbessern.
Dies lässt sich bereits mit kleinen Schritten wie dem (eher passiven) Rein- und Zuhören umsetzen, um die neu gewonnen Informationen zu veredeln. Um noch umfassender von der Social-Media-Kommunikation zu profitieren, ist es notwendig, die nötige Transparenz schaffen und aktiv den Dialog mit den Konsumenten zu suchen.
Über den Gastautor
Dipl.-Oec. Yasan Budak ist Mitgründer und Chief Consultant der VICO Research & Consulting GmbH. Geboren 1979 in Speyer. Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hohenheim mit den Vertiefungsrichtungen: Marketing, Marktforschung, Produktion und Logistik.
Als Mitgründer und Chief Consultant ist Yasan Budak bei VICO zuständig für die Bereiche: Unternehmens- und Mitarbeiterführung (Geschäftsführertätigkeiten), Key Account Management und Qualitätssicherung, Projektmanagement und -controlling. Er verfügt als Social Media Consultant über ein breites Branchenwissen sowie über großes fachliches Know-how.
Weiterführende Links zu aktuellen News auf t3n.de zum Thema:
- Social Media Tools: Werkzeugtipps der Profis – t3n News
- Social Media Monitoring: Die besten Tools 2011 – t3n News
- 5 kostenlose Lösungen für die Social-Media-Analyse – t3n News
- Social Media Marketing: Die 30 besten Tipps – t3n News
Sehr informativer Artikel Herr Budak.
Vielleicht als Ergänzung hier ganz passend: Gerade heute bin ich auf eine vor allem in Großbritannien stattfindende Social Media Kampagne von Red Bull zu den X-Fighters Motorcross Events gestoßen.
Wer sich dazu informieren möchte ist eingeladen sich die Details hier anzuschauen http://bit.ly/dteN5P.
Interessant wäre diese Studie auch für den B2B-Bereich… Hat jemand von Euch hier valides Material?