Wenn du glaubst, dass die proaktive Unterstützung deiner Kollegen eine gute Sache ist, vergiss es lieber schnell wieder. Eine neue Arbeitsstudie der Michigan State University kommt zu dem Schluss, dass es besser ist, sich zurückzuhalten beziehungsweise darauf zu warten, dass ein Kollege von alleine auf einen zugeht, als die eigene Expertise anzubieten. Das gilt zumindest dann, wenn man die Beziehung zum Kollegen nicht gefährden will. Warum das?
Ungefragte Hilfe kommt beim Empfänger oft nicht gut an
Aufbauend auf vorherige Recherchen, die zeigen, wie die Hilfe von Kollegen den eigenen Entwicklungsgrad beeinflussen kann, hat der Management-Professor Russel Johnson die verschiedenen Arten von Hilfe, mit denen sich Menschen bei der Arbeit unterstützen, genauer angesehen. Grundlegend dabei war, wie diese Hilfe aufgenommen wird. Seine Erkenntnisse hat er im Journal of Applied Psychology veröffentlicht und sie lassen sich wohl so zusammenfassen: „Manchmal ist es besser, in der eigenen Spur zu bleiben!“
Johnson erklärt, dass es zwei grundlegende Arten von Hilfe gibt, die ein Kollege einbringen kann – proaktive und reaktive Hilfe. Sie unterscheiden sich dadurch, ob zuvor um Hilfe gebeten wurde oder nicht. Wer als Machertyp anderen Kollegen aktiv hilft, verhält sich proaktiv. Wenn ein Mitarbeiter um Hilfe bittet, die dann gegeben wird, verhält der Unterstützer sich reaktiv, so Johnson weiter. Beide Formen der Hilfe bewirken eine völlig unterschiedliche Reaktion bei dem Kollegen, der ein Problem hat.
„Manchmal ist es besser, in der eigenen Spur zu bleiben!“
Johnson äußert sich zur proaktiven Hilfe so: „Was wir herausgefunden haben, ist, dass auf der Helferseite oft kein klares Verständnis für die Probleme des Empfängers vorhanden ist und er deshalb am Ende häufig auch wenig Dankbarkeit erfährt“, sagte Johnson. Auf der Empfängerseite wirke das Angebot zudem oft frustrierend, da jemand offensichtlich glaubt, man könne das Problem nicht alleine lösen. „Der Empfänger könnte geneigt sein, der Person schon deshalb nicht zu danken, weil er sie schlichtweg nicht um Hilfe gebeten hat.“
Mit der ausbleibenden Dankbarkeit für den Helfer und der empfundenen Geringschätzung der Person, die Hilfe erhielt, so Johnson weiter, habe die Studie gezeigt, dass sich proaktive Hilfe negativ auf beide Seiten auswirkt – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. „Proaktiv zu sein, kann toxische Auswirkungen haben und das ganz besonders auf den Helfer. Du bekommst weniger Dankbarkeit von der Person, der du helfen wolltest, wodurch du dich am nächsten Tag weniger motiviert bei der Arbeit fühlst“, erklärt der Professor.
Man könnte auch sagen: Es war zwar gut gemeint, aber kam völlig falsch an. Russel Johnson betont aber auch, dass Hilfsbereitschaft im Team sehr wichtig ist und dass auch ein Mindestmaß an Dankbarkeit immer gezeigt werden sollte. Man solle seine Studie nicht so verstehen, so Johnson, dass sich jeder nur mit sich selbst beschäftigen sollte. Jedoch greift auch im untersuchten Szenario häufig das berühmte Sender-Empfänger-Problem. Feingefühl sei gefragt, damit die Beziehungen nicht leiden.
Übrigens, was denken die Kollegen über dich? Wer diese Frage ehrlich stellt, kann manch eine Überraschung erleben. Antworten sind gut für das Betriebsklima, vielmehr helfen sie jedoch dabei, sich weiterzuentwickeln. Lies auch: Diese Übung zeigt, was Kollegen wirklich über dich denken
„Ungefragte Hilfe kommt beim Empfänger oft nicht gut an“
Das sollte man dem Management im stationären Einzelhandel einprügeln.