SwissCovid, die Schweizer Corona-Tracing-App, ist fertig und geht in den Feldtest

Die Schweizer Corona-Tracing-App geht in die Beta-Phase. Das berichtet die BBC. Nun sollen zunächst Soldaten sowie Mitarbeiter von Kliniken, Hochschulen und Verwaltungen die Neuentwicklung testen. Die Zahl dieser freiwilligen Erstanwender beläuft sich auf rund 15.000 Personen. Die Berufsgruppen sind dabei nicht zufällig gewählt. Vielmehr soll die App ihre Leistungsfähigkeit da unter Beweis stellen, wo Personen während der Arbeit oder beim Pendeln typischerweise näheren Kontakt haben.
Auch nach dem potenziell erfolgreichen Test kann die App nicht gleich flächendeckend in die Bevölkerung gegeben werden. Vielmehr muss hierzu noch ein Beschluss des Schweizer Parlaments herbeigeführt werden. Diese Voraussetzung soll bis Mitte Juni 2020 erfüllt werden.
Zweifel an technischer Leistungsfähigkeit
Dabei bestehen durchaus Zweifel an der Leistungsfähigkeit der App. Da sie rein auf Basis von Bluetooth arbeitet und schon deshalb keinerlei Standortdaten aufnimmt, ist unklar, wie genau das Tracing arbeiten wird. Immerhin ist Bluetooth keine Technologie, die für das Messen von Entfernungen geschaffen wurde.
Die Funktionsweise basiert darauf, dass die App einmal installiert, stets nach installierten Pendants auf anderen Smartphones sucht und über die Signalstärke eine Distanz zu interpolieren sucht. Das ist nur bedingt zuverlässig, weil Signalstärke und Entfernung keine eindeutige Korrelation haben müssen. In der App sollen Algorithmen dafür sorgen, dass Signale aus einer Entfernung von mehr als zwei Metern eliminiert werden. Hat die App eine Person als nah genug ermittelt, sorgt sie für einen Code-Austausch zwischen den Smartphones. Die App kann damit später, wenn sie mit einem Freischaltcode aufgrund einer bestätigten Infektion ihres Verwenders ausgestattet wurde, auf die Datenbank der IDs zugreifen.
Datenschutz bleibt streng gewährleistet
Die Schweizer App folgt dem dezentralen Ansatz, bei dem die App im Infektionsfall nur die eigene ID an eine zentrale Datenbank sendet und nicht etwa auch die gesammelten IDs der Personen, die die App im Umfeld aufgenommen hat. Im Infektionsfall muss nun die App des Infizierten Daten herunterladen und das Matching nebst potenzieller Benachrichtigungen lokal verarbeiten und abwickeln. Inwieweit das wiederum zuverlässig funktionieren wird, bleibt abzuwarten.
Die gute Nachricht für alle Skeptiker lautet indes, dass tatsächlich alle Daten nur lokal auf den jeweiligen Smartphones bleiben. Eine Überwachung, wie sie gelegentlich als Schreckensszenario entworfen wird, ist mit dem dezentralen Ansatz nicht umsetzbar. Das allerdings muss die Bevölkerung erst einmal glauben.
Hohe Zustimmung zu SwissCovid in der Bevölkerung
So kommen die technischen Probleme zu dem grundsätzlichen Problem, dass mindestens 60 Prozent der Bevölkerung eine entsprechende App auch aktiv nutzen müssen, damit sie aussagefähige Ergebnisse bringt, noch hinzu. In der Schweiz zeichnet sich indes eine hohe Zustimmung zur App ab. 70 Prozent befürworten ihre Einführung, wie aus einer am Montag publizierten Umfrage hervorgeht. Zuvor schon hatte eine Studie im Auftrag des Schweizer Bundesamts für Gesundheit nach einer Online-Befragung von 2.800 Personen eine Installationsbereitschaft bei 59 Prozent der Befragten ermittelt.
API stark nachgefragt, deutsche App „im Zeitplan“
Apple und Google können nicht über mangelndes Interesse an der Tracing-API klagen. Schon 22 Nationen und einige US-Bundesstaaten haben nach Aussage der Tech-Riesen schon den Zugang zur API beantragt. Darunter befindet sich auch Großbritannien. Das Land will sich eine Art Backup schaffen, falls sich die in Arbeit befindliche Eigenentwicklung des Vereinigten Königreichs letztlich als untauglich erweist.
Unter Android hat Google die API auch in Deutschland inzwischen über die Play-Dienste freigeschaltet. Seit Ende April arbeiten SAP und die Deutsche Telekom an einer Tracing-App für Deutschland. Laut SAP kann derzeit die Entwicklung als zur Hälfte abgeschlossen betrachtet werden. Die Projektpartner wähnen sich „gut im Zeitplan“.
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