Tiktoks unsichtbarer CO2-Fußabdruck: Warum das soziale Netzwerk die Umwelt stärker belastet als andere

Greenly schätzt, dass Tiktok ähnlich viel CO2-Äquivalent produziert wie Griechenland. Gefahren sehen sie im Suchtpotential, welcher Nutzer länger am Bildschirm fesselt. (Foto: QubixStudio/Shutterstock)
Das Beratungsunternehmen Greenly veröffentlichte Mitte Dezember 2024 Zahlen, die belegen sollen, wie stark sich die Nutzung sozialer Netzwerke auf die Umwelt auswirkt. Ein Ergebnis: Tiktok hat zwar nicht die meisten Nutzer, dafür aber einen großen Fußabdruck. Wie kommt es dazu?
Die Ergebnisse der Greenly-Schätzung
Vorweg: Schätzungen und Datenrecherchen sind – selbst wenn sie von Experten getätigt wurden – nicht so genau wie eigens angelegte Studien. Greenly verweist selbst darauf, dass die Zahlen zur Diskussion anregen sollen und eher als „beitragende Erkenntnisse“ und nicht als gültige Fakten behandelt werden sollten.
Der Recherche zufolge produzierte Tiktok 2023 allein in Großbritannien, Frankreich und den USA 7,6 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent (CO2e) und damit mehr als X oder Snapchat in derselben Region. In einem Linkedin-Beitrag versucht Greenly-CEO Alexis Normand die Zahlen zu veranschaulichen. Demnach produziert ein durchschnittlicher Tiktok-Nutzer jährlich so viel CO2e wie ein benzinbetriebenes Auto beim Zurücklegen einer Strecke von 123 Meilen (oder rund 198 Kilometern).
Gründe für den höheren Verbrauch von Tiktok
Weltweit liegt das produzierte CO2e von Tiktok laut Schätzungen bei jährlich 50 Millionen Tonnen und damit laut Normand knapp unter den Emissionen von Griechenland (51,67 metrische Tonnen). Hier muss erwähnt werden, dass Tiktok selbst keine eigenen Emissionsdaten veröffentlicht und diese Zahl aus einer Hochrechnung von Greenly stammt.
Interessant dabei: Tiktok liegt mit seinem CO2-Fußabdruck knapp über dem von Instagram, obwohl das Meta-Netzwerk weltweit fast doppelt so viele Nutzer hat. Ein Grund dafür liegt laut Greenly darin, dass Zuschauer viel Zeit auf der Bytedance-Plattform verbringen. Im Schnitt konsumieren sie 45,8 Minuten Videos am Tag. Zum Problem wird, dass Tiktok ausschließlich auf Videos setzt. Diese Clips werden laut Greenly auf „energieintensiven Servern“ gehostet. Weitere Faktoren für den hohen Energiebedarf seien die Autoplay-Funktion und die vom Algorithmus gesteuerte Auswahl der Inhalte. Als Gegenbeispiel nennt Greenly etwa Facebook. Hier liegt der Fokus vor allem auf textbasierten Inhalten.
Die lange Nutzungsdauer verwundert nicht. Ohnehin steht Tiktok immer wieder in Verbindung mit Suchtgefahr. Das Angebot Tiktok Lite, bei dem Nutzer für das Ansehen von Videos belohnt werden sollten, zog Bytedance mittlerweile aus der EU zurück.
So steht es um die Zukunft von Tiktok
Tiktok hat sich verpflichtet, bis 2030 klimaneutral zu werden. Dafür hat die Plattform schon 2023 das Projekt Clover ins Leben gerufen. Laut The Guardian ist bisher aber nicht viel passiert. Nur ein Rechenzentrum in Norwegen wird mit 100 Prozent erneuerbaren Energien betrieben. Die Anlage kostete zwölf Milliarden Euro. Laut Greenly handelt es sich bei der Anlage um ein Vorbild für künftige Datenzentren, die nicht nur effizient arbeiten, sondern auch die entstehende Hitze wiederverwenden sollen. Dennoch sieht das Unternehmen Bytedance beim Erreichen seiner Klimaziele hinter Konkurrenz.
Wie viel Bytedance die nächsten Jahre in Umweltschutz investieren wird, ist kaum abschätzbar. Auch im Hinblick auf die aktuelle Situation in den USA, wo der Plattform das Aus droht. Wegen der Nähe zur chinesischen Regierung soll die Plattform bald verboten werden, sollte Bytedance nicht bis zum 19. Januar einen neuen Besitzer finden.