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Jedes Token ein Wertpapier? US-Börsenaufsicht klagt sich mit 70 Jahre alten Regeln durch die Kryptobranche

Wie schon Ripple (XRP) und einige andere hat nun auch LBRY Ärger mit der US-Börsenaufsicht. Der Vorwurf: LBRY soll unerlaubt Wertpapiere im Gegenwert von elf Millionen Dollar verkauft haben.

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Die US-Börsenaufsicht SEC hat es auf die Kryptobranche abgesehen. (Foto: Mark Van Scyoc / Shutterstock.com)

 

Die US-Börsenaufsicht SEC (Securities and Exchange Commission) zieht ihr Netz im Krypto-Umfeld immer weiter. Jetzt verklagt sie die dezentrale Youtube-Alternative LBRY, weil die zwischen 2016 und 2021 über 40 Millionen LBC-Token an „Investoren“ verkauft haben soll. Das entspräche einem Dollar-Gegenwert von elf Millionen. Hier könnt ihr die Klage als PDF einsehen.

LBRY-Plattformwährung soll Wertpapier sein

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Der Blockchain-basierte Dienst betreibt ein dezentrales Netzwerk mit einer Video-Sharing-Anwendung, in der Nutzer LBRY-Credits erhalten können. Die können dann auf der Plattform etwa für den Kauf von Inhalten verwendet werden.

Die SEC stellt sich nun auf den Standpunkt, dass diese Plattform-Währung die Kriterien eines Wertpapiers erfüllt und damit einer Registrierung bei der SEC voraussetzt, bevor sie gehandelt werden darf. Mit der gleichen Argumentation geht sie auch gegen Ripple (XRP) vor. Das Verfahren wird von beiden Seiten engagiert geführt.

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Die grundlegende Argumentation der Beklagten ist stets ähnlich. Sie verwahren sich vor der Einstufung als Wertpapier und verweisen darauf, dass Fiat-Geld schließlich auch nicht als Wertpapier eingestuft sei. Krypto-Token seien in der Regel nur eine digitale Variante analoger Währungen. Eine Einstufung als Wertpapier würde weit höhere regulatorische Hürden aufbauen.

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Das ist der für die SEC maßgebliche Howey-Test

Zudem verweisen sie darauf, dass die SEC für diese Einstufung uralte Definitionen heranziehe. Tatsächlich wendet die Börsenaufsicht den sogenannten Howey-Test an, der 1946 vom obersten US-Gericht, dem Supreme Court, auf der Basis von Definitionen aus den Jahren 1933 und 1934 entwickelt worden war.

Die Kriterien dieses Tests, der als Urteil einer Klage der SEC gegen die Howey Company entwickelt worden waren, könnten nicht sinnvoll auf eine völlig neue Branche wie die Krypto-Industrie angewendet werden, wenden sie ein. Tatsächlich hatte die Howey Company Käufern Parzellen von Zitronenplantagen verkauft und diese dann von den Käufern angemietet.

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Daraus hatte der Supreme Court vier einfache Kriterien abgeleitet. Ein Wertpapier – oder allgemeiner ein Investitionsvetrag – läge danach stets dann vor, wenn (1) eine Investition von Geld (2) in ein gemeinsames Unternehmen (3) mit der Erwartung eines Gewinns, der (4) aus den Bemühungen anderer abgeleitet werde, getätigt werde.

Das sind die Positionen im Streit um den Howey-Test

Bezogen auf Krypto-Assets entzündet sich der Streit an mehreren Punkten. Die Radikalposition besteht darin, dass die Howey-Kriterien überhaupt keine Rolle spielen, weil eine Kryptowährung einfach eine Währung und kein Wertpapier ist.

Auf diesen Standpunkt hat sich Ripple (XRP) gestellt und darauf verwiesen, schon 2015 von der zuständigen Abteilung im US-Finanzministerium als Währung anerkannt worden zu sein. Das erkennt auch die SEC an, verweist aber darauf, dass die Einstufung als Währung in der Zuständigkeit des FinCEN (Financial Crimes Enforcement Network) im Finanzministerium die Einstufung als Wertpapier in der Zuständigkeit der Börsenaufsicht nicht ausschließe.

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Marktteilnehmer, die sich dem Howey-Test nicht völlig verschließen, verweisen in der Regel darauf, dass das Kriterium 4 nicht erfüllt sei. Im Fall von Howey hatten Investoren lediglich die Erdscholle gekauft und vermietet. Der eigentliche Gewinn entstand nun dadurch, dass Dritte diese Erdscholle erfolgreich bewirtschaften.

Das sei bei Kryptowährungen grundsätzlich nicht so, lautet nun die Argumentation. Zumal es schließlich auch kein klares Rezept gäbe, was ein Dritter denn tun müsste, um mit seinen Bemühungen zum Erfolg beizutragen. Das sei grundsätzlich nicht mit etwa Aktien zu vergleichen, bei denen es im Gegenteil genau darauf ankomme, dass sich Dritte, nämlich die Mitarbeitenden der jeweiligen Aktiengesellschaft, darum bemühen, Gewinne zu erwirtschaften.

Dieser Argumentation will die SEC nicht folgen. Sie will den Begriff der „Bemühungen anderer“ deutlich weiter gefasst verstanden wissen. Das beginne bereits damit, dass sich Krypto-Käufer etwa auf andere verlassen müssten, weil diese das digitale Netzwerk entwickeln und pflegen.

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Ebenso sieht die SEC die Voraussetzung erfüllt, wenn die Unterstützer eines Projekts Schritte unternehmen, um den Preis des digitalen Vermögenswerts zu stützen. Hier wäre an das Token-Burning zur Schaffung von Knappheit zu denken.

Ganz klar ist das Kriterium für die SEC dann erfüllt, wenn hinter dem Krypto-Asset keine dezentrale Gemeinschaft vieler, sondern eine zentrale Einheit wie ein Unternehmen oder eine abgrenzbare Projekt-Gemeinschaft steht und dieser zentralen Einheit eine leitende Rolle zuteilwird.

Damit dürfte klar sein, wieso sich die SEC zunächst mit Projekten beschäftigt, die eindeutig einer zentralen Einheit zuzuordnen sind. Offensichtlich will die SEC sich erstmal solide Grundlagenurteile holen, bevor sie an die weniger eindeutigen Fälle wie Bitcoin, Ether und andere gehen könnte.

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LBRY: „Enorme Bedrohung für die gesamte Kryptowährungsindustrie“

Klar ist dabei, dass es sich zunächst einmal nur um Rechtsauffassungen handelt, die in einem Rechtsstaat in gleichberechtigten Streit treten und letztlich von einem Gericht (erforderlichenfalls) in letzter Instanz entschieden werden müssen.

LBRY sieht die jüngste Klage des SEC als „enorme Bedrohung für die gesamte Kryptowährungsindustrie“. Das schreibt das Unternehmen in einer FAQ zum Rechtsstreit. Volle drei Jahre habe man sich auf den bevorstehenden Rechtsstreit vorbereitet, teilt LBRY mit. So lange ermittelt die SEC bereits. Man habe bislang nichts darüber verlauten lassen, denn „Transparenz in laufenden Untersuchungen wird von der SEC nicht gerne gesehen“.

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