In diesem Fall tut True Fruits so, als würden sie politische Bildung betreiben – aber findet die wirklich im Supermarkt vor dem Saftregal statt? Durch ein Unternehmen, das seine Kund:innen und Kritiker:innen ohnehin schon in krasse Lager gespalten hat? Natürlich nicht. Letztlich betreibt True Fruits mal wieder nur bloße Provokation. Medial wird die Aktion diskutiert und True Fruits sind wieder in aller Munde. Mir ist klar, dass das auch gerade in diesen Zeilen passiert. Aber nicht mehr lange: Ich werde den Saftladen künftig ignorieren! Und das sollten wir alle tun.
Wo endet die Provokation?
Die Frage müssen sich Werbetreibende bei allen Werbekampagnen vorab stellen: Ist das noch Provokation oder schon Sexismus, Ableismus oder Rassismus? Als Antwort gibt es kein festes Regelwerk. Die -ismen werden über Diskriminierung definiert, aber wann genau ein Bild oder Satz in welchem Kontext eine solche ist, entscheidet der Diskurs. Das heißt: Wir gemeinsam als Gesellschaft fällen, zumeist rückwirkend, ein Urteil. Wenn True Fruits also ein Motiv druckt und die Mehrheit von Individuen und offiziellen Institutionen dieses als sexistisch rügt, dann ist das Sexismus. Da können sie uns noch so oft auf Instagram als „Dumme“ und „Pissnelken“ bezeichnen, oder gegen die kritisierenden „Fanatiker“ und „Radikalapostel“ austeilen. Es wurde entschieden, hört auf, euch dann auch noch als Opfer zu inszenieren.
Warum darf True Fruits immer noch rechtspopulistische rhetorische Mittel verwenden?
Dass True Fruits rechtspopulistische rhetorische Mittel benutzt – Täter-Opfer-Umkehr, Abwertung von Kritikern als fanatische Diktatoren und die Inszenierung als Verteidiger des Abendlandes und der freien Rede – das haben Experten wie die Geschlechterforscherin Beatrice Fraser schon 2019 analysiert.
Außerdem nutzt True Fruits rechte bis rechtsextreme Frames. Das sind stereotypische Deutungsrahmen, die sich Menschen aus dem persönlichen Vorwissen und ihren Erfahrungen zusammenbasteln. Dabei ist es Wurst, ob True Fruits das ironisch oder zynisch meint, sie aktivieren menschenverachtende und demokratiefeindliche Denkweisen und Stereotypen. Das hat Gerhard Wagner von der UN-Solidaritätsbewegung HeforShe Vienna schon 2019 auf Facebook erklärt. Wir wissen also seit mindestens zwei Jahren, dass sich True Fruits rechtspopulistischer, demokratie- und menschenfeindlicher Sprache und Schubladendenken bedient. Warum überrascht uns das also immer wieder? Warum unterstützen wir das jedes Mal mit Berichterstattung und Wokewashing-Kampagnen?
Provokation schafft Krieg
Die Provokationskampagne hat zwei Nachteile: Erstens hat True Fruits mittlerweile einen Stempel weg. Sie gelten als „die sexistischen und rassistischen Assis“ oder als die, „die sich von der linksversifften Meinungsdiktatur nichts vorschreiben lassen!“ Wahrscheinlich wollen sie das. Aber eine enge Zielgruppe zu haben ist eine Sache. Dass immer alle pöbeln, inklusive ihnen selbst, eine ganz andere. Die Marke ist mit negativen Emotionen besetzt – selbst Unterstützende haben nicht nur Spaß, sondern sind entnervt von der Kritik. Tendenziell haben auch sie eine Schmerzgrenze, bei der sie sich vom Saftladen abwenden. Zuletzt ist der Stempel wasserdicht: Kommt es so weit, dass True Fruits ernstlich in die Bredouille gerät, kann ein so krasses Image nur schwer korrigiert werden.
Denn zweitens ist die Community aggressiv: In den Kommentarspalten von True Fruits herrscht Krieg. Da heißt es, Muttis hätten nicht gut erzogen (hundert Punkte für den Alltagssexismus), alle seien dumm, „Nazis“ beschimpfen „Gutmenschen“. Derailing, Whataboutism und Trolling florieren. Als gäbe es nicht schon genug Hass im Netz. Kennt ihr noch den Spruch, wenn euch jemand geärgert hat: „Einfach nicht beachten, dann verlieren die das Interesse“? Bei Mobbing am Arbeitsplatz oder in der Schule ist das der falsche Ansatz – bei einer mobbenden Marke vielleicht gerade richtig.
Lasst uns leise gegen True Fruits protestieren!
Indem wir öffentlich protestieren, geben wir ihnen, was sie wollen: Aufmerksamkeit. Wir können es aber auch nicht still durchgehen lassen. Wir können stattdessen im Hintergrund aktiv werden, ohne ihnen medial Beachtung zu schenken: Die Motive und Kampagnen können wir beim Werberat oder regionalen Institutionen wie der Berliner Jury melden, die Posts direkt auf der jeweiligen Plattform.
Lasst uns aufhören, den Mist zu teilen oder zu kommentieren, auch nicht, um Missfallen auszudrücken. Denn dem Algorithmus ist egal, ob es Lob oder Kritik ist. Er registriert es als Engagement und verschafft ihnen mehr Sichtbarkeit in den Netzwerken – und damit wieder mehr Engagement durch mehr Befürworter:innen und Kritiker:innen. Als Verbraucher:innen können wir uns aufregen, aber so, dass sie nicht davon profitieren.
Aber auch Marken wie Edeka sollten aufhören, das als Chance für ein Statement für ihr „Marketing mit Haltung“ zu nutzen. Das ist halbherzig, wenn nicht entsprechend gehandelt wird. Verkauft eure Kund:innen nicht für dumm. Und liebe Medienhäuser: Lasst mal gemeinsam aufhören, Benzin ins Feuer zu gießen. Ich weiß, das gibt Traffic und Traffic ist bares Geld, aber wisst ihr, wem das auch Geld bringt? True Fruits, die es auf Kosten von Minderheiten verdienen.
Voll der pussy Artikel…
Die meisten Leute empfinden die Werbung einfach nur als witzig, gewitzt, als Satire oder einfach nur Albern und ignorieren es. Und dann gibt es halt Sie und die Social-Media Leute (Minderheit), die glauben für die Mehrheit zu sprechen und definieren zu dürfen was sexistisch ist und was nicht, und was als Humor durchgeht und was nicht. Das passiert dann häufig auf eine Art und weise, die True Fruits anprangert.
Lustig, „Framing“ schlecht finden aber selber so einen Artikel ablassen. Kann man sich nicht ausdenken.
Ich hole nachher erstmal eine schöne große Flasche True Fruits.
Wann ist t3n eigentlich zur jungen Welt geworden? junge junge
Ich kann echte Nazis in der realen Welt angreifen und trotzdem das gendern scheisse finden, die Grünen + AfD verabscheuen und true fruits manchmal ganz lustig finden.
Wenn nicht so viele Snowflakes dabei wären, könnte unsere Generation auch mal die echten Probleme angehen.