44.000 Euro für eine Studie: Uber-Files decken fragwürdige Lobbyarbeit in Deutschland auf

Ein Datenleck brachte es ans Licht: Der US-Konzern Uber bot seine Dienste in vielen Ländern in vollem Wissen ob der Illegalität seines Vorgehens an. (Bild: Shutterstock.com/ tanuha2001)
Rund 124.000 vertrauliche Dokumente, bestehend unter anderem aus E-Mails, Präsentationen, Memos und Whatsapp-Nachrichten, zeigen, mit welcher aggressiven Strategie der Fahrdienstleister Uber zwischen 2013 und 2017 die internationale Ausbreitung seines Angebots vorantrieb. Der ehemalige CEO Travis Kalanick investierte demnach allein für die Lobbyarbeit in Deutschland 150.000 Euro pro Monat. Ziel war dabei hauptsächlich, dass Uber rechtlich nicht als Fahrdienst eingestuft werden wollte, sondern als bloßer Service, den eine App zur Verfügung stellt. Ersteres setzt nämlich Lizenzen und Niederlassungen voraus – und führt zu einer vollständigen Steuerpflicht des ausländischen Unternehmens.
Wie aus den Dokumenten hervorgeht, über deren Aufdeckung unter anderem die Tagesschau berichtet, bot der Konzern seine Dienste in vielen Ländern in vollem Wissen ob der Illegalität seines Vorgehens an. Um Öffentlichkeit und Politik für das Konkurrenzunternehmen zum inländischen Taximarkt zu gewinnen, umwarb es Lobbyisten, Staatsoberhäupter, Medien, Oligarchen und Milliardäre. Der damalige französische Wirtschaftsminister und heutige Staatspräsident Emmanuel Macron bot Kalanick den Berichten zufolge beispielsweise in einer Nachricht an, er könne die Gesetzeslage im Land zugunsten des Konzerns ändern. Auch die ehemalige EU-Kommissarin Neelie Kroes nahm ihre Lobbyarbeit für den Konzern nachweislich schon vor ihrem Ausscheiden aus dem Amt auf.
Auch in Deutschland wurde Medienberichten zufolge über bezahlte Akteure Einfluss in der Politik geltend gemacht. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Otto Fricke arbeitete beispielsweise zwischen seinen beiden Amtszeiten bei einer Münchner Lobbyagentur. Dabei nutzte er offenbar seine Verbindungen, die ihm sein politisches Amt eingebracht hatte, um Ubers Interessen geltend zu machen. Eine SMS an den damaligen Verkehrsminister Alexander Dobrindt und ein nachweisliches Gespräch mit Jens Spahn belegen das.
Besonders zeigen die Uber-Files auch die Verstrickung eines Mannes: Justus Haucap, renommierter Wirtschaftswissenschaftler an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Die Dokumente enthüllen, dass für eine Studie über die Auswirkungen eines liberalisierten Taximarktes 44.000 Euro geflossen sind. Dabei legt die Art der Kommunikation zwischen dem Forscher und dem Unternehmen nahe, dass dabei in keiner Weise ergebnisoffen gearbeitet wurde. Auch einen Meinungsartikel in der FAZ hat sich Haucap offenbar von Uber bezahlen und vor Veröffentlichung inhaltlich absegnen lassen.
Uber hat inzwischen seinen CEO ausgetauscht und beteuert damit auch eine völlig neue Firmenphilosophie. „Das frühere Verhalten war und ist nicht zu entschuldigen“, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Mit den heutigen Werten des Konzerns sei dies nicht mehr zu vereinbaren. Welche Auswirkungen die Enthüllungen auf die Akteure und die künftige Lobbyarbeit in Deutschland haben, ist noch nicht abzusehen. Haucap streitet die Vorwürfe ab.
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