Der Kampf um die Fachkräfte ist nicht nur in der Finanzszene und in der Fintech-Welt im vollen Gange. Das Wiener Startup Bitpanda hat sich daher zu einem interessanten Schritt entschlossen, der Bewerber:innen aufhorchen lassen dürfte: Das Unternehmen hat mit Start April 2022 ein neues Benefits-Paket angekündigt, um für Mitarbeitende attraktiver zu werden. Alle rund 1.000 Mitarbeitende können ab diesen Zeitpunkt unbegrenzt Urlaub nehmen. Neu ist auch eine Elternzeit über immerhin 20 Wochen, die es geschlechterunabhängig Müttern und Vätern ermöglichen soll, Zeit mit der Familie zu verbringen. Der Sonderurlaub stehe, betont man, allen Familienformen offen.
Work from anywhere: 60 Tage freie Wahl des Arbeitsorts
Neu sind auch zwei zentrale „Recharge Breaks“ – zwei Auszeiten von jeweils vier oder fünf Tagen, bei denen bis auf ein paar Mitarbeitende, die die Stellung halten und danach immerhin einen Zeitausgleich erhalten, die gesamte Company out of business ist. Und, last but not least, sollen die Mitarbeiter:innen in Zukunft die Möglichkeit haben, bis zu 60 Tage von einem anderen Ort aus zu arbeiten. „Work from anywhere“-Prinzip nennt das das Fintech. Und die einzige Voraussetzung ist in der Tat, dass sich die Arbeitszeiten zu 80 Prozent mit denen ihrer Teams überschneiden müssen.
Die rund 1.000 Mitarbeiter arbeiten an mehr als zehn Standorten in Europa – darunter gibt es einen 8.000 Quadratmeter großen Standort in Wien sowie Büros in Amsterdam, Barcelona, Berlin, Bukarest, Dublin, Krakau, London, Madrid, Mailand und Zürich. Das Entgegenkommen soll motivierend wirken, man wolle, „dass Bitpanda der Ort ist, der den Mitarbeiter:innen alles bietet, was sie brauchen, um professionell sowie persönlich zu wachsen und mit einer der sich am schnellsten verändernden und anspruchsvollen Branchen Schritt zu halten“, erklärt Bitpanda-Co-Founder und -CEO Eric Demuth.
Bitpanda: Geschickter Zug im Kampf um Fachkräfte
Das Wohlbefinden, die Freiheit und Flexibilität der Mitarbeitenden in den Vordergrund zu stellen, klingt erst einmal ehrenwert. Doch dass diese insbesondere die Freiheit bei der Urlaubsplanung übermäßig ausnutzen, ist unwahrscheinlich. Denn andere Beispiele dieser Art haben gezeigt, dass die Mitarbeitenden gar nicht deutlich mehr Urlaub nehmen als Arbeitnehmer:innen mit festem Urlaubsbudget, sondern dass im Zweifelsfall sogar im Urlaub kürzere Unterbrechungen vorkommen. Auch bei der freien Wahl des Arbeitsortes ist zu erwarten, dass die zusätzliche Motivation für engagiertere Mitarbeitende sorgt. Dennoch setzt das natürlich voraus, dass ein solches Modell nicht nur geduldet ist, sondern auch im Rahmen einer modernen Unternehmenskultur mit Leben gefüllt wird.
Doch hinter dem Vorstoß dürfte noch ein anderes Interesse stehen: Mitarbeiterbindung. Denn bekannt sind solche Modelle etwa aus dem Silicon Valley, wo zum Beispiel Netflix Ähnliches bietet – und damit Mitarbeitende besser bindet als andere, die gegebenenfalls an der Gehaltsschraube drehen müssen. Und bekanntermaßen ist auch in der Fintech-Szene der Kampf um die besten Köpfe schwieriger geworden. Unternehmen, die Mitarbeitende langfristig halten wollen, was unter Know-how-Gesichtspunkten ein guter Move ist, sind daher gut beraten, solche Modelle einzuführen.