Unglaublich: Mit diesem Windows-Programm wurde das Titan-U-Boot von Oceangate navigiert
Eine umfunktionierte Tonne aus Karbonfaser, die über einen Playstation-Kontroller gesteuert auf 3.800 Meter Tiefe hinuntertauchen sollte – so kann man das improvisierte U-Boot Titan, bei dessen Implosion im Vergangenen Jahr fünf Menschen ums Leben gekommen sind, zusammengefasst beschreiben.
Die derzeit laufende Anhörung vor einer Kommission der US-Küstenwache liefert jetzt immer wieder neue Informationen zu den offenbar mehr als fragwürdigen Sicherheitsstandards bei der Betreiberfirma Oceangate, deren Chef Stockton Rush ebenfalls zu den Todesopfern des Unglücks zählt.
Die ehemalige Mitarbeiterin Antonella Wilby hat laut The Verge am Freitag unter anderem ausgesagt, dass zur Bestimmung der Position des U-Boots bei einem Tauchgang per Hand auszufüllende Excel-Tabellen herangezogen worden seien.
Laut Wilby orientierte die Titan sich unter Wasser anhand eines akustischen Navigationssystems, bei dem Sound-Pings Auskunft über Tiefe, Geschwindigkeit und Lage des Gefährts gaben. Normalerweise lese man solche Daten automatisch in eine Kartensoftware ein.
Nicht so bei Oceangate: Die Crew an der Oberfläche schrieb offenbar die Daten der Ping-Signale per Hand in ein Notizbuch und übertrug diese von dort in eine Exceltabelle. Anschließend mussten die Spreadsheets – auch wieder manuell – in eine Software überschrieben werden, die dann die ungefähre Position der Tauchkapsel in einer handgezeichneten Karte des Titanic-Wracks bestimmte.
Die Kommunikation zwischen der Oberflächencrew und der Person, die die improvisierte Tauchkapsel per Playstation-Controller unter der Meeresoberfläche steuerte, fand über Short Message Services statt.
Laut Wilby sollte dieser Navigationsvorgang alle fünf Minuten durchgeführt werden – eine äußerst ungenaue und fehleranfällige Vorgehensweise. Auf Nachfrage, warum keine automatische Mapping-Software eingesetzt würde, erklärte man ihr, dass man bei Oceangate ein hauseigenes Navigationsssystem entwickeln wolle – aber bislang keine Zeit dafür gehabt habe.
Wilby bezeichnete die Navigationsmethode ihrem Arbeitgeber gegenüber als „idiotisch“, woraufhin sie aus dem Team genommen und nach Hause geflogen wurde.
Oceangate-Mitarbeiter packen aus: Crash sechs Tage vor Unglück
Die Ex-Mitarbeiterin bestätigte in ihrer Aussage auch das zuvor gegebene Statement des früheren Oceangate-Wissenschaftsleiters Steven Ross, dass es beim Auftauchen der Titan nach dem 80. Einsatz zu einem lauten Knall oder einer Explosion gekommen sei. Das Geräusch war offenbar so laut, dass man es sogar an der Oberfläche hören konnte.
Außerdem habe Rush beim 87. Tauchgang – sechs Tage vor dem Unfall – die Titan in das Schott einer Startvorrichtung gecrasht. Ross konnte nicht bestätigen, ob danach eine Sicherheitsinspektion des U-Boots durchgeführt worden sei.
Die Titan war am 18. Juni 2023 bei einer Erkundungstour zum Wrack der Titanic implodiert. Die Insassen Paul-Henri Nargeolet (77), Hamish Harding (58), Shahzada Dawood (48) und sein 19-jähriger Sohn Suleman sowie Oceangate-Chef Stockton Rush (61) kamen dabei ums Leben.