Kund:innenbewertungen bei Google und Co. sind so eine Sache: Sind sie gerechtfertigt, geben sie anderen Kund:innen gute Anhaltspunkte, ob diese sich in einem Restaurant wohlfühlen werden, ob in einem Hotel der Service stimmt oder ob ein:e Händler:in serviceorientiert und zuvorkommend arbeitet. Missbraucht oder als Druckmittel eingesetzt werden sie allerdings auch zuweilen – Grund genug für viele Unternehmensinhaber:innen und Selbstständige, mit allen möglichen Mitteln gegen negative Bewertungen vorzugehen.
Doch hieraus ist in den letzten Monaten ein Trendgeschäft geworden, das so manchem:mancher Firmenbetreiber:in auf die Füße fallen kann: Dienstleistungsunternehmen bieten hier ihre Hilfe an – für Preise zwischen zumeist 35 und 60 Euro oder nach Vereinbarung zweifeln sie bei Google die entsprechenden Bewertungen an und fordern die Plattform (und einige andere Plattformen wie Ärztebewertungen, Hotelzufriedenheitsportale und andere) zur Löschung auf. Die Plattform schreibt in diesem Fall die bewertende Person an und erklärt, dass die Rezension angezweifelt wird. Google und einige andere Portale fordern dann Beweise dafür an, dass man in geschäftlicher Beziehung mit besagtem Unternehmen gestanden hat.
Das ist vor allem dann schwierig, wenn – wie das derzeit häufiger vorkommt – besagter Besuch etliche Jahre zurückliegt. Es sind Fälle bekannt, in denen die Rezension zwischen fünf und zehn Jahre zurückliegt, folglich die entsprechenden Belege, sofern jemals überhaupt vorhanden, selbst nach gängigem deutschen Recht nicht einmal mehr für den Fiskus aufgehoben werden müssen. Und Hand aufs Herz: Wer nimmt immer brav den Kassenzettel oder die Restaurantrechnung mit?
Viele Autor:innen solcher Bewertungen lassen sich von einem Löschantrag abschrecken und reagieren einfach überhaupt nicht – die Rezension oder Bewertung wird dann gelöscht. In seltenen Fällen wird ein entsprechender Beleg, etwa über Kreditkartenrechnungen oder Ähnliches, vorgelegt, sodass Google an der Bewertung zumindest bis auf Weiteres festhält.
Kundenbewertungen löschen lassen? Nur im äußersten Notfall
Also alles super im Sinne der Geschäftsinhaber:innen? Nein, mitnichten. Denn in vielen Fällen schreiben die erbosten Kund:innen nach der Löschung eine weitere Bewertung, in der sie diese Praxis anprangern, die sie ja an dieser Stelle problemlos belegen können. Für manche Inhaber:innen von Geschäften geht damit der Bewertungs-Score erst richtig nach unten. Diese Bewertungen dann löschen zu lassen, würde erneut Geld kosten – wenn es den juristischen Dienstleistungsunternehmen, die meist nicht nur im Erfolgsfall abrechnen, überhaupt gelingt.
Besonders ärgerlich ist das, wenn – wie viele derartige Firmen es tun – gar nicht mal nur ehrverletzende Kommentare und Ein-Stern-Bewertungen gelöscht werden, sondern auch Drei-Sterne-Bewertungen und vergleichsweise unproblematische Beurteilungen und Kommentare angemahnt werden. Aus einem Bewertungsprofil, an dem die meisten potenziellen Kund:innen keinen Anstoß nehmen würden, wird dann eines, auf das kein:e Inhaber:in wirklich stolz sein dürfte. Denn wenn die Bewerter:innen sehen, dass sie nicht die Einzigen sind, die zur Rücknahme ihrer Bewertung aufgefordert werden, häufen sich die Kommentare, die eben ein solches Verhalten mit der Brechstange anprangern.
Reputation-Management – nicht im Affekt reagieren
Wie sollten sich Geschäftsinhaber:innen somit verhalten, wenn sie gegen Bewertungen vorgehen wollen? Die Antwort vorweg: Am besten deutlich vorsichtiger als die angebotene Fließband-Dienstleistung, die im Akkord Google-Bewertungen beanstandet. Denn das zerschlägt mit dem pauschalen Beanstanden vieler Bewertungen mehr Porzellan, als dem:der Geschäftsinhaber:in lieb sein kann.
Dennoch spricht natürlich nichts gegen vernünftiges Reputation-Management. Und dafür gibt es ein paar Grundregeln: Kommentiere eine unfaire schlechte Bewertung sachlich und höflich, erkläre gegebenenfalls den Sachverhalt oder biete am besten dem:der Kund:in eine vernünftige Lösung an. Dazu kannst du, insbesondere wenn es ein:e dir bekannte:r Kund:in ist, diese:n auch direkt kontaktieren. Übrigens musst du, anders als manche Berater:innen dies darstellen, dazu weder Goethe noch Gandhi sein. Sei nett zum:zur Kund:in, so wie du es auch im direkten Kontakt wärst.
Wenn du wirklich unfaire und ungerechtfertigte schlechte Bewertungen beseitigen willst, arbeite mit vernünftigen Expert:innen zusammen und lass nur jene einzelnen Bewertungen beanstanden, die es wirklich wert sind. Denn alles andere wird doppelt und dreifach zurückkommen und im schlimmsten Fall mehr Schaden verursachen als die bestehende Bewertung (im besten Fall „nur“ zusätzliche weitere Kosten, die dem Dienstleistungsunternehmen zugutekommen).
Und als letzter Tipp: Bau selbst Reputation auf, indem du beispielsweise über Flyer oder Aktionen deine zufriedenen Kund:innen dazu ermunterst, dich in den einschlägigen Portalen und Plattformen zu bewerten. Denn wer 50 positive Bewertungen hat, dürfte mit ein oder zwei negativen Rezensionen weniger Probleme haben als ein:e Inhaber:in mit fünf Bewertungen.
Und was solltest du als Kund:in tun, wenn ein Unternehmen die juristische Keule schwingt und über Google oder einen anderen Dienst einen Löschantrag für deine Bewertung stellt? Das haben wir hier für dich zusammengefasst.