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Analyse

Vehicle-to-Grid: Das Elektroauto als Katalysator der Energiewende

Mit der Vehicle-to-Grid-Technologie (V2G) können Elektroautos ins Stromnetz eingebunden werden und die Überproduktion der erneuerbaren Energien auffangen. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Energiewende – zumindest in der Theorie.

Von Frank Feil
4 Min.
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(Foto: Shutterstock)

In Deutschland wird dieser Tage viel über die Energiewende und erneuerbare Energien diskutiert. Von zentraler Bedeutung sind in diesem Zusammenhang Photovoltaik- und Windkraftanlagen, bei denen es aber ein Problem gibt: In den Abend- und Nachtstunden, wenn die meisten Menschen zu Hause sind und Strom verbrauchen, scheint keine Sonne. Auf der anderen Seite wird in den Sommermonaten tagsüber mehr Strom erzeugt, als verbraucht. Das gilt analog für Windkraft, bei der es ebenfalls regelmäßig zu Überproduktion kommt.

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Dieses für die Energiewende elementare Problem lässt sich nur lösen, wenn ein Weg gefunden wird, den Strom dezentral zu speichern und bei Bedarf abzurufen. Auf diese Weise können sowohl Überproduktion als auch Lastspitzen abgefangen werden. Ein mögliche Lösung, die das Mainzer E-Mobility-Startup LADE seit Anfang März mit einem interaktiven Visualisierungs-Tool vorantreiben möchte, heißt Vehicle-to-Grid – und eine zentrale Rolle spielen dabei die Batterien von Elektroautos.

Bidirektionales Laden verwandelt die Batterie eines Elektroautos in einen Stromspeicher

Für gewöhnlich schließt man ein Elektroauto an die heimische Wallbox an, um es zu laden – entweder mit Strom aus dem Netz oder einer Photovoltaikanlage. Bestimmte Modelle von Herstellern wie Honda, Kia oder Nissan sind allerdings bereits heute technisch dazu in der Lage, bidirektional zu laden. Das bedeutet, dass sie die geladene Energie bei Bedarf auch zurückspeisen können. Anders ausgedrückt: Die Batterie des Elektroautos wird zu einem Stromspeicher.

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Daraus ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten. Die niederschwelligste Variante, die beispielsweise der Hyundai Ioniq 5 integriert hat, nennt sich Vehicle-to-Load (V2L). Er besitzt im Innenraum eine 220-Volt-Steckdose, an der über einen Adapter beispielsweise E-Bikes oder E-Scooter mit bis zu 3,5 Kilowatt geladen werden können. Sogar ein Fernseher lässt sich darüber betreiben.

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V2L ist praktisch, leistet aber letztendlich noch keinen wirklichen Beitrag zur Energiewende. Bei der Vehicle-to-Home-Technologie (V2H) sieht die Sache schon etwas anders aus. Sie erlaubt es, ein Elektroauto als Stromspeicher ins Hausnetz einzubinden. Auf diese Weise kann man beispielsweise den von einer Photovoltaikanlage tagsüber erzeugten Strom ins Elektroauto laden. In den Abend- und Nachtstunden (oder bei einem Stromausfall) stellt das Fahrzeug diesen dann für die Verbraucher im Haushalt bereit. Daraus resultiert in den Monaten März bis Oktober ein Autarkiegrad von nahezu 100 Prozent: In diesem Zeitraum muss – abhängig von der Größe der Photovoltaikanlage – kein Strom aus dem öffentlichen Netz bezogen werden.

Klingt gut, ist in Deutschland bislang aber ein absolutes Nischenthema. Das liegt einerseits daran, dass es kaum Autos gibt, die bidirektionales Laden unterstützen, andererseits sind die dafür notwendigen Wallboxen vergleichsweise teuer. Und dann wären da natürlich noch die regulatorischen Hürden.

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Vehicle-to-Grid: Elektroautos werden zu „Schwarm-Batterien“ im öffentlichen Stromnetz

Aber warum sollten nur Eigenheimbesitzer von ihrem Elektroauto profitieren? Was wäre, wenn man einfach die Batterien aller Elektroautos als Stromspeicher ins öffentliche Netz einbinden würde? Genau darum geht es bei der Vehicle-to-Grid-Technologie.

Die Idee dahinter ist denkbar einfach: Sowohl bei Photovoltaik- als auch bei Windkraftanlagen kommt es schon heute häufig zu einer Überproduktion – beispielsweise an sehr sonnigen oder sehr windigen Tagen. Bislang regeln die Übertragungsnetzbetreiber den Strom dann einfach ab. Wäre die V2G-Technologie bereits implementiert, würde der Strom stattdessen in die Batterien der zu diesem Zeitpunkt ans Netz angeschlossenen Elektroautos fliesen. Umgekehrt könnten mit dieser gigantischen, dezentralen „Schwarm-Batterie“ auch Lastspitzen ausgeglichen werden.

„In der Vehicle-to-Grid-Technologie steckt die große Chance, die Elektromobilität zu nutzen, um aus dem Individualverkehr etwas Gutes zu machen – und damit die Energiewende voranzutreiben“, erklärt Dennis Schulmeyer, CEO des Mainzer E-Mobility-Startups LADE. „Im Schnitt steht ein Auto in Deutschland 23 Stunden am Tag unbenutzt herum. Handelt es sich dabei um ein Elektroauto, könnte dessen Batterie in dieser Zeit vom Stromnetz als dezentraler Stromspeicher genutzt werden. Bei perspektivisch Millionen von Elektroautos wäre das Potenzial enorm – und man würde die kostbare Ressource Batterie optimal nutzen .“

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V2G-Simulator

Der V2G-Simulator von LADE macht das Potenzial der Vehicle-to-Grid-Technologie visuell greifbar. (Grafik: LADE)

Um dies zu illustrieren, hat LADE den V2G-Simulator entwickelt. Basierend auf realen Daten der Bundesnetzagentur veranschaulicht das interaktive Visualisierungs-Tool, welchen Beitrag Vehicle-to-Grid ganz konkret zum Erreichen der Klimaziele leisten kann. Dabei zeigt sich: Sollte die Bundesregierung ihr Ziel von 15 Millionen vollelektrischen Fahrzeugen bis 2030 realisieren können und zudem weiter kräftig Photovoltaik und Windkraft ausbauen, ist es realistisch, dass hierzulande im weiteren Verlauf ein Großteil der Stromversorgung allein mit Wind, Solar und Batterien aus Elektroautos abgedeckt werden kann.

Vehicle-to-Grid: Noch sind viele Fragen offen

Aber noch gibt es viele Hürden. So setzen aktuell beispielsweise die meisten Autobauer beim bidirektionalen Laden auf die DC-Technologie, die auch Schnellladesäulen nutzen. Doch diese sind kompliziert und teuer. „Für das bidirektionale Laden kann aber auch das ohnehin schon im Fahrzeug verbaute AC-On-Board-Ladegerät verwendet werden. Dieses lässt sich mit überschaubarem Aufwand entsprechend umrüsten. AC-Ladepunkte benötigen nur wenig Technik und sind dementsprechend günstig. Im Grunde könnte man sogar bereits vorhandene Ladepunkte mit dieser Funktion ausstatten“, erläutert Schulmeyer. „Damit das volle Potenzial von V2G genutzt werden kann, müssen die Fahrzeuge möglichst immer über V2G-fähige Ladepunkte mit dem Netz verbunden sein, wenn sie gerade nicht unterwegs sind. Deshalb brauchen wir am Ende des Tages mehr Ladepunkte als Fahrzeuge – also sollte aus unserer Sicht mit dem AC-Laden auf die günstigere Ladepunkttechnologie gesetzt werden.“

Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe regulatorischer Anforderungen, die von den Fahrzeugen erfüllt werden müssen, damit die Netzbetreiber diese überhaupt als „öffentliche Stromspeicher“ zulassen. Zudem ist völlig unklar, welche Auswirkungen eine V2G-Nutzung auf die Gewährleistung und Garantie der Autohersteller für die Akkus hätte. Und dann bleibt natürlich auch noch die Frage, wie entsprechende Geschäftsmodelle aussehen könnten. Denn niemand, der gerade am Ionity-Charger für 79 Cent pro Kilowattstunde sein Elektroauto geladen hat, wird den Strom im Anschluss der Allgemeinheit zur Verfügung stellen, ohne dafür eine entsprechende Vergütung zu erhalten.

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Die Idee hinter V2G ist gut, der Weg dorthin aber noch lang.

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