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Vogelgrippe in den USA: Steigt das Risiko einer Pandemie?

In den USA steigt die Zahl der Menschen, die sich anstecken, und das Virus taucht in Kühen und Milchprodukten auf. Zum Glück gibt es Impfstoffe für den Fall der Fälle.

Von MIT Technology Review Online
6 Min.
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Der Mundschutz wurde in Hochzeiten der Corona-Pandemie der stetige Begleiter. Droht durch die Vogelgrippe die nächste Pandemie? (Foto: Shutterstock)

Wie besorgt sollte man über die Vogelgrippe sein? Diese Frage hört man in diesen Wochen oft. Ausgelöst wird sie durch potenziell besorgniserregende Entwicklungen in den USA, darunter die fortgesetzte Ausbreitung des Virus unter Milchkühen, die Entdeckung des Virus in einem Schwein sowie in Kuhmilch und – am besorgniserregendsten von allen – die wachsende Zahl von Infektionen beim Menschen.

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Noch gibt es keine Beweise dafür, dass sich das Virus von Mensch zu Mensch ausbreitet, aber das Risiko für eine nächste Pandemie ist gestiegen. Das ist angesichts des bevorstehenden Administrationswechsels, bei dem der neu gewählte Präsident die US-Gesundheitsbehörden in die Hände eines Impfverweigerers legen könnte, der sich für den Verzehr von Rohmilch ausspricht, nicht gerade ein beruhigender Gedanke.

Wie gut sind wir auf Ausbrüche der Vogelgrippe vorbereitet?

Etwas Gutes lässt sich dennoch feststellen: Wir sind in einer viel besseren Position, um mögliche künftige Grippeausbrüche zu bekämpfen, als wir es 2020 mit Covid-19 waren. Denn es gibt bereits Impfstoffe.

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Aber im Großen und Ganzen sieht es nicht gut aus. Warum? Die Vogelgrippe, die sich derzeit bei US-Milchvieh ausbreitet, wird durch das H5N1-Virus verursacht. Das Virus ist für einige Vogelpopulationen besonders tödlich und hat in den letzten Jahren viele Geflügel- und Seevögel-Populationen ausgerottet. Es hat auch bei vielen Säugetieren, die mit diesen Vögeln in Kontakt gekommen sind, tödliche Infektionen verursacht.

Vogelgrippe-Infektionen in 2024

H5N1 wurde erstmals im März dieses Jahres bei einer Milchkuh in Texas nachgewiesen. Bis zu dieser Woche wurde das Virus nach Angaben des Animal and Plant Health Inspection Service (APHIS) des US-Landwirtschaftsministeriums in 675 Herden in 15 Bundesstaaten nachgewiesen.

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Das sind nur die bekannten Fälle. Es könnten tatsächlich noch mehr sein. Das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) schreibt vor, dass Rinder getestet werden müssen, bevor sie in einen anderen Bundesstaat gebracht werden. Außerdem bietet es ein Testprogramm für Landwirte an, die wissen wollen, ob das Virus in ihren Milchtanks steckt. Die Teilnahme an diesem Programm ist jedoch freiwillig.

Die Bundesstaaten wiederum haben ihre eigenen Regeln. Colorado schreibt etwa seit Juli die Untersuchung von Milchtanks in lizenzierten Milchviehbetrieben vor. Das Landwirtschaftsministerium von Pennsylvania hat erst letzte Woche Pläne für ein solches Programm angekündigt. In einigen Staaten gibt es jedoch keine derartigen Anforderungen.

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Schweine sind „berüchtigte Virenbrutkästen“

Ende Oktober meldete das USDA, dass das Virus zum ersten Mal bei einem Schwein nachgewiesen worden war. Das Schwein war eines von fünf in einem Betrieb in Oregon, in dem eine Mischung aus Geflügel und Vieh gehalten wurde. Alle Schweine wurden geschlachtet.

Virolog:innen waren besonders besorgt darüber, dass das Virus auf Schweine übergesprungen ist, denn diese Tiere sind berüchtigte Virenbrutkästen. „Sie können mit Schweinestämmen, Vogelstämmen und menschlichen Stämmen infiziert werden“, sagt Brinkley Bellotti, ein Epidemiologe für Infektionskrankheiten an der Wake Forest University in North Carolina. All diese Virusstämme aus verschiedenen Spezies können Gene austauschen und neue, potenziell infektiösere oder schädlichere Stämme hervorbringen.

Glücklicherweise sind keine weiteren Fälle in Schweinebetrieben aufgetreten, und es gibt keine Hinweise darauf, dass sich das Virus von einem Schwein zum anderen ausbreiten kann. Und obwohl sich das Virus unter Rindern ziemlich schnell verbreitet hat, scheint es sich nicht wesentlich weiterentwickelt zu haben, sagt Seema Lakdawala, Virologe an der Emory University School of Medicine in Atlanta. Das deutet darauf hin, dass das Virus nur einmal, wahrscheinlich von Vögeln, auf Rinder übergesprungen ist. Seitdem breitet es sich in den Herden weiter aus.

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Was ist über Infektionsketten der Vogelgrippe bekannt?

Leider ist immer noch nicht genau bekannt, wie sich das Virus ausbreitet. Es gibt einige Hinweise darauf, dass das Virus durch gemeinsam genutzte Melkanlagen von Kuh zu Kuh übertragen werden kann. Aber es ist unklar, wie sich das Virus von einem Betrieb zum anderen ausbreitet. „Es ist schwer, eine wirksame Bekämpfungsstrategie zu entwickeln, wenn man nicht genau weiß, wie sich das Virus verbreitet“, sagt Bellotti.

Fest steht, dass es sich in Kühen etabliert hat und auch in ihrer Milch ist. Bei der Analyse von 297 Proben pasteurisierter Einzelhandelsmilchprodukte der Güteklasse A, darunter Milch, Sahne und Käse, fanden die Wissenschaftler in 20 Prozent der Proben virale RNA von H5N1. Die Proben stammten aus 17 Bundesstaaten der USA. Die Studie wurde im April durchgeführt, nur wenige Wochen, nachdem das Virus erstmals bei Rindern nachgewiesen worden war. „Es überrascht mich, dass es völlig in Ordnung ist, dass unsere pasteurisierten Milchprodukte virale DNA enthalten“, sagt Lakdawala.

Reicht die Pasteurisierung?

Die Forschung legt nahe, dass das Virus nicht ansteckend ist, solange die Milch pasteurisiert ist. Lakdawala ist jedoch besorgt, dass durch die Pasteurisierung möglicherweise nicht immer das gesamte Virus inaktiviert wird. „Wir wissen nicht, wie viel Viren wir zu uns nehmen müssen [,um uns zu infizieren] und ob einige von ihnen die Pasteurisierung überstehen könnten“, sagt sie.

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Für nicht pasteurisierte Rohmilch gibt es gleich gar keine Sicherheiten. Wenn Kühe mit dem H5N1-Virus infiziert sind, kann sich ihre Milch dickflüssig, gelb und „klumpig“ verfärben. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass die Milch, selbst wenn sie wieder normal aussieht, immer noch potenziell infektiöse Viren enthalten kann.

Die besorgniserregendste Entwicklung ist jedoch der Anstieg der menschlichen Fälle. Nach Angaben der US-amerikanischen Zentren für Seuchenkontrolle und -prävention (CDC) wurden in den USA bisher 55 Infektionen mit Vogelgrippe des Typs H5N1 gemeldet. Neunundzwanzig dieser Fälle wurden in Kalifornien festgestellt. In fast allen diesen Fällen wird angenommen, dass sich die infizierte Person mit dem Virus von Rindern oder Geflügel in landwirtschaftlichen Betrieben angesteckt hat. In zwei dieser Fälle ist die Quelle der Infektion jedoch unbekannt.

Die Mediziner wissen auch nicht, wie ein Jugendlicher im kanadischen Territorium British Columbia an der Vogelgrippe erkrankt ist. Der anonyme Teenager, der sich am 2. November wegen einer Augeninfektion in ärztliche Behandlung begeben hatte, liegt immer noch schwer krank im Krankenhaus und ist zum Atmen weiterhin auf ein Beatmungsgerät angewiesen. Die örtlichen Gesundheitsbehörden haben ihre Untersuchung seiner Infektion abgeschlossen.

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Möglicherweise gibt es noch weitere, nicht gemeldete Fälle. Als Forscher 115 Milchbauern in Michigan und Colorado testeten, fanden sie bei sieben Prozent von ihnen Anzeichen für eine kürzlich erfolgte Infektion mit dem Virus. Bislang gibt es zwar keine Hinweise darauf, dass das Virus von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Aber jede menschliche Infektion bietet dem Virus eine weitere Gelegenheit, sich zu einer Form zu entwickeln, die genau das tun kann.

Vogelgrippe beim Menschen

Auch Menschen können als Virus-Inkubatoren fungieren. Und während der Grippesaison ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sich das H5N1-Virus mit zirkulierenden saisonalen Grippeviren vermischt. „Nur weil wir [noch keine Übertragung von Mensch zu Mensch] gesehen haben, heißt das nicht, dass es nicht passieren kann, dass es nicht passieren wird oder es nicht schon passiert ist“, sagt Lakdawala.

Wie geht es also weiter? Lakdawala meint, dass man bereits mit der Impfung von Milchbauern begonnen haben sollte. Schließlich haben die USA Impfstoffe für H5N1 auf Lager, die zum Schutz vor früheren Varianten des Virus entwickelt wurden. „Wir nehmen [die menschlichen Fälle] nicht ernst genug“, sagt sie.

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Mehr Tests auf Vogelgrippe nötig

Ohne ein besseres Verständnis der genauen Ausbreitungswege des Virus‘ lassen sich auch keine wirksameren Maßnahmen ergreifen, um die Verbreitung zu verhindern. Das bedeutet zumindest mehr Tests sowohl bei Kühen als auch bei den Mitarbeitern von Milchviehbetrieben. Man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass trotz der Aussagen von Robert F. Kennedy Jr., dem derzeitigen Spitzenkandidaten für die Leitung des US-Gesundheitsministeriums, Rohmilch gefährlich sein kann und Impfstoffe ein wichtiges Instrument zur Vorbeugung von Pandemien sind.

Noch haben wir die Möglichkeit, zu verhindern, dass der Ausbruch zu einer globalen Katastrophe wird. Doch seit dem Sommer hat sich die Lage verschlechtert. „So hat die Pandemie 2009 angefangen“, sagt Lakdawala und bezieht sich damit auf die H1N1-Schweinegrippe-Pandemie. „Zuerst gab es nur vereinzelt ein paar Fälle, und dann war sie plötzlich überall.“

Dieser Artikel stammt von Jessica Hamzelou. Sie ist Senior Reporter bei der US-amerikanischen Ausgabe von MIT Technology Review und schreibt über Biomedizin und Biotechnologie.

 

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