Gamestop-Investoren, die nicht zu den Tradern zu zählen sind, die sich organisiert über das Reddit-Forum Wallstreetbets und bewaffnet mit Apps wie Robinhood oder Trade Republic auf die Aktie gestürzt haben, um Shortsellern den Spaß an der Wette auf fallende Kurse zu vermiesen, stehen vor einem Problem, das auf den ersten Blick unverständlich scheint.
Wer sich Anteilsscheine zulegt, wettet in erster Linie auf steigende Kurse und will entweder über einen späteren Verkauf zu einem höheren Preis oder über laufende Dividenden bei positiven Geschäftsverläufen Renditen erzielen. Steigt eine Aktie nun massiv im Kurs, ist das ein Verlauf, der ganz im Sinne des Anlegers, der bereits über Anteile verfügt, ist.
Gamestops Papier-Milliardär: 76-Millionen-Invest wird zu 2,9-Milliarden-Anteil
Just das ist in der vergangenen Woche den Inhabern niedrigpreisiger Papiere wie denen von Gamestop oder AMC passiert. Wie Business Insider (BI) berichtet, wurde einer der Gamestop-Aktionäre damit auf dem Papier zum mehrfachen Milliardär, obwohl er im vergangenen Sommer lediglich 76 Millionen US-Dollar in einen rund 13-prozentigen Anteil an Gamestop gesteckt hatte.
Ebenso wie andere Gamestop-Insider hat Ryan Cohen, der Papier-Milliardär der Aktien-Rallye, bisher jedoch keinen seiner Anteile verkauft und das offenbar auch nicht vor. Laut BI hat kein einziger der Gamestop-Insider nach dem 11. Januar 2021 Anteile verkauft.
Zuvor beteiligten sich Insider zu gewichteten Preisen von zwischen rund 20 und unter 40 Dollar durchaus am Handel. Am vergangenen Freitag schloss das Papier bei 325 Dollar. Dennoch haben nicht einmal Gamestop-Chef George Sherman oder Groß-Investor Donald Foss nach BI-Informationen die Gunst der Stunde genutzt.
Rufschädigung befürchtet: Investoren tun sich schwer mit dem Verkauf
Das mag zum einen daran liegen, dass es eine Haltefrist vor der Veröffentlichung des nächsten Geschäftsberichts am 26. März 2021 geben könnte. Wahrscheinlicher erscheint indes, dass sich die Investoren gehindert sehen, aktiv von einem Kursanstieg zu profitieren, dem keine wirtschaftlichen Faktoren zugrunde liegen und der sich damit als reine Spekulation darstellt.
Für den Kommunikationsprofi Bob Pickard ist das Verhalten mehr als nachvollziehbar. Immerhin würde das aussehen, als wollten die Insider von der Unwissenheit der Neuinvestoren profitieren, so Pickard. Das könnte schnell nach hinten losgehen und den Ruf der Profiteure ruinieren.
Gamestop hat bislang nicht reagiert
Tatsächlich hat sich Gamestop offiziell bislang nicht zu den Entwicklungen geäußert. Das Unternehmen scheint sich in einer Art Schockstarre zu befinden. Die Ex-Gamestop-Beraterin Dorothy Crenshaw bezeichnet die Situation als „Krise”. Sie geht davon aus, dass bei Gamestop fieberhaft an einer Strategie gearbeitet wird, wie man den zwangsläufig bevorstehenden Absturz des Aktienkurses möglichst abfedern könnte.
Spätestens mit der Bekanntgabe der Geschäftszahlen am 26. März 2021 würde für jedermann deutlich, dass der Kursanstieg substanziell völlig ungerechtfertigt war. Die Reaktionen des Unternehmens stünden daher unter strenger Beobachtung, so Crenshaw. Klar sei jedoch, dass Gamestop zu einem Spielball eines Kulturkampfes zwischen den WallstreetBets-Rebellen und den großen Hedgefonds geworden sei.
AMC und Silver Lake nutzen Chance
Auch die Investoren anderer WallstreetBets-Stocks halten bislang auffällig die Füße still. Lediglich bei AMC hat man die sich bietende Chance genutzt und einen Kredit über 600 Millionen Dollar gegen Unternehmensanteile abgelöst.
Das gefällt AMC, die damit ein Stück finanzieller Freiheit zurückbekommen und das gefällt auch dem Kreditgeber Silver Lake, der nun einen schwach abgesicherten Kredit gegen echte Unternehmensanteile tauschen konnte und in der Folge an der Entwicklung des Papiers profitieren würde, wenn es etwas zu profitieren geben sollte.
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Das war schon ne geile Aktion. Das Spiegelforum zu dem Bericht überschlägt sich geradezu.