Bier im Weltraum: Forscher untersuchen die Auswirkungen von Mikrogravitation auf die Gärung

Alkoholgenuss ist auf der ISS verboten. Forschende in Florida haben sich am Boden mit dem Prozess des Biebrauens in simulierter Schwerelosigkeit auseinandergesetzt – mit spannenden Erkenntnissen. (Foto: Rido / Shutterstock)
Grundsätzlich wird Fermentation bereits seit Jahrtausenden genutzt, um Lebensmittel herzustellen oder haltbar zu machen. Aber auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel bei der Herstellung von Biokraftstoffen oder Arzneimitteln, kommt dieses Verfahren zum Einsatz, weshalb sich Forscherteams der Abteilung für Lebensmittelwissenschaft und menschliche Ernährung und der Abteilung für Gartenbauwissenschaften der University of Florida mit dem Prozess der Fermentation in der Mikrogravitation auseinandergesetzt haben, um herauszufinden, ob sich Produkte des täglichen Bedarfs unter Zuhilfenahme von Schwerelosigkeit verbessern lassen. Das Versuchsprodukt der Wahl: Bier.
Die in der Fachzeitschrift Beverages veröffentlichten Studienergebnisse geben Aufschluss darüber, wie der Prozess der Fermentation von Bierhefe in der Schwerelosigkeit abläuft.
Berauschende Idee: Bier brauen im All?
Wird es also bald Weltraumbier geben? Wohl eher nicht, doch dass bei der Studie das Brauen von Bier untersucht wurde, hat einen einfachen Grund: Bereits vor Tausenden von Jahren wurde ein bierähnliches Getränk hergestellt. Zu diesem Thema ist also ein umfangreiches Wissen vorhanden, mit dem die Forschenden ihre Erkenntnisse vergleichen konnten. Das Team um Studienleiter Pedro Fernandez Mendoza verglich demnach, wie sich der Prozess der Fermentation in der Schwerelosigkeit im Vergleich zum herkömmlichen Verfahren verhält – und ob dies eventuell Vorteile mit sich bringt.
Die Wissenschaftler:innen verwendete für die Studie Gerste, die in Live Oak in Florida angebaut wurde, und verarbeitete sie durch Einmaischen in Bierwürze, eine flüssige Lösung aus extrahierten Getreidekörnern. Anschließend wurde die Flüssigkeit in sechs identische Proben aufgeteilt, denen der Bierhefepilz Saccharomyces pastorianus zugesetzt wurde, um den Prozess der Fermentation einzuleiten.
Drei der sechs Probenbehälter dienten als Kontrollgruppe, die drei anderen wurden in einen Klinostat, ein Gerät, das Mikrogravitation simuliert, indem es die Proben um eine horizontale Achse dreht, gegeben.
Erhöht Schwerelosigkeit die Bierqualität?
Das Forschungsteam fand bei der Auswertung der Proben heraus, dass die Mikrogravitation weder die Anzahl der Hefezellen noch ihre Lebensfähigkeit beeinträchtigt. Aber: Die im Klinostat simulierte Schwerelosigkeit erhöhte die Fermentationsrate. Dieses Ergebnis führten die Wissenschaftler:innen darauf zurück, dass die Zellen ständig in Schwebe gehalten wurden und sich nicht am Gefäßboden absetzten, was die Nährstoffverfügbarkeit maximierte.
Ein weiterer Effekt der Fermentation unter Einfluss von Mikrogravitation: Die drei Klinostat-Proben wiesen einen geringeren Anteil an sogenanntem Ester auf, Nebenprodukte, die beim Umwandlungsprozess sowohl erwünschte als auch unerwünschte Bieraromen erzeugen. Die Forschenden vermuten, dass zum einen das fehlende Absetzen und zum anderen ein spezielles Gen in der Hefe, das die Produktion von Ester reguliert, unter Mikrogravitation weniger aktiv zu sein scheint. Die geringeren Ester-Werte würden dazu führen, dass das in simulierter Schwerelosigkeit gebraute Bier von höherer Qualität wäre.
Diese erste Versuchsanordnung sei ein erster Schritt und nicht zu 100 Prozent vergleichbar mit der tatsächlichen Schwerelosigkeit im All. Doch Studienautor Andrew MacIntosh, Professor für Lebensmittelwissenschaften an der University of Florida, erklärt: „Es ist essenziell, dass wir uns jetzt schon ansehen, was bei diesen Prozessen herauskommt, damit wir entscheiden können, welche wir zuerst in Mikrogravitation durchführen wollen, wie wir sie adaptieren und wie wir aus den Veränderungen, die wir sehen, Vorteile ziehen können.“ Diese Erkenntnisse könnten laut MacIntosh letztendlich Aufschluss darüber geben, wie Mikrogravitation genutzt werden kann, um Produkte zu verbessern, die täglich verwendet werden.
Was Astronauten mit ins Weltall nehmen