Längere Aufenthalte im Weltraum führen zu einer ganzen Reihe von „signifikanten mikrostrukturellen Veränderungen“ in dem Bereich des menschlichen Gehirns, der für die Kommunikation mit dem restlichen Körper zuständig ist. Das hat eine Gruppe von Forscher:innen von Universitäten in den USA, Belgien, Russland, Australien und Deutschland herausgefunden.
dMRT zeigt Veränderungen im Gehirn von Raumfahrer:innen
Die Wissenschaftler:innen haben dazu insgesamt zwölf Kosmonaut:innen, die im Durchschnitt jeweils 172 Tage im All verbracht haben, drei Mal einem dMRT – einem besonderen Verfahren der Magnetresonanztomografie – unterzogen: direkt vor und nach ihrem Weltraumaufenthalt sowie noch einmal sieben Monate später. Bei der letzten Untersuchung zeigte sich, dass der Großteil der Veränderungen wieder verschwunden war; einige seien jedoch weiterhin sichtbar gewesen.
„In Anbetracht der unterschiedlichen Physik und Kinästhetik, die in der extremen Umgebung des Weltraums herrschen, und der Hypothese, dass beide signifikante Auswirkungen auf die Repräsentation und Kontrolle des Körpers durch das Gehirn haben, wird vermutet, dass diese Nervenbahnen die veränderte sensomotorische Struktur widerspiegeln, die Raumfahrende aufweisen“, schreiben die Forscher:innen. Die extremen Bedingungen im Weltraum führen also vermutlich dazu, dass das Gehirn den Körper anders wahrnimmt und steuert – und dafür neue neuronale Verbindungen schafft.
Die gewonnenen Erkenntnisse seien „neue Teile für das ganze Puzzle“, erklärt Floris Wuyts von der Universität Antwerpen, der die Studie geleitet hat, gegenüber Frontiers Science News. „Wir wissen noch nicht, wie das ganze Puzzle aussehen wird. Aber diese Ergebnisse tragen zu unserem generellen Verständnis davon bei, was in den Gehirnen von Raumfahrenden passiert.“ Es sei „entscheidend“, hier weiterzuforschen.
Wie wirkt sich der Aufenthalt im All auf den Menschen aus?
Kehren Astronaut:innen nach einem Aufenthalt auf der ISS auf die Erde zurück, wirken sie meist ein wenig derangiert: Die dauernde Schwerelosigkeit hat trotz intensiven Trainings dazu geführt, dass die Muskelmasse stark abgenommen hat und das selbstständige Verlassen der Raumkapsel nicht möglich ist. Auch der Gleichgewichtssinn muss sich erst auf die neuen Gegebenheiten und die Schwerkraft einstellen.
Und wer zum ersten Mal im All war, ist womöglich noch ganz ergriffen vom Overview-Effekt. Dabei sind die Rückkehrer:innen ergriffen und von großer Ehrfurcht der Erde gegenüber erfüllt. Man sähe keine menschgemachten Grenzen, nur die der Natur, erklärte etwa Eugene Cernan, der mit den Apollomissionen 10 und 17 für die Nasa im Weltraum war. „Es ist eine der tiefgehendsten, emotionalsten Erfahrungen, die ich jemals gemacht habe.“