Weniger Kartons, dafür zusätzliche Kosten? Amazons neue Retourenpolitik sorgt für Diskussionen

Nur noch Retoure unverpackt kostenlos? Diese neue Regel kommt gar nicht gut an. (Foto: Jonathan Weiss/Shutterstock)
Einmal mehr ändert Amazon seine Rücksenderegeln – aber offenbar nicht für alle Kund:innen. War die Rücksendemöglichkeit, ohne die Ware verpacken zu müssen, in der Vergangenheit ein unverbindliches Angebot, kommen jetzt Kosten auf die (bisher wohl nur einige ausgewählte) Kund:innen zu, wenn sie es anders handhaben.
Das Bestreben Amazons ist klar: Kartons nehmen in vielen Fällen mehr Platz ein als die Versandtaschen, die in Paketshops bereitliegen. In einem Test, den wir dieser Tage gemacht haben (übrigens in unserem Fall noch mit der Auswahlmöglichkeit), wurde unsere Ware bei einer großen Filiale der Deutschen Post einfach in einen großen gepolsterten Briefumschlag ohne spezielles Branding gepackt. Wirklich nachhaltig und umweltfreundlich ist das also nicht.
Das Problem dabei: Im Rückendeprozess wurde manchen Kund:innen die Lösung des Selbstverpackens nach eigenen Angaben gar nicht angeboten. Stattdessen wurden sie gleich an die Paketshopfiliale verwiesen. Gegenüber dem Bayerischen Rundfunk erklärte das Unternehmen, man teste „regelmäßig Möglichkeiten, um Produktrücksendungen für unsere Kund:innen so einfach und umweltfreundlich wie möglich zu gestalten.“
So biete man jetzt ausgewählten Kund:innen die unverpackte Retoure als einzige kostenfreie Rücksendeoption an. Diese könnten dann aber alternative Optionen zu zusätzlichen Kosten wählen. Wer genau welche Lösungen angeboten bekommt, lässt das Unternehmen offen. Auch stellt sich die Frage, ob diese wenig transparente Kommunikation im Sinne der Kund:innenbindung gut funktionieren kann.
Fehlende Privatsphäre und Beschädigungen möglich
Problematisch ist ein solches Nudging aus verschiedenen Gründen: Zum einen ist es im Sinne des Schutzes mancher Produkte immer noch eine sinnvolle Lösung, sie im Originalkarton zu versenden. Zudem dürfte die Wiederverkaufbarkeit zu einem akzeptablen Preis nur so gegeben sein.
Auch Händler:innen befürchten in den einschlägigen Diskussionsforen, dass ihre über die Plattform verkaufte Ware zu einem höheren Prozentsatz beschädigt werden könnte, wenn Amazon die Strategie auf alle Warengruppen ausweitet. Unklar ist dabei auch, ob nach Kund:innengruppen, Produktkategorien oder beiden Faktoren ausgewählt wird, wer in den zweifelhaften Genuss der neuen Regelung kommt.
Würde dies mit einer höheren Quote an vernichteten Produkten einhergehen, wäre es somit alles andere als nachhaltig. Ein zweites Argument, das den Umweltaspekt als nicht glaubwürdig erscheinen lässt, ist die Tatsache, dass hierfür ja zusätzliche Ressourcen genutzt werden müssen, auch wenn es sich um recyceltes Material handeln sollte.
Nicht zu vernachlässigen sind aber auch die fehlende Diskretion und der verletzte Datenschutz. Schließlich kaufen viele Kund:innen bestimmte Produkte bewusst im Versandhandel – sie wollen dann zum Ortsgespräch werden, weil sie das Produkt in der Postfiliale für alle sichtbar beim Zurückgeben einpacken lassen.
Versender:innen wollen das Retourenproblem verringern
Dass Amazon in den letzten Monaten in vielerlei Hinsicht die Rücksenderegeln verschärft und für viele Produktbereiche die einst großzügigen vier Wochen halbiert hat, ist bekannt. Auch andere Plattformen wie etwa Zalando verringern die Rücksendefrist, was im Bereich von Mode auch durchaus nachvollziehbar ist. Denn zum einen ist die saisonale Ware so nur wenige Male an den Kunden oder die Kundin zu bringen, zum anderen handelt es sich bei so langen Fristen ja um gebundenes Kapital. Auch gibt es verschiedene Portale, die die Rücksendekosten individuell regeln und nur besonders umsatzstarken Kund:innen, die wenig Ware retournieren, kostenlosen Rückversand anbieten.
Verständlich ist das zwar allemal, weil jede Retoure im Schnitt zehn Euro an Kosten verursacht, weswegen Amazon manchmal in der Vergangenheit die Ware gar nicht zurückhaben wollte. Ob und wann die Regelung für alle umgesetzt wird, ist bislang unklar.
Offenbar ist das, was Amazon hier durch die Hintertür bei einigen Kund:innen einzuführen versucht, der zweite Vorstoß nach 2022. Wie Onlinehändler News berichtet, hatte Amazon schon damals mit einer solchen Lösung experimentiert, die Tests aber nach einiger Kritik seitens der Kund:innen wieder ad acta gelegt. Ob sie es dieses Mal durchziehen, hängt also auch von der Reaktion der Kund:innen ab.
Wir haben bei Amazon zu der wenig transparenten Vorgehensweise und von Kund:innen kritisierten Lösung nachgefragt und erhielten offenbar dasselbe Statement wie der Bayerische Rundfunk – das allerdings einige Fragen offen lässt. So erklärt eine Amazon-Sprecherin: „Wir testen regelmäßig Möglichkeiten, um Produktrücksendungen für unsere Kund:innen so einfach und umweltfreundlich wie möglich zu gestalten. … Zurzeit führen wir einen Test durch, bei dem ausgewählten Kund:innen „Retoure unverpackt“ als einzige kostenfreie Rücksendeoption zur Verfügung steht. Sie können alternative Optionen zu zusätzlichen Kosten wählen. Kund:innen, die sich nicht in der Nähe einer Rückgabestelle befinden, haben dennoch Zugang zu mindestens einer kostenlosen Rückgabeoption für berechtigte Artikel, die von Amazon versendet werden.“ Unterm Strich ist all das in der Tat für jene Kund:innen, die es betrifft, eine wenig befriedigende Lösung.